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ÖPNV-Streik in Görlitz: Unternehmer bringt Kinder mit dem Traktor in die Schule

Auf ungewöhnliche Weise kamen Schüler aus der Großgemeinde Markersdorf am Dienstag pünktlich zum Unterricht nach Görlitz. Ab Donnerstag fährt wieder der Bus.

Von Constanze Junghanß
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An diesem Dienstagmorgen vor dem Joliot-Curie-Gymnasium in Görlitz: Kinder aus umliegenden Dörfern kamen mit dem Traktor zur Schule.
An diesem Dienstagmorgen vor dem Joliot-Curie-Gymnasium in Görlitz: Kinder aus umliegenden Dörfern kamen mit dem Traktor zur Schule. © Foto: Paul Glaser

Die Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Nahverkehr ist beendet, spätestens ab dem 1. Mai verkehren Busse und Bahnen im Kreis Görlitz wieder nach Fahrplan. In der nun sechsten Verhandlungsrunde einigten sich Verdi und AVN vorläufig zu den Einkommen der Beschäftigten in den betroffenen Verkehrsunternehmen. Zu ihnen gehören direkt oder indirekt die Görlitzer Verkehrsbetriebe, der Omnibusverkehr Oberlausitz und auch die DB Regio Bus. Die drei Unternehmen fahren den öffentlichen Nahverkehr im Kreis Görlitz.

Demnach erhalten die Beschäftigten neben einer Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 2.000 Euro oder 1.000 Euro bei Auszubildenden im Juni 2024 und einer Einmalzahlung von 250 Euro im Oktober 2024 mehr Einkommen. Dies soll in mehreren Schritten bis zum September 2025 um bis zu 16,3 Prozent steigen.

Der Streik hatte zuletzt auch massiv den Schülerverkehr im Kreis behindert, Busse fielen aus. Das nervte viele. Doch niemand reagierte so cool wie Holger Urban, der Chef des Schöpstaler Maschinenbaus.

Ein Traktor mit Kremser brachte die Schulkinder aus der Gemeinde Markersdorf am Dienstagmorgen wegen des Busstreiks zum Joliot-Curie-Gymnasium in Görlitz.
Ein Traktor mit Kremser brachte die Schulkinder aus der Gemeinde Markersdorf am Dienstagmorgen wegen des Busstreiks zum Joliot-Curie-Gymnasium in Görlitz. © Paul Glaser/glaserfotografie.de
Auf dem Weg: Während der Fahrt sangen die Schüler "Stille Nacht, heilige Nacht" - bei knapp 20 Grad schon ein wenig gewöhnungsbedürftig.
Auf dem Weg: Während der Fahrt sangen die Schüler "Stille Nacht, heilige Nacht" - bei knapp 20 Grad schon ein wenig gewöhnungsbedürftig. © Paul Glaser/glaserfotografie.de
Angekommen: Der Traktor mit Kremser vor dem Joliot-Curie-Gymnasium in Görlitz.
Angekommen: Der Traktor mit Kremser vor dem Joliot-Curie-Gymnasium in Görlitz. © Paul Glaser/glaserfotografie.de
Ein Bild mit Symbolwert: Ein Traktor mit angehängtem Kremser bringt Schüler während des Streiks im öffentlichen Nahverkehr zur Schule.
Ein Bild mit Symbolwert: Ein Traktor mit angehängtem Kremser bringt Schüler während des Streiks im öffentlichen Nahverkehr zur Schule. © Paul Glaser/glaserfotografie.de
Sogar ausgeschildert war dieser Schüler-Ersatzverkehr.
Sogar ausgeschildert war dieser Schüler-Ersatzverkehr. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Am Tag vor dem Feiertag setzte Holger Urban jedenfalls „ein unpolitisches Zeichen mit einem Augenzwinkern.“ Statt Schulbus fuhr der Traktor die Kinder zum Unterricht. Die Idee dazu sei ihm spontan unter der Dusche eingekommen, berichtet Holger Urban. Und wurde sofort in die Tat umgesetzt. Innerhalb weniger Stunden war am Vortag alles organisiert, die Eltern informiert. Als Fahrer konnte Urban den Landwirt Michael Pöter gewinnen.

Und so warteten in Friedersdorf pünktlich 7 Uhr an der eigentlichen Bushaltestelle der Linie 66 die Kinder auf den „Schul-Traktor“, mit dem es weiter in die Ortsteile Jauernick-Buschbach und Pfaffendorf ging. 17 Schüler wurden so bis zum Görlitzer Wilhelmsplatz zum Joliot-Curie-Gymnasium transportiert. „Wir sind pünktlich angekommen“, sagt Holger Urban, der die Fahrt begleitete.

Er wollte die Schüler nebenher zum Singen animieren, wie er lachend erzählt. Geeinigt haben sich Mitfahrer auf ein Lied, was alle halbwegs textsicher kannten: „Stille Nacht, heilige Nacht“.

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Dorfkinder hatten besonders schlechte Karten im Streikfall. Sind sie doch dann darauf angewiesen, dass Eltern oder Großeltern als Ersatztaxi einspringen, wenn Busse nicht fahren. Holger Urban kann ein Lied davon singen. Der Chef des Schöpstaler Maschinenbaus ist selbst Vater und ebenso wie viele andere Eltern ziemlich genervt von den Unregelmäßigkeiten, auch wenn er „Verständnis für den Streik“ habe, wie Urban sagt. „Aber der Schülerverkehr muss bleiben“, sagt er auch. Denn gleichfalls ist die Belastung für die Eltern hoch, die ihre Kinder kutschieren und dadurch „zwischendurch von der Arbeit weg müssen“, wie der Unternehmer selbst die Erfahrung gemacht hat. Insofern seien auch die Betriebe der Eltern von dem Streik betroffen.

Eine vergleichbare Traktor-Aktion erneut zu starten, will Holger Urban nicht ausschließen. Aber viel besser sei natürlich, wenn jetzt wieder die Busse regelmäßig und zuverlässig fahren.