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Görlitzer Museum ersteigert Büste aus berühmten Händen

Die Plastik hat der Dichter Gerhart Hauptmann selbst geschaffen. Was viele nicht wissen: Hauptmann war auch ein talentierter Bildhauer.

Von Ines Eifler
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Agnieszka Gasior, Direktorin des Schlesischen Museums in Görlitz, mit der von Gerhart Hauptmann geschaffenen Büste seines jüngsten Sohnes. Im Hintergrund ist der Dichter selbst zu sehen.
Agnieszka Gasior, Direktorin des Schlesischen Museums in Görlitz, mit der von Gerhart Hauptmann geschaffenen Büste seines jüngsten Sohnes. Im Hintergrund ist der Dichter selbst zu sehen. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Mehrere Stunden verbrachte Agnieszka Gasior am Telefon, die Berliner Online-Auktion ständig im Blick, ebenso ihr Budget. "Doch der Aufwand hat sich gelohnt", sagt die Direktorin des Schlesischen Museums. "Wir konnten unsere Sammlung um eine echte Rarität erweitern."

Der Kopf, den Agnieszka Gasior Ende November bei einer Auktion der Berliner Galerie Bassenge ersteigerte, zeigt Gerhart Hauptmanns jüngsten Sohn Benvenuto und wurde von keinem Geringeren als dem Dichter selbst als Wachsplastik angefertigt. Der Gipsabguss dieses Zeugnisses von Hauptmanns bildhauerischer Tätigkeit befindet sich seit wenigen Tagen im Schlesischen Museum und wird beim dortigen Schatzkammerkonzert "Cello-Metamorphosen" am 26. Januar erstmals öffentlich gezeigt.

Gescheiterte Bildhauerkarriere

Gerhart Hauptmann, 1862 geboren im schlesischen Ober Salzbrunn (Szczawno-Zdrój), war im Alter von 18 Jahren in die Bildhauerklasse der Königlichen Kunst- und Gewerbeschule in Breslau eingetreten. Er verließ die Schule jedoch bereits zwei Jahre später, nachdem er schon wegen "schlechten Betragens und unzureichendes Fleißes" aufgefallen war.

Seit 2012 steht die Büste von Gerhart Hauptmann wieder im Görlitzer Theater, wo sie jahrzehntelang stand, ehe sie kurz nach der Wende im Depot des Kulturhistorischen Museums in Görlitz verschwand.
Seit 2012 steht die Büste von Gerhart Hauptmann wieder im Görlitzer Theater, wo sie jahrzehntelang stand, ehe sie kurz nach der Wende im Depot des Kulturhistorischen Museums in Görlitz verschwand. © Pawel Sosnowski
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Seine Versuche, als Bildhauer Fuß zu fassen, misslangen. Ebenso wenig führte sein Zeichenstudium in Dresden zum Erfolg. Auch weitere Studien brach Hauptmann ab, dafür interessierte er sich fürs Theater und wurde Schriftsteller. Der Berliner Theaterskandal um sein naturalistisches Stück "Vor Sonnenaufgang" 1889 machte ihn bekannt, sein sozialkritisches Drama "Die Weber" verhalf ihm 1892 zum Durchbruch, 1912 erhielt er den Literatur-Nobelpreis.

Büste zeigt Hauptmanns jüngsten Sohn

Dass Hauptmann auch in späteren Jahren noch privat bildhauerisch tätig war, zeigt das Wachsbildnis seines vierten, aus zweiter Ehe einzigen Sohnes Benvenuto, den er im Jahr 1915 als 15-Jährigen porträtierte. Der Kopf stand in Hauptmanns Villa "Haus Wiesenstein" in Agnetendorf (Jagniątków) am Fuße des Riesengebirges in der Bibliothek oder im Speisesaal.

Bei der Auktion, an der sich das Schlesische Museum beteiligte, wurden etwa 70 Gegenstände aus dem Nachlass Hauptmanns versteigert, darunter Kunstwerke, persönliche Erinnerungen, Fotos oder auch ein Stammbuch, in dem sich zwischen 1910 und 1943 zahlreiche Künstler und Literaten mit Zeichnungen oder Worten verewigten, die bei Hauptmann in Haus Wiesenstein zu Gast waren.

Spende half bei Versteigerung

"Vermutlich war dies die letzte große Gelegenheit, Objekte aus Hauptmanns Nachlass zu erwerben", sagt Agnieszka Gasior. Anlass war, dass Benvenutos Tochter Anja Hauptmann, die 80-jährige jüngste Enkelin des Dichters, ihren Haushalt stark verkleinerte. "Gern hätten wir noch mehr Objekte erworben", sagt die Görlitzer Museumsdirektorin. Half beim Kauf der Büste eine großzügige Spende der Kunstförderer Ingrid und Edgar Janott, sprachen bei weiteren Objekten die hohen Preise dagegen.

Unter anderem wurde für rund 30.000 Euro ein "Selbstbildnis" Ivo Hauptmanns, des ältesten Sohns des Dichters, versteigert. Johanna Brade, Kunsthistorikerin am Schlesischen Museum, identifizierte den Porträtierten jedoch als den Maler Otto Mueller. "Das Bild hätte sehr gut in unser Museum gepasst", sagt Agnieszka Gasior, "denn wir zeigen bereits ein von Otto Mueller gemaltes Porträt Ivo Hauptmanns."

Beim Konzert am Freitag erklingen unter dem Titel "Cello-Metamorphosen" Stücke von Bach, Haydn, aus dem 19. und 20. Jahrhundert sowie Chansons der 1920er Jahre, gespielt von vier Cellisten der Neuen Lausitzer Philharmonie. In der Pause stellt Agnieszka Gasior die von Hauptmann geschaffene Büste vor.

Konzert: 26. Januar, 19.30 Uhr, Schlesisches Museum, Brüderstraße 8, Karten über [email protected], 03581 474747 oder an der Abendkasse.