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Großenhain als Standort für Pulverfabrik von Rheinmetall im Gespräch

Der Bau einer Pulverfabrik des Rüstungskonzerns Rheinmetall in Sachsen wird konkreter. Womöglich wird bald Munitionspulver im Landkreis Meißen hergestellt.

Von Catharina Karlshaus & Nora Miethke
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Als Standort für die neue Pulverfabrik des Rüstungsunternehmens Rheinmetall ist offensichtlich Großenhain im Landkreis Meißen im Gespräch.
Als Standort für die neue Pulverfabrik des Rüstungsunternehmens Rheinmetall ist offensichtlich Großenhain im Landkreis Meißen im Gespräch. © dpa

Großenhain. Als Standort für die neue Pulverfabrik des Rüstungsunternehmens Rheinmetall ist offensichtlich Großenhain im Landkreis Meißen im Gespräch. Wie die Leipziger Volkszeitung am Montag berichtete, geht es um die Ansiedlung auf einer Fläche des ehemaligen Militärflughafens dort.

Der Zeitung zufolge gibt es "weiterführende Gespräche" zwischen Rheinmetall, dem Land Sachsen und der Stadt Großenhain. Dem scheint jedoch nicht so zu sein.

Bevor die Standortfrage geklärt wird, müssten erst die laufenden Verhandlungen zwischen dem Bund und Rheinmetall über die Finanzierung der neuen Fabrik abgeschlossen sein, heißt es in sächsischen Regierungskreisen. Laut dem Medienbericht will das Unternehmen über 700 bis 800 Millionen Euro in die Fabrik mit 500 bis 600 Arbeitsplätzen investieren. Die Pulver-Produktion soll schon 2025 starten können. Dem Vernehmen nach verhandelt Rheinmetall mit dem Bund derzeit nicht nur über Fördermittel für den Bau der Fabrik, sondern auch über eine Art Abnahmegarantie für die Produktion. Großenhain ist nicht der einzige Standort, der im Gespräch ist. Der Rüstungshersteller soll offenbar nach unbestätigten Angaben auch einen Standort in Rumänien in Erwägung ziehen.

Großenhainer Verwaltung nicht mit einbezogen

Die Großenhainer Stadtverwaltung hat von der angeblichen Entwicklung am Montagmorgen aus den Medien erfahren. Oberbürgermeister Sven Mißbach sagte Sächsische.de, er könne keine der Informationen bestätigen. „Wir sitzen entgegen der dort verlauteten Erklärungen auch nicht mit am Gesprächstisch“, so der parteilose Verwaltungschef.

Mitte Dezember hatte der Großenhainer Stadtrat der Erschließung des geschichtsträchtigen Flugplatzes als Industriegebiet einstimmig zugestimmt. Der Bebauungsplan konnte nach zehn Jahren endlich zur Genehmigung eingereicht werden. Mit fast 150 Hektar als größte zusammenhängende Industriefläche Sachsens gehandelt, soll sie nun in spätestens vier Jahren erschlossen als Filetstück für international agierende Investoren zur Verfügung stehen, so die bisherigen Absichten.

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Mitte Februar war mit der Elektrifizierung begonnen worden. Um den über hundert Jahre alten Flugplatz zu einem Industriepark entwickeln zu können, wäre die Errichtung einer 110-kV-Hochspannungsfreileitung oder einer 380-kV-Höchstspannungsfreileitung ab dem Windpark Streumen in der Nähe von Riesa geplant. Welche Spannung letztlich benötigt werde, müssten zukünftige Investoren entscheiden.

Ende Januar hatte Sachsens Regierung ein Interesse des Rüstungsunternehmens Rheinmetall am Bau eines Pulverwerkes im Freistaat bestätigt. Die Planungen des Unternehmens stünden aber noch am Anfang, hieß es damals.

Hintergrund ist ein anhaltender Munitionsmangel bei der Bundeswehr. Laut Bundeswehrverband fehlt Munition im Wert von 20 bis 30 Milliarden Euro. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte "eine schnelle Nachlieferung von Ausrüstung und Waffen für die Bundeswehr" als eine Hauptaufgabe bezeichnet.

Michael Kretschmer: "Wir machen das gemeinsam"

Sollte sich Rheinmetall tatsächlich für den deutschen Standort entscheiden, wird diese Ansiedlung politisch schwer durchzusetzen sein. Es wird mit erheblichem Widerstand vor Ort gerechnet. Auf die kleine Anfrage des sächsischen AfD-Abgeordneten Mario Beger an die Staatsregierung, ob Rheinmetall Interesse an einem Standort im Flugplatzareal Großenhain bekundet, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium: "Der Freistaat Sachsen steht mit verschiedenen Unternehmen in Kontakt, die als potentieller Investor am Standort Großenhain in Frage kommen können. Dazu gehört auch die Rheinmetall AG. Aufgrund seiner Lage, Anbindung und Größe ist die Fläche in Großenhain für zahlreiche Unternehmen von großem Interesse."

Während die Kunde von der vermeintlichen Ansiedlung Großenhain innerhalb von wenigen Stunden bundesweit in die Schlagzeilen gebracht hat, meldete sich am Montagnachmittag schließlich Sachsens Ministerpräsident zu Wort.

Wie Michael Kretschmer Sächsische.de exklusiv sagt, habe sich der Freistaat Sachsen für die Entwicklung des Grundstücks entschieden, um etwas gutes und richtiges für die Region Großenhain zu erreichen. Dabei stehe eine industrielle Entwicklung mit hoher Wertschöpfung im Mittelpunkt, kein Windpark oder Logistikansiedlungen. Leider werde momentan sehr viel spekuliert und die Menschen damit verunsichert. "Für mich steht fest, wir machen das gemeinsam! Die Stadt, der Landkreis und der Freistaat. Wir halten zusammen", betont Michael Kretschmer.

Hintergrund für etwaige Mutmaßungen um eine mögliche Ansiedlung sei der Umstand, dass die Bundesregierung die Munitionsproduktion ausbauen müsse und sich eine Produktion in Deutschland wünsche. Dazu wäre sie im Gespräch mit möglichen Investoren. Die Überlegungen, so Michael Kretschmer, seien offenbar aber noch in einer frühen Phase. Bislang gebe es keine Entscheidung, ob die Investition überhaupt in Deutschland, oder an einem Standort wie eben beispielsweise Rumänien realisiert werde.