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Abschied vom Waldi

Der Waldsportplatz in Lampertswalde hat eine bewegte Geschichte. Hier wurden sogar Panzer für die Sicherung des Spielbetriebs eingesetzt.

Von Thomas Riemer
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Das letzte sportliche Foto vom Waldsportplatz in Lampertswalde: Im Juni nahmen Sportler und Fans Abschied von der legendären Sportstätte.
Das letzte sportliche Foto vom Waldsportplatz in Lampertswalde: Im Juni nahmen Sportler und Fans Abschied von der legendären Sportstätte. © Foto: privat

Lampertswalde. Über viele Jahre war er Teil des SV Lampertswalde - geliebt und gehasst von Gegnern und Sportlern. Wohl jeder einst aktive Kicker zwischen Strehla und Ebersbach hat hier mindestens ein Mal auf dem Platz gestanden. Jetzt ist der Waldsportplatz Geschichte. Rund 50 Fußballer und 70 Zuschauer nahmen mit Fußball, Emotionen und auch ein bisschen Wehmut Abschied vom legendären "Waldi". "Er wird immer ein Teil des SV Lampertswalde bleiben, auch wenn der Platz nun seiner ursprünglichen Bestimmung als Wald zugeführt wird" heißt es von der Vereinsführung des SVL. Es klingt wie ein Nachruf - und solch eine Sache schreit freilich nach einem Rückblick.

Denn zum "Waldi" gibt es in der Chronik gar viele Geschichtchen zu finden. Bis heute ist zum Beispiel nicht klar, ob der Waldsportplatz an der Straße nach Blochwitz nun für den Fußball oder das damals sehr beliebte Faustballgeschehen angelegt wurde. So viel scheint klar: Fußball in Lampertswalde wurde "offiziell" erst ab 1937 gespielt.

Und so "richtig" ging es hier dann auch tatsächlich erst nach dem Zweiten Weltkrieg los. 1952 forderte die damalige Leitung der Sportgemeinschaft, "in Hinsicht auf Verbesserung der materiell-technischen Bedingungen Unterstützung zu erhalten". Darin enthalten die Forderung nach Umkleidekabinen auf dem Waldsportplatz. Ohne Vergütung und in Eigenleistung gab es dafür eine Genehmigung vom Kreisrat.

Doch auf Dauer reichte das nicht aus. Die Zahl der Fußball-Teams wuchs, die Bogenschützen gründeten sich, die Leichtathleten drängten. Was folgte, war ein absolutes Husarenstück. Ein ausgedienter D-Zug-Packwagen, 18 Meter lang, drei Meter breit, 15 Tonnen schwer, wurde von der Deutschen Reichsbahn 1966 kostenlos zur Verfügung gestellt. Aber wie kriegt man dieses Ungetüm die drei Kilometer vom Bahnhof zum Waldsportplatz? Johannes Krause, langjähriger Bürgermeister und Vereinschef, managte das Szenario. Mit einem Schlepppanzer wurde der Waggon zum Bestimmungsort gezogen. "So viele Leute, wie da an der Straße standen, um dieses Schauspiel mitzuerleben, waren nicht mal zum Umzug aus Anlass des 1. Mai zu sehen", heißt es in der Chronik vielsagend. Der Waggon diente letztlich fast 26 Jahre als Umkleidekabine, wurde erst 1992 verschrottet und durch Baustellencontainer ersetzt.

Für gegnerische Fußballer galt Waldi ein bisschen als "Schleifscheibe", der man mit Respekt begegnete. "Kein Gegner spielt wirklich gern im ,Busch'", wird die Atmosphäre beschrieben. Und doch gab es auf dem Waldi viele sportliche Höhepunkte. Die DDR-Bestenermittlung im Bogenschießen 1972 zum Beispiel. Oder das erste Punktspiel einer Lampertswalder Damenmannschaft (!) 1971, zu dem seinerzeit 1.000 Zuschauer gekommen sein sollen. Das war damals von den Vereins-Legenden Werner Siepmann und Dieter Czirr ins Leben gerufen worden.

Ach ja, und dann waren natürlich auch harte Winter im Raschützwald. Im Februar 2006 zum Beispiel. Über Nacht gab es 40 Zentimeter Neuschnee. Um ein geplantes Spiel austragen zu können, wurden innerhalb von zwei Tagen unglaubliche 3.000 Kubikmeter Schnee vom Platz geräumt!

Nun ist der "Waldi", auf dem unter anderem der einstige Dynamo-Torjäger und DDR-Nationalstürmer Peter Kotte spielte, Geschichte. Kotte erzählte bei einem Forum mal, dass er aus seinem Heimatort Lötzschen zuweilen auf Skiern zum Training nach Lampertswalde schlitterte. Es ist eine von vielen Erinnerungen. Sie werden bleiben - über den "Waldi", der jetzt wieder Wald wird.

Mit dem Panzer auf den Sportplatz: 1966 zog militärisches Gerät einen Waggon in den Raschützwald. Bis 1992 diente er als Umkleidekabine.
Mit dem Panzer auf den Sportplatz: 1966 zog militärisches Gerät einen Waggon in den Raschützwald. Bis 1992 diente er als Umkleidekabine. © Foto: Archiv
Winter 2006: Rund 3.000 Kubikmeter Schnee mussten geräumt werden, damit auf dem Waldsportplatz gespielt werden konnte.
Winter 2006: Rund 3.000 Kubikmeter Schnee mussten geräumt werden, damit auf dem Waldsportplatz gespielt werden konnte. © Foto: Archiv
Nicht nur Fußball gab es: 1972 wurde die DDR-Bestenermittlung im Bogenschießen ausgetragen.
Nicht nur Fußball gab es: 1972 wurde die DDR-Bestenermittlung im Bogenschießen ausgetragen. © Foto: Archiv