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Berliner saniert in Görlitzer Problemstraße

Heinz Hauser arbeitet selbst in der Jauernicker Straße 25 mit. Dort entstehen auch zwei sehr große Wohnungen.

Von Ingo Kramer
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Das Haus Jauernicker Straße 25 präsentiert sich von außen eingerüstet und unsaniert, die Fenster sind aber schon neu.
Das Haus Jauernicker Straße 25 präsentiert sich von außen eingerüstet und unsaniert, die Fenster sind aber schon neu. © Martin Schneider

Meißen, Ilmenau, Naumburg – einige der schönsten Kreisstädte im Osten Deutschlands hat Heinz Hauser aus Berlin auf der Suche nach einem Sanierungsobjekt abgeklappert. Am Ende aber ist es Görlitz geworden – eine Stadt, zu der der 57-Jährige bis dahin keinen Bezug hatte. „Hier hat es mir am besten gefallen“, sagt er.

Und hier habe er das Haus gefunden, das am besten zu ihm passt. Die Jauernicker Straße 25 ist ein unsaniertes Gründerzeithaus, Baujahr 1898 und seit rund 25 Jahren leerstehend. „Nur eine Katze aus der Nachbarschaft lebte noch darin“, sagt Hauser mit einem Schmunzeln. Das Gebäude hat einen riesigen Vorteil: „Vermutlich kurz bevor es von den Menschen verlassen wurde, ist das Dach noch einmal erneuert worden.“ Die Folge: Das Haus war trotz des langen Leerstandes in einem vergleichsweise guten Zustand, es gab keine Einregenstellen, die Deckenbalken sind vollkommen intakt. „Wir haben noch keinen Raum gefunden, in dem es nicht möglich ist, die Dielen zu erhalten“, sagt Hauser.

Im Hausflur finden sich Malereien, die vermutlich aus den 1920er Jahren stammen. Sie sollen rekonstruiert werden.
Im Hausflur finden sich Malereien, die vermutlich aus den 1920er Jahren stammen. Sie sollen rekonstruiert werden. © Martin Schneider

Er stammt ursprünglich aus Ulm, hat im elterlichen Betrieb Groß- und Einzelhandelskaufmann gelernt und danach in seiner Heimatstadt Wirtschaftsmathematik studiert. 1996 zog er aus beruflichen Gründen nach Berlin, arbeitete dort als Bankangestellter. Schon 1998 wandten seine Frau und er sich in Berlin parallel auch Immobilien zu – zur privaten Altersvorsorge. „2001 haben wir erstmals ein ganzes Haus gekauft, im Prenzlauer Berg“, sagt er. Die Sanierung dauerte zwei Jahre. 2004 folgten – gemeinsam mit einem Freund – drei weitere Häuser, in denen sie in den Folgejahren 50 Wohnungen saniert haben.

2008 machte Hauser beruflich einen Schnitt, beendete seine Bankkarriere. Seither arbeitet er einerseits als Verwalter der eigenen Immobilien, andererseits erledigt er Büroarbeiten für die Arztpraxis seiner Frau.

Weil aktuell wieder etwas Geld übrig war, die eigenen Häuser aber bereits komplett saniert sind, wollten beide nun eine weitere Haussanierung starten. „Die Preisentwicklung sprach aber gegen Berlin“, sagt Hauser. Also begann er in Kreisstädten zu suchen und wurde in Görlitz fündig. „Die Jauernicker Straße 25 gehörte vorher einer Firma aus England“, sagt er. Deren Pläne sahen drei Wohnungen pro Etage vor. „Das sah für mich ungünstig aus“, sagt er – und übernahm die Pläne nicht.

Innen ist der Baufortschritt klar erkennbar, auch viele alte Dielenböden sind schon abgeschliffen.
Innen ist der Baufortschritt klar erkennbar, auch viele alte Dielenböden sind schon abgeschliffen. © Martin Schneider

Nun entstehen im ersten und zweiten Stock je eine 160-Quadratmeter-Wohnung mit jeweils fünf Wohnräumen plus großer Wohnküche plus zwei Balkonen, zwei Bädern und zwei kleinen Nebenräumen. Für Familien wäre das optimal, sagt Hauser: „Die eine Hälfte der Wohnung könnte mit drei Kinderzimmern plus Kinderbad komplett für den Nachwuchs genutzt werden.“ In Berlin gibt es mittlerweile auch viele Berufstätigen-WGs. „Falls das in Görlitz auch kommt, wären die Wohnungen auch dafür gut geeignet“, sagt er. Im Erdgeschoss und im dritten Stock hingegen baut er jeweils zwei Wohnungen mit zwei bis drei Zimmern. Das Dach wird nicht ausgebaut.

Hauser saniert mit Firmen aus Görlitz und Umgebung, aber auch aus Berlin und Brandenburg. Weil es aber oft nicht leicht ist, Handwerker zu bekommen, wenn man sie braucht, hilft er sogar selbst auf der Baustelle aus. „Erst neulich habe ich mit Dach gedeckt“, sagt er. Gleich am Tag, als die Baugenehmigung kam – am 8. Oktober 2020 – legte er los. Abgesehen vom Zusammenlegen von kleinen Wohnungen zu größeren hat Hauser an den Raumaufteilungen nicht viel geändert. „Die Struktur von Gründerzeithäusern ist zeitlos“, findet er.

Diese alten Türen konnten geborgen werden. Sie werden alle aufgearbeitet und wieder eingesetzt.
Diese alten Türen konnten geborgen werden. Sie werden alle aufgearbeitet und wieder eingesetzt. © Martin Schneider

Zudem sei nur eine solche Sanierung ohne riesige Veränderungen für ihn selbst zu stemmen: „Ich bin ja kein Bauingenieur.“ Um Finanzierung, Bauplanung und Bauleitung kümmert er sich aber selbst. Inzwischen kommt der Bau gut voran, Elektroinstallation, Heizung und Fenster sind fertig, die Wände gespachtelt. Bis Ende des Jahres sollen alle Wohnungen fertig sein, danach folgen noch Treppenhaus, Keller und das Pflastern des – ziemlich kleinen – Hofes. Vielleicht im Frühling können die Mieter einziehen. Ganz sicher ist der Termin aber noch nicht. Deshalb sucht er auch noch nicht aktiv nach Mietern.

„Wir arbeiten ganz ohne öffentliche Förderung“, sagt Hauser. Er ist zuversichtlich, am Ende bei Baukosten von knapp unter einer Million Euro zu landen. Dann könnte er die Wohnungen für fünf bis sechs Euro Kaltmiete je Quadratmeter vermieten. Aber hat er keine Sorgen, dass sich keine Mieter finden? Immerhin gilt die obere Jauernicker Straße als Problemstraße. Sie ist für den Verkehr seit mehr als zwei Jahren voll gesperrt, weil die Nummer 31 einzustürzen droht. „Für die Leute, die direkt dort wohnen, ist das kein Zustand“, sagt er. Aber sein eigenes Gebäude ist sechs Hausnummern davon entfernt: „Deshalb sehe ich bei mir kein Problem.“