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Wie eine Mannheimer Familie ihr Glück in Görlitz fand

Margarete Schott stammt aus Görlitz und kehrte mit ihrer Familie nach 41 Jahren zurück. Hier wartete auch ein neuer Job auf sie.

Von Susanne Sodan
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Margarete Schott (links) und Christine Nerling haben sich getraut und in Görlitz ein Immobilienbüro eröffnet. Kein leichtes Pflaster.
Margarete Schott (links) und Christine Nerling haben sich getraut und in Görlitz ein Immobilienbüro eröffnet. Kein leichtes Pflaster. © Martin Schneider

An den eigenen Hausverkauf kann sich Margarete Schott noch sehr gut erinnern. Bis zu zehn Interessenten kamen am Tag zur Hausbesichtigung. Anstrengend und stressig, möchte man meinen. "Aber je mehr ich mich reingefuchst hatte, umso spannender fand ich es." Immer mehr befasste sie sich mit dem historischen Haus bei Mannheim, "plötzlich fielen mir Dinge auf, denen ich früher nie so viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte." Über drei Jahre ist das jetzt her. Margarete Schott stammt aus Görlitz, vor 41 Jahren zogen ihre Eltern mit ihr nach Westdeutschland. Zuletzt lebten Schotts bei Mannheim. 2020 wollten die Eltern gerne zurück an die Neiße.

Neues Immobilienbüro in Görlitz

Margarete Schott und ihr Mann entschieden sich, mit ihrem kleinen Sohn David mitzukommen nach Görlitz. Sie konnte zunächst, trotz Umzug, sogar ihrem alten Arbeitgeber erhalten bleiben. In Mannheim und dann auch in Görlitz arbeitete sie bei der Sparkasse. "Ich hatte dort öfter bereits mit dem Thema Immobilien zu tun", schildert sie. Sie arbeitete im Versicherungsbereich der Bank. Nun hat sie sich vor wenigen Monaten entschieden, sich als Immobilienberaterin selbstständig zu machen - auch, wegen ihrer eigenen Geschichte, dem eigenen Hausverkauf. Zusammen mit ihrer Kollegin Christine Nerling arbeitet sie unter dem Dach des Unternehmens Von Poll Immobilien.

Das Unternehmen hat um die 300 Filialen europaweit. Auch im Kreis Görlitz war Von Poll schon früher aktiv: Christine Nerling war als selbstständige Immobilienberaterin in den vergangenen Jahren für das Unternehmen im Kreis tätig, die nächstgelegene Filiale war aber in Bautzen. Jetzt gibt es auch in Görlitz eine, in der Theaterpassage. Dort hatte sich ein Friseursalon, der viele Jahre direkt am Demianiplatz zu finden war, verabschiedet. Langen Leerstand gab es aber nicht. Es war zwar viel Arbeit, einen Friseursalon zu einem Immobilienbüro umzubauen, aber jetzt ist es geschafft.

Auf dem Görlitzer Pflaster kennen sich beide Frauen gut aus. Auch Christine Nerling stammt aus der Oberlausitz, aus Löbau. Im Schaufenster des neuen Immobilienbüros hängen, hell erleuchtet, die Fotos einiger Häuser, die zum Verkauf stehen. Manchmal, erzählt Margarete Schott, werden Einfamilienhäuser oder auch große Eigentumswohnungen frei, weil ältere Menschen zu ihren Kindern ziehen, oder in eine Pflegeeinrichtung. Aber zu ihren Aufgaben zählt mehr, als die Suche nach einem neuen Eigentümer. "Es geht bei uns viel um Beratung", erklärt Margarete Schott. "Gerade ältere Hausbesitzer fragen oft: Was, wenn mir etwas passiert? Viele wollen erst mal einfach Vorsorge treffen, falls sie sich irgendwann nicht mehr selbst um ihr Haus kümmern können." Oder: Immobilienbewertung bei Scheidung - auch das gehört zu den Aufgaben.

Schwierige Haussuche: Umzug nach Zgorzelec

Auf der anderen Seite stehen die Kaufinteressenten. Auch für sie brauche es in erster Linie Beratung. Manche Unternehmen oder Investoren kaufen ein Haus als Kapitalanlage, aber geht es in den privaten Bereich - um den Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheims -, "haben viele Angst", sagt Margarete Schott. "Meistens ist ein Immobilienkauf eine Lebensentscheidung, das machen die wenigsten nebenbei. Viele haben die Sorge, dass sie die 'falschen' Fragen stellen, und die Fragen, auf die es ankommt, nicht kennen." Was sind die gesetzlichen Grundlagen, "oder zum Beispiel, welche Veränderungen gibt die Baugenehmigung her, welche nicht?", erklärt Christine Nerling.

Insgesamt: Ein einfaches Pflaster ist der Immobilienmarkt in Görlitz nicht. Die geringe Kaufkraft in der Region, freilich sei auch auf dem Immobilienmarkt zu bemerken. "Wir hoffen auf das Deutsche Zentrum für Astrophysik", sagt Christine Nerling. Oder besser: Darauf, dass die künftigen Mitarbeiter des im Aufbau befindlichen Wissenschaftszentrums auch andere Bereiche beleben. Andererseits, leblos sei der Görlitzer Immobilienmarkt auch nicht. "Viele polnische Interessenten kommen zu uns, die im Görlitzer Umland ein Haus suchen", erzählt Margarete Schott. Ein Schweizer und ein Ire, die sich für Görlitz interessierten, waren auch schon da. "Görlitz ist eine liebenswerte Stadt", sagt Margarete Schott, "die auch noch Luft bietet für Entwicklungen".

Rückkehr an die Neiße nicht bereut

In einem Bereich gilt das allerdings nicht. Immer wieder ein Thema bei den Görlitzer Immobilienexperten: Platz für Eigenheime ist seit Langem rar in der Stadt. Das bestätigt Margarete Schott - aus eigenem Erleben. "Als wir nach Görlitz zogen, hatte ich die Idee, ein Doppelhaus zu suchen", eine Hälfte für die Eltern, eine Hälfte für Margarete Schott und ihre Familie. Doch es ließ sich nichts finden. Schließlich zogen Schotts nach Zgorzelec.

Für die Familie kein Problem: Margarete Schotts Eltern sprechen Polnisch, sie selbst auch - und inzwischen auch Sohn David: Schotts hatten sich entschieden, ihn in eine Zgorzelecer Kita, den Tecza-Kindergarten zu geben. "Es hat gut für ihn funktioniert." Auch, die Eltern an die Neiße zu begleiten, habe sie nicht bereut. "Wir fühlen uns wohl, auch mein Mann, der die Region ja nicht kannte." Er arbeitet jetzt direkt nebenan: bei den Görlitzer Verkehrsbetrieben.