Die Röllchen sehen aus wie Tierfutter, duften tatsächlich nach Waldluft. In Mengelsdorf entstehen Tonnen von Pellets. Aktuell türmt sich ein Berg von etwa 20.000 Kilogramm Blättern in der alten Scheune auf. Täglich kommen mehr dazu. Der Riesenlaubberg wird aber nicht größer.
Dafür sorgen die Maschinen, die die Blätter lüften, zerkleinern, zu einer Art Mehl vermahlen. „Daraus werden die Pellets gepresst“, erklärt Matthias Tirsch, der zum Forschungsteam der Hochschule Zittau/Görlitz gehört. Die Nachfrage nach diesen Laubpellets sei enorm. Ein Berliner Unternehmen würde gern 10.000 Tonnen verarbeiten, ein Entsorgungsbetrieb aus dem Ruhrgebiet bekundete Interesse an solchen Anlagen. „Deutschlandweit gibt es Anfragen aus der Papier- und Textilindustrie und aus dem Baubereich“, sagt Matthias Tirsch. Dass die Nachfrage so hoch ist, sei überraschend, aber auch nachvollziehbar. Laub verursacht den Kommunen Kosten, „bei uns dagegen wird daraus Nutzen gezogen“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter.
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Ein Unternehmen aus dem Oberland rollt mit der nächsten Laubfuhre auf den Hof des Gedes-Vereins. Die Stadtwerke Oberland, die Advanso GmbH Königshain, die Hochschule und die Stadt Reichenbach sind dabei, im Rahmen eines Modellvorhabens die herbstlichen Blättermassen als regionalen Rohstoff einer energetischen und stofflichen Verwertung zuzuführen. Gefördert wird das Projekt vom Bundeswirtschaftsministerium.
Bio-Raffinerieverfahren ist dafür das Zauberwort. Ein Team der Hochschule forscht, wie pflanzliche Rohstoffe sinnvoll stofflich und energetisch verwertet werden können. Das und noch mehr soll möglicherweise in der Energiefabrik Reichenbach passieren. Bereits im September hatte der Stadtrat dazu einen Grundsatzbeschluss gefasst. In dem heißt es, dass Reichenbach künftig mit regional erzeugter, regenerativer Energie versorgt werden soll. Geplant ist es, die Energiefabrik im ehemaligen und seit Jahren leerstehenden Ringhotel aufzubauen.
Matthias Tirsch spricht von Spitzentechnologien, Wertschöpfung vor Ort und einheimischen Rohstoffen. Nicht nur Laub könnte zu Pellets gepresst werden, Versuche gibt es auch mit Nutzhanf-Stängeln und anderen biologischen Abfallprodukten. Dass nun in Mengelsdorf das Laub gelagert und verarbeitet wird, ist eine Zwischenlösung und ein davon unabhängiges Projekt. Eine Fördermittelzusage für die Energiefabrik gibt es bisher nicht. Die Stadt erhofft sich Gelder aus dem Kohleausstieg. Bisher hat das nicht geklappt.
Dabei sehen Stadt und Partner viel Potenzial in dem Vorhaben. Im besten Fall könnten solche Anlagen bei der Energiefabrik Reichenbach in Zusammenarbeit mit regionalen Firmen gebaut, zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und auch die Wärmeversorgung für öffentliche Gebäude in Reichenbach verwirklicht werden. „Das wären wirklich nachhaltige Investitionen“, schätzt Matthias Tirsch ein. Zumal an einer speziellen Container-Biogasanlage gearbeitet wird, die Strom und Wärme aus Baum- und Rasenschnitt produziert.
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Die Mengelsdorfer Laubpellets werden nach Angaben von Gedes-Vereinsvorsitzenden Norbert Döring in einem sächsischen Unternehmen zu Einweg- und Industrieprodukten verarbeitet. Diese Produkte müssten dann nicht auf dem Kompost landen, sondern können ganz im Sinne einer Kreislaufwirtschaft in Zukunft in der Container-Biogasanlage Verwendung finden.
Zurück zum Laub. Das entwickelt sich in Reichenbach und Umgebung durch die Verarbeitungsmöglichkeiten zum begehrten Rohstoff. Mittlerweile können die Einwohner auch das Laub auf ihren Grundstücken dafür bereitstellen. Die Abholung ist kostenlos, die Stadt stellt dafür Big-Bags, große Säcke, zur Verfügung und transportiert das Laub nach Absprache ins Mengelsdorfer Laublager.