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Militärkonvois rollen gen Osten: „Befinden uns nicht mehr im Frieden“

Die NATO übt für den Ernstfall: Bis Juni werden große Militärkonvois durch den Kreis Görlitz rollen. Es ist die größte Übung des Bündnisses seit dem Kalten Krieg.

Von Jonas Niesmann
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Militärkonvois wie dieser werden in den nächsten Wochen auch auf Sachsens Straßen zu sehen sein.
Militärkonvois wie dieser werden in den nächsten Wochen auch auf Sachsens Straßen zu sehen sein. © Bundeswehr/Marco Dorow

Radpanzer, Truppentransporter und Artillerie: Im Falle eines russischen Angriffs müssen Soldaten und Material schnell an die Front verlegt werden können. Die Bundeswehr führt deshalb bis in den Juni hinein die Militärübung Quadriga durch, die ihrerseits Teil des NATO-Großmanövers Steadfast Defender ist. Dabei wird geprobt, wie NATO-Kampfverbände über die Ostsee und Polen nach Litauen verlegt werden können. Auch durch den Kreis Görlitz werden Panzer rollen.

Es handelt sich bei dem Manöver um die größte Übung des NATO-Militärbündnisses seit dem Kalten Krieg, erklärt der Sprecher des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, Norman Wald, am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Insgesamt sind bei der Übung rund 90.000 Soldaten im Einsatz. Die Bundeswehr beteiligt sich mit 12.000 Soldaten und 3.000 Fahrzeugen.

Bereits am Wochenende rollt ein Konvoi durch Sachsen

"Wir befinden uns noch nicht im Krieg, aber auch nicht mehr im Frieden", sagt Oberstleutnant Nico R. vom Territorialen Führungskommando. Der wachsende Krisenherd im Osten erfordere die Fähigkeit, Truppen schnell verlegen zu können. Deutschland spiele dabei aufgrund seiner geografischen Lage mitten in Europa eine Schlüsselrolle und sei Drehscheibe für fast alle Truppenverlegungen.

Ein Schwerpunkt der Truppenbewegungen wird auf Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern liegen. Aus Kreisen des Territorialen Führungskommandos heißt es, bereits vom 21. bis zum 26. März würde ein Fahrzeugkonvoi durch Sachsen fahren. Weitere große Konvois Richtung Osten seien in den nächsten Wochen zu erwarten. Informationen zu genauen Fahrtstrecken und möglichen Zwischenhalten können aus Gründen der militärischen Sicherheit im Vorfeld nicht gegeben werden. "Die Länder und Landkreise und auch die Presse werden zu gegebener Zeit über die Truppenbewegungen informiert", sagte Sprecher Norman Wald.

Bei den Konvois auf den Straßen handelt es sich vor allem um Fahrzeuge auf Rädern. Dazu gehören auch Panzer wie der Boxer, der neueste und modernste Radpanzer der Bundeswehr. Schwerer Kampfpanzer und andere Kettenfahrzeuge wie der Leopard 2 seien für den Einsatz im Gelände gedacht und für längere Fahrten auf asphaltierten Straßen nicht geeignet. Auch die Straßen würden darunter leiden. Zwar gibt es bestimmte Straßen – das sogenannte Militärstraßen-Grundnetz – die auf schwere Militärfahrzeuge ausgelegt sind - und die Schäden durch Kettenfahrzeuge können durch bestimmte Polster vermieden werden. Doch meist würden schwere Panzer per Güterzug transportiert werden, so das Territoriale Führungskommando.

Auch A 4 bei Görlitz betroffen

Die Fahrzeugkolonnen auf den Straßen können theoretisch bis zu drei Kilometer Länge erreichen. Tatsächlich würden sie aber meist auf kürzere Abschnitte aufgeteilt, um den Verkehrsfluss insbesondere an Grenzen nicht zu behindern. Genutzt würden hauptsächlich Bundesstraßen und Autobahnen. Auch über die Grenze an der A 4 bei Görlitz werden solche Militärkonvois rollen, bestätigt Oberstleutnant Nico R. vom Territorialen Führungskommandos der SZ.

Allerdings wird die A 4 wohl nicht zu einer Hauptader der Fahrzeugkonvois werden: Etwa 20 verschiedene Grenzübergänge stünden zur Verfügung, so R. Diese würden auch genutzt, um den Übungseffekt zu maximieren und Erfahrungen zu sammeln. Bisher habe es keine Beschwerden oder Zwischenfälle gegeben.

Die NATO-Übung Steadfast Defender besteht aus vier Teilen und wird noch voraussichtlich bis Ende Mai stattfinden. Neben der Übung Quadriga und Grand Central, bei denen Truppenverbände über Polen nach Litauen verlegt werden, gibt es noch Grand North und Grand South. Im Süden werden dabei Verbände über Ungarn nach Rumänien verlegt, im Norden über Norwegen bis in die Polarregion. Dort findet seit Anfang März bereits die Übung Nordic Response statt, an der auch Bundeswehrsoldaten teilnehmen und trainieren, um unter den arktischen Bedingungen im Norden Norwegens die NATO-Grenze vor einem Angriff zu schützen.