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Fachkräftemangel: Sprach-Expertin aus Jauernick hilft Firmen, ihr Problem zu lösen

Michaela Heidig ist von Görlitz aufs Land gezogen und baut von Jauernick-Buschbach ihr Spracheninstitut aus. Ihre Idee kommt für die Wirtschaft gerade genau richtig.

Von Constanze Junghanß
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Wie eine Unternehmerin Dorfidylle und ausländische Fachkräfte unter einen Hut bringt.
Wie eine Unternehmerin Dorfidylle und ausländische Fachkräfte unter einen Hut bringt. © Constanze Junghanß

Die Kapuzinerkresse wächst im Blumenkasten, Malven und Königskerzen im Steingarten. Michaela Heidig mag die Natur, hat an der alten Birke einen Kasten für die Eichhörnchen aufgehängt. Der Blick vom Garten hinter dem alten Bauerngehöft, welcher mal ein Gutshof war und später der LPG gehörte, reicht in die Ferne. "Wir sanieren das Gebäude Stück für Stück", sagt sie. Viel zu tun ist noch, die Wohnung aber bereits fertig. Später sollen Ferienwohnungen entstehen.

Vom Fenster aus ist der Schwarzberg zu sehen, die Jauernick-Buschbacher Felder. Direkt am Gartenzaun grasen Kühe. Manchmal, so erzählt die 42-Jährige, springt ein Kälbchen über den Zaun. Michaela Heidig lacht. "Unsere Landidylle", sagt sie. Seit drei Jahren leben sie und ihr Partner mit den beiden Kindern in dem Markersdorfer Ortsteil, der unter anderem als Bergdorf, für den Aussichtspunkt zum Berzdorfer See, den Wenzeslausstift und die Kirschallee bekannt ist. Den Schritt weg von der Stadt aufs Dorf hat die Mutter einer Tochter nicht bereut. Michaela Heidig kommt ursprünglich aus Wilthen, lebt aber schon lange im Landkreis Görlitz - bis zu ihrem Umzug nach Jauernick-Buschbach war die Neißestadt ihr Zuhause.

Buchprojekt wird gefördert

Jetzt und im Dorf angekommen gehört Heidig zu den Preisträgern beim Simul-Plus Wettbewerb in der Rubrik „regionale Kreisläufe und Wertschöpfung“. 5.000 Euro gibt es für ihr geplantes Buchprojekt. Da soll es um eine Anleitung „für eine bessere Pädagogik ohne erhobenen Zeigefinger“ gehen, wie sie sagt. Einen Titel hat das Buch noch nicht. Was fest steht: „Das Buch wird ins Englische übersetzt“, sagt die Unternehmerin. Das passt zu ihrer beruflichen Vita.

Michaela Heidig arbeitete unter anderem als Lehrkraft an der Hochschule Zittau-Görlitz, leitete eine zeitlang das Hochschulsprachzentrum, wie sie erzählt. 2015 stellte die Diplom-Übersetzerin ihren ersten Mitarbeiter ein, war zuvor schon einige Jahre freiberuflich tätig. Heute arbeiten in ihrem Spracheninstitut „kommunikeet“ sieben Angestellte und mehrere Freiberufler aus verschiedenen Ländern mit. Voraussichtlich im nächsten Jahr, so der Plan, sollen in Jauernick-Buschbach die Räume für die Sprachschule fertig saniert sein. Neue Sprachen lernen beim gemeinsamen Kochen in der Sprachschule, beim Dorfspaziergang, bei der Gartenbesichtigung. Das schwebt ihr vor. Lernen soll Spaß machen, praxisbezogen sein und den Horizont erweitern.

Ihre Mitarbeiter sind in der Regel nicht in dem Dorf vor Ort. Dorfleben und internationale Vernetzung funktioniert dank Internet aber auch auf dem Land. So werden Sprachkurse, Übersetzungen und interkulturelles Training unter anderem in Englisch, Polnisch, Spanisch, Russisch, Persisch und Französisch angeboten. Die Kurse und andere Leistungen werden über das Internet ebenso durchgeführt, wie direkt bei Unternehmen vor Ort. Demnach zählen nach Angaben von Michaela Heidig Firmen wie Skan, Birkenstock oder MBN Neugersdorf zu den Kunden.

Keine Angst vor fremden Kulturen

Die Unternehmerin spricht gern das Thema der ausländischen Fachkräfte an, betont, dass Angst vor anderen Kulturen nicht angebracht sei. Einer ihrer Mitarbeiter kommt zum Beispiel aus dem Iran, hat in Görlitz eine neue Heimat gefunden und arbeitet als Englischtrainer bei Firmenkunden unter anderem in Weißwasser und Kreba-Neudorf, um da die Angestellten zu schulen. Die Nachfrage nach solchen Modulen sei hoch, weil Business-Englisch nicht nur in den größeren, sondern ebenfalls den kleineren Betrieben mittlerweile eine stärkere Rolle spiele. „Und Deutsch als Zweitsprache wird immer wichtiger“, so die Erfahrung von Michaela Heidig. Der Grund: „Immer mehr Firmen stellen ausländische Fachkräfte ein“, sagt sie.

In Sachsen fehlen im Jahr 2030 nach Schätzungen zwischen 150.000 bis 200.000 Arbeitskräfte. Um diese Lücke zu schließen, sucht Sachsen gezielt im Ausland nach Fachkräften. Bürokratische Hürden sollen abgebaut werden. Und es gibt Forderungen nach einer sachsenweiten Jobbörse, die für Unternehmer und Arbeitnehmer aus dem Ausland kostenfrei sein soll sowie den Ausbau für Möglichkeiten des Spracherwerbs. Unternehmen wie das Spracheninstitut in Jauernick-Buschbach werden da künftig vielleicht einen großen Boom erleben. Weitere Sprachtrainer und Übersetzer werden von Michaela Heidig bereits gesucht.