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Wolf tötet am Rotstein mehrere Schafe

Das passierte diese Woche in Sohland. Offenbar kein Einzelfall in dem zu Reichenbach gehörendem Dorf.

Von Constanze Junghanß
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Im Stall von René Mais wurde das Schaf versorgt, das einen Kehlbiss beim Wolfsüberfall erlitt.
Im Stall von René Mais wurde das Schaf versorgt, das einen Kehlbiss beim Wolfsüberfall erlitt. © Constanze Junghanß

Die Landwirtschaft ist René Mais Steckenpferd. Nolana- und Texelschafe züchtet er. Im Nebenerwerb mit seiner Partnerin Stephanie Kabatnik. Die Tiere halten die Wiesenflächen am Naturschutzgebiet Rotstein kurz, zur Selbstversorgung schlachtet sie aber auch der Landwirt. Er hat die über den Freistaat geförderten Schutzzäune angeschafft, die dafür notwendigen Weidenzaungeräte und Batterien. „Das wird von Steuergeldern bezahlt“, sagt er. Seine Deckschafherde sollte sicher vor dem Wolf sein. „Statt der Mindestforderung von 2.000 Volt haben wir sogar 7.000 Volt auf dem Zaun“, sagt er. Genutzt hat das nichts.

Stephanie Kabatnik und ihr Sohn Toni, der den Eltern bei den Schafen hilft, haben nach Hinweisen aus der Nachbarschaft die toten Tiere auf der Weide aufgefunden.
Stephanie Kabatnik und ihr Sohn Toni, der den Eltern bei den Schafen hilft, haben nach Hinweisen aus der Nachbarschaft die toten Tiere auf der Weide aufgefunden. © Constanze Junghanß

Denn in dieser Woche bot sich ihm dieses Bild auf der Wiese: Eines der Schafe war zur Hälfte aufgefressen, bei drei anderen biss der Wolf die Kehlen durch, ein weiteres hatte trotz schwerer Bissverletzungen im Halsbereich überlebt. Die zwölfköpfige Deckschafherde stand seit etwa vier Wochen in Sohland auf der Wiese bei der Kirschallee am Rotstein. Gleich daneben ist der Kuhstall. Einige Schafe, etwa 30 Kühe und 17 Pferde. Mai ist seit drei Jahren auch Geschäftsführer der Raifahs, einem Reichenbacher Unternehmen, das Fahrzeuge repariert und Dienstleistungen anbietet.

Offenbar sah der Wolf den Zaun nicht als Hindernis an und sprang darüber. „Der Zaun blieb völlig intakt. Der Rissgutachter fand weder ein Loch noch war der Schutz untergraben“, ergänzt Lebenspartnerin Stephanie Kabatnik. Beide berichten, dass erst kurze Zeit zuvor der Wolf bei einem Nachbarn in Sohland ein Schaf getötet habe. Der Schaden sei jedoch nicht an die Fachstelle Wolf gemeldet worden. René Mai hat das getan. Der Rissgutachter war am Donnerstag, einen Tag nach dem Vorfall, vor Ort, um den Schaden aufzunehmen.

Seitens des Landesamtes für Umwelt- und Geologie (LfULG), bei der die Fachstelle Wolf angesiedelt ist, wird das so bestätigt. Auch, dass der Schadensverursacher ein Wolf gewesen ist. Der Rissgutachter war am selben Tag bei zwei weiteren geschädigten Tierhaltern in der Region gewesen, wie LfULG-Pressesprecherin Karin Bernhardt mitteilt. Für Schafhalter gibt es in solchen Fällen und wenn die Schutzmaßnahmen eingehalten sind, eine Entschädigung.

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Doch das ist es dann auch schon. Eine Entnahme, also der Abschuss des Wolfes ist nicht geplant, „da die Kriterien des zumutbaren Schutzes nicht erfüllt waren“, so die LfULG-Sprecherin. Kriterien, die eine Entnahme rechtfertigen würden, sind höher als der Mindestschutz. Unter anderem müssen bei einem zweiten Wolfsriss in der gleichen Herde mindestens zwei Herdenschutzhunde anwesend sein. Herdenschutzhunde hat der Landwirt im Nebenerwerb nicht.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke hatte jüngst erst angekündigt, den Abschuss von auffälligen Wölfen zu erleichtern. Da geht es um eine Ausnahmegenehmigung, dass innerhalb von 21 Tagen in einem Umkreis von einem Kilometer vom Rissgeschehen auf den Wolf geschossen werden darf. Im kommenden Monat soll dazu die Umweltministerkonferenz einen Beschluss fassen. Ab Januar 2024 könnte Lemkes Vorschlag umgesetzt werden.

Eines der Tiere wurde zur Hälfte vom Wolf aufgefressen.
Eines der Tiere wurde zur Hälfte vom Wolf aufgefressen. © Constanze Junghanß

Aktuell ist es in Sachsen so, dass die Fachstelle Wolf des LfULG prüft, ob die Zulassungsvoraussetzungen für solche Maßnahmen gegeben sind oder nicht. „Im Regelfall müssen die Kriterien des zumutbaren Schutzes bei mindestens zwei Rissereignissen innerhalb von zwei Wochen in einem Rudelterritorium und in einer Region mit erheblichen betriebswirtschaftlichen Werten erfüllt sein, bevor die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises von der Zulassung zur Entnahme eines Wolfes Gebrauch machen kann“, erklärt Karin Bernhardt. Unabhängig von den sächsischen Regelungen haben zudem die Unteren Naturschutzbehörden die Möglichkeit, eine Entnahme zu prüfen, aber auch eine Vergrämung.

Nicht mit betrachtet wird seitens der Fachstelle Wolf das tote Schaf in Sohland, das der Halter nicht gemeldet hatte. Ein solcher Fall fließt nicht in die Bewertung ein und fehlt somit auch in der Statistik. Diese weist von Januar bis August 2023 sachsenweit 164 solche Schadensfälle durch den Wolf auf. Die Anzahl der getöteten, verletzten und vermissten Weidetiere beträgt in diesem Zeitraum 436.