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Görlitzer Innenstadt bekommt neues Geschäft

Gerhard Zschau betreibt seit drei Jahren in Görlitz das Modelabel Laba, bisher als Online-Geschäft. Mit dem Laden auf der Sohrstraße will er auch das Quartier beleben.

Von Susanne Sodan
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Gerhard Zschau (rechts) eröffnet am 7. Mai in der Sohrstraße 17 zusammen mit seiner Partnerin Nadja Busch den "Laba Flagshipstore".
Gerhard Zschau (rechts) eröffnet am 7. Mai in der Sohrstraße 17 zusammen mit seiner Partnerin Nadja Busch den "Laba Flagshipstore". © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Die Neon-Leuchtschrift hängt noch keine 24 Stunden. Bis in den Mittwochabend hinein haben Gerhard Zschau und Nadja Busch daran gearbeitet. Für das Paar steht noch eine Menge mehr an. In der Görlitzer Innenstadt Ost eröffnen sie ein neues Geschäft.

Eigentlich gibt es das kleine Modelabel Laba schon seit 2019 - als Online-Geschäft. "Eigentlich hatte ich auch nie vor, ein Ladengeschäft zu eröffnen", sagt Gerhard Zschau. Einzelhandel im Generellen und gerade auch in Görlitz ist ein schwieriges Feld geworden. Ein bestimmtes Produkt und seine Partnerin haben schließlich dafür gesorgt, dass in die leerstehenden Ladenräume im Eckgebäude zwischen Sohr- und Blumenstraße jetzt wieder Leben einkehrt.

Ladengeschäft eigentlich nicht vorgesehen

Hauptberuflich arbeitet Gerhard Zschau für die Bibliothek der Hochschule Zittau-Görlitz. Er stammt aus der Nähe von Bautzen, lebte zehn Jahre in Berlin, wo er auch studierte, und kehrte 2019 in die Oberlausitz zurück, nach Görlitz. Die ersten Produkte für das Online-Geschäft Laba hatte er damals schon im Gepäck. Er verkauft in erster Linie Bekleidung, von Mützen über T-Shirts bis Jacken. Das besondere dabei ist der Bezug zur Region.

"Kleidung ist immer auch politisch", hatte Zschau 2019 erklärt. In Berlin hatte er neben Bibliothekswissenschaften auch Demokratiepädagogik studiert. Und eigentlich war "Laba" der Name seines Internet-Blogs, in dem er über Ereignisse in seiner Heimatstadt Bautzen berichtete, der er auch in seiner Berliner Zeit verbunden blieb. Aus dem Blog wurde das Modelabel.

Präsentationsraum für spezielles Produkt

Als Flucht ins Schöne, weg von kritischen Bautzener Themen, wollte er das nicht verstanden wissen. Es gehe auch in der Mode darum, verschiedene Facetten der Oberlausitz zu zeigen, Geschichten und Besonderheiten, auch positive. So werden die Produkte größtenteils in der Oberlausitz gefertigt, zeigen zum Beispiel sorbische und Oberlausitzer Sagenfiguren, Drucke des Ebersbacher Künstlers Paul Sinkwitz, der in der NS-Zeit als "politisch unbelehrbar" galt oder von Johannes Wüsten, der in der "Görlitzer Künstlerschaft" aktiv war, und 1942 zu 15 Jahren Zuchthaus wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" verurteilt wurde.

Es kamen auch immer neue Ideen dazu. Etwa die Kiepe, ein Rucksack, der aus Weide aus der Oberlausitz gefertigt ist. Die Kiepe sei durchaus nachgefragt, 15 Stück hat Zschau bereits deutschlandweit verschickt. "Aber viele sagen, sie würden das gerne vorher mal anfassen, mal aufsetzen", erzählt Zschau. Zumal der Weidenrucksack mit über 300 Euro das teuerste Produkt ist.

Probelauf voriges Jahr lief gut

Voriges Jahr hatte Gerhard Zschau bereits für zwei Tage ein Ladengeschäft, einen sogenannten Pop-up-Store. Der war an derselben Stelle wie nun das Ladengeschäft, an der Sohrstraße. Allerdings nicht gerade ein Ort, der viel Laufkundschaft verspricht. Das sehe er weniger als Problem, aus zwei Gründen, sagt Zschau. "Es soll ein Ort sein, wo Kunden, die uns kennen, die Möglichkeit haben, Sachen anzuprobieren." So sei auch der zweitägige Pop-up-Store voriges Jahr gut gelaufen.

Zum anderen soll das Geschäft nicht nur Geschäft sein. "Man kann bei uns auch Kaffee trinken, Craft-Bier aus der Region einkaufen, eine Ausstellung besuchen, an einem Ort, wo sonst nichts in der Richtung zu finden ist." So wird die Geschäftseröffnung am 7. Mai auch Ausstellungseröffnung sein für René Seidel vom Verein "Löbau lebt". An zwei Tagen pro Woche, Mittwoch und Freitag, ist geöffnet. Das Ziel des Geschäftes: Ein Stück Belebung eines Quartiers abseits der Einkaufsstraßen, "daran hapert es in Görlitz". Oft höre er Vergleiche der Görlitzer Architektur mit Berlin und Leipzig. Doch gerade an solchen historischen Eck-Ladengeschäften wie an der Sohrstraße falle ihm der Leerstand auf.

Sorgen um Krieg und Nebenkosten

Dennoch wäre das Vorhaben fast gescheitert. "Ich fürchte, wir starten zum ungünstigsten Zeitpunkt." Wie wird sich der Krieg in der Ukraine entwickeln? Viele machen sich darum Sorgen, viele in Görlitz engagieren sich in der Flüchtlingshilfe, haben jetzt womöglich keinen Nerv für eine Geschäfts-Eröffnung. Auch Gerhard Zschau und Nadja Busch hatten über den Verkauf zweier T-Shirts Geld gesammelt. 370 Euro gehen an die ukrainische Hilfsorganisation Vostok-SOS. Sorge macht ein weiterer Punkt: Die Entwicklung der Energiepreise, die auch für das neue Geschäft mit Sicherheit höher ausfallen werden als angenommen.

"Ich hatte wirklich fast abgesagt. Mir wurde das Risiko zu groß." Letztlich habe ihn Nadja Busch überredet, es doch zu versuchen. "Der Mietvertrag läuft erst mal nur ein Jahr. Sie hat gesagt: Komm, das Jahr werden wir schaffen. Und dann sehen wir weiter."