Görlitz
Merken

100. Geburtstag: Was Loriot mit Görlitz verbindet

Vor 125 Jahren wurde der Grundstein für die Görlitzer Lutherkirche gelegt. Vor 100 Jahren kam Vicco von Bülow zur Welt. Beide Daten haben etwas gemeinsam.

Von Ralph Schermann
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Vicco von Bülow - besser bekannt als Loriot - wäre jetzt 100 Jahre alt geworden. Dass es Verbindungen nach Görlitz gibt, ist wenig bekannt.
Vicco von Bülow - besser bekannt als Loriot - wäre jetzt 100 Jahre alt geworden. Dass es Verbindungen nach Görlitz gibt, ist wenig bekannt. © dpa-Zentralbild

Am 12. November wäre Vicco von Bülow hundert Jahre alt. Generationen an Buchfreunden, Film- und Fernsehzuschauern kennen den Humoristen als Loriot. Und dessen Spuren führen auch nach Görlitz. Hier sind seine Urgroßeltern, der preußische Major und Postmeister Wilhelm von Bülow und seine Karoline Auguste Rosalie Marie, geborene Hübner (geheiratet 1867 in Niesky), auf dem städtischen Friedhof begraben. Sie wohnten auf der Augustastraße 11. Vermutlich hat es sie als Pensionäre nach Görlitz gezogen wie so viele damals. Die von Bülows hatten drei Kinder. Die Töchter Else und Luise blieben, wurden Sekretärin und Fürsorgerin. Diese beiden Großtanten Loriots wohnten auf der Jochmannstraße. Sohn Wilhelm, Loriots Großvater, zog es fort. Loriot selbst, gebürtiger Brandenburger, war indes nie hier, lediglich etwas Schriftverkehr mit ihm bewahrt das Ratsarchiv – Besuchsanfragen und Formalien zur Grabstätte der Urgroßeltern. Von diesen wiederum ist sogar noch mehr überliefert.

Was kaum jemand weiß: Die von Bülows gehören auch zur Geschichte der neuromanischen Görlitzer Lutherkirche, dem ersten hiesigen evangelischen Kirchenneubau nach der Reformation. Kleine Rückblende: Ab 1885 gab es Anfragen an den Magistrat der Stadt um Überlassung von Bauland am Dresdner Platz (heute Lutherplatz) für den Kirchenbau. Grund dafür war die starke Zunahme der Bevölkerung nach dem wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Deutsch-französischen Krieg 1871. Ein Komitee begann 1888 Geld zu sammeln, 1896 endlich stellte die Stadt das kommunale Grundstück auf dem Drachenfels zur Verfügung – kostenlos und unbefristet. Gewonnen wurden die Architekten Arno Eugen Fritsche und Adolf Cornehls, nach deren Plänen letztlich für 363.000 Mark rund 1,4 Millionen Backsteine verbaut wurden. Auf einem kreuzförmigen Grundriss und mit einer Höhe bis zur Kirchturmspitze von 58 Metern entstand ein Bau für zunächst 1.200 Gläubige, nach einer Restaurierung reduziert auf 1.100 Plätze.

Das ist das Grab Görlitzer Vorfahren von Loriot.
Das ist das Grab Görlitzer Vorfahren von Loriot. © SAE Sächsische Zeitung

Die von Bülows gehörten zu den Kirchengründern

Die bemerkenswerte Ausstattung wäre ein eigenes Buch wert, angefangen etwa bei den vier überlebensgroßen Evangelistenfiguren des Berliner Bildhauers Wilhelm Haverkamp, den Wandgemälden des Dresdner Künstlers Oskar Popp, dem fünf Meter Durchmesser bietenden Kronleuchter oder der 1986 ausgetauschten opulenten Orgel. Soweit aber war das längst noch nicht, als am 10. November 1898 anlässlich des 415. Geburtstages Martin Luthers die feierliche Grundsteinlegung stattfand. Von jenem Tag vor 125 Jahren ist auch Loriots Urgroßvater Wilhelm Karl Ludwig von Bülow (1832 - 1909) überliefert: Neben 18 weiteren Namen Görlitzer Persönlichkeiten ziert die Gründungsurkunde nach der Schlussformel „Das walte Gott! Amen“, auch von Bülows Unterschrift.

Dann ging es schneller voran: Schon am 6. Juli 1900 wurde das Richtfest, am 6. Mai 1901 die Einweihung gefeiert. Beide Weltkriege überstand der Kirchenbau ohne nennenswerte Schäden, jedoch traten ab dem Jahr 1950 Bauschäden auf. Mit Unterstützung der Evangelischen Kirche in der alten Bundesrepublik wurde von 1976 bis 1980 die Lutherkirche umfangreich saniert. Die Wiedereinweihung war am 3. Mai 1981 mit einer Predigt von Bischof Hanns-Joachim Wollstadt. Erhaltungsarbeiten waren und sind aber weiter notwendig, etwa die umfassende Instandsetzung des Backsteinmauerwerks seit Mitte der 2000er-Jahre, an der sich auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligt.

Die prächtige Lutherkirche wurde zum Hingucker auf dem sogenannten Görlitzer Drachenfels.
Die prächtige Lutherkirche wurde zum Hingucker auf dem sogenannten Görlitzer Drachenfels. © freier Fotograf
  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

Ob Loriot neben dem Vorhandensein der Görlitzer Grabstätte auch wusste, dass sein Urgroßvater zu den Gründervätern der Lutherkirche gehörte? Man weiß es nicht. Zumindest wurde Vicco von Bülow namentlich genannt auf der Görlitzer Johannitermesse in seinem Todesjahr 2011. Denn Loriot war auch Angehöriger des Johanniterordens. Die Görlitzer Veranstaltung wurde allerdings von der zunächst geplanten Peters- in die Lutherkirche verlegt. „Auch wenn danach befragte Johanniter vom Urgroßvater ihres langjährigen Mitglieds offensichtlich nichts wussten, war es doch, als ob sich ein Kreis schloss“, schlussfolgerte damals Lutherkirchenorganist KMD Erich Wilke (1936 - 2017).