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"Gesundheitszentrum Zabeltitz ist ein Mammutprojekt"

Seit vielen Jahren machen sich die Großenhainer darüber Gedanken, wie sie das Alte Schloss mit neuem Leben erfüllen können. Nun gibt es Ideen - kostspielige.

Von Catharina Karlshaus
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Voll in seinem Element: Großenhains Stadtbaudirektor Tilo Hönicke  freut sich auf die Sanierung des Alten Schlosses
in Zabeltitz. Auch wenn es nicht von heute auf morgen ginge, bräuchte es Ziele.
Voll in seinem Element: Großenhains Stadtbaudirektor Tilo Hönicke freut sich auf die Sanierung des Alten Schlosses in Zabeltitz. Auch wenn es nicht von heute auf morgen ginge, bräuchte es Ziele. © Kristin Richter

Großenhain. Oben, links, rechts, geradeaus und die Rückseite des Ensembles nicht zu vergessen. Wer Tilo Hönicke bei seiner Begehung des Alten Schlosses Zabeltitz begleitet, muss gut zu Fuß sein - und vor allem auch ein wenig phantasiebegabt. Nach wenigen Minuten erweckt Großenhains Stadtbaudirektor für das ehemalige Stallgebäude von Kurfürst Christian I. jene Pläne zum Leben, die es derzeit nur als erste Entwürfe auf dem Papier gibt, lässt das medizinische Gesundheitszentrum in Zabeltitz für einige Augenblicke spannende Realität werden.

Beim Begehen des beachtlichen Gebäudes fällt es allerdings auch Phantasiebegabten nicht ganz leicht, diese goldene Zukunft für das historische Gemäuer zu erkennen. Und angesichts der morschen Bausubstanz und Investitionsschätzungen von gut 12 Millionen Euro dämpft schließlich selbst Tilo Hönicke die Hoffnungen auf eine schnelle Wiederherstellung.

Für kurze Zeit macht er dennoch wortreich zumindest verbal aus dem Alten Schloss ein echtes Schmuckkästchen. Haucht dem zwischen 1588 und 1598 entstanden Gebäude wieder eine Zukunft ein, ohne dabei zu verschweigen, dass diese tatsächlich noch nicht zum Greifen nahe sein kann, allerhand Arbeit und vor allem ganz viel Geld erfordern. Doch der erfahrene Experte in Sachen komplizierte Objekte - mit seinen Mitarbeitern verhalf er immerhin bereits dem Kulturschloss, dem Rathaus und dem Zabeltitzer Palais zu neuer Pracht - zeigt sich auch beim Alten Schloss Zabeltitz zuversichtlich. „Wir haben eine konkrete Nutzungsabsicht für das Schloss und glauben daran, diese gemeinsam mit dem Stadtrat und Ortschaftsrat umsetzen zu können. In der Vergangenheit haben wir schließlich schon oft bewiesen, dass es manchmal eine Portion Mut, eine Prise Zuversicht und ein Stück Kühnheit braucht, um Vorhaben, die vermeintlich eine Nummer zu groß erscheinen, anzupacken und allen Unkenrufen zum Trotz erfolgreich zu verwirklichen“ betont der 63-Jährige.

Ensemble im Herzen der Zabeltitzer verankert

Der Stadtbaudirektor kann dabei auf die nötige Erfahrung und den erforderlichen Optimismus bauen, welche es brauchen, um nicht vor dem Inhalt der mehrseitigen Machbarkeitsstudie zurück zu schrecken. 2019 von den Stadträten beschlossen und durch eine interkommunale Allianz der Gemeinden Gröditz, Zeithain, Röderaue, Wülknitz, Schradenland und Lampertswalde getragen, wird sie von Hönicke während des Rundgangs gestikulierend durch die Luft geschwenkt. Das Zabeltitzer Schloss ist ein Stück Geschichte, dessen substanzielle Tage längst nicht mehr die besten sind und sich zahlenmäßig heute eher als schwer zu tragender Brocken präsentieren. „Alles richtig! Die Zeit ist darüber hinweg gegangen. Aber das Alte Schloss ist nun mal ein untrennbares Stück von Zabeltitz und fest verankert in den Herzen seiner Bewohnern, das wir jetzt nicht einfach weiter verfallen lassen können“, gibt Tilo Hönicke zu bedenken.

Was das praktisch bedeuten könnte, ist in den vergangenen Jahren von der Verwaltung, Mitarbeitern der Denkmalpflege und der beauftragten Stadtentwicklung GmbH (STEG) in einer aufwendigen Sisyphusarbeit zusammengetragen worden. Während das Dach zwar optisch einen guten Eindruck macht, braucht es stetige Kontrolle durch die Stadt damit gravierenden Schäden vermieden werden können. Doch nicht nur dieses bereite Sorgen und es bröckelt nicht nur außen der Putz. Auch im Inneren des traditionsreichen Hauses, dass als erstes sächsisches Landambulatorium in die Heimatgeschichte eingegangen ist, hat der Zahn der Zeit genagt.

Über die Grenzen des Freistaates hinaus bekannt: Eine Tafel erinnert noch an das erste Landambulatorium Sachsens nach dem Zweiten Weltkrieg.
Über die Grenzen des Freistaates hinaus bekannt: Eine Tafel erinnert noch an das erste Landambulatorium Sachsens nach dem Zweiten Weltkrieg. © Kristin Richter
Stück für Stück werden die Umbauten in Angriff genommen: Als erster Schritt erfolgt der Umbau der bisherigen Garagen zugunsten einer modernen Toilettenanlage für Schloss- und Parkbesucher.
Stück für Stück werden die Umbauten in Angriff genommen: Als erster Schritt erfolgt der Umbau der bisherigen Garagen zugunsten einer modernen Toilettenanlage für Schloss- und Parkbesucher. © Kristin Richter

Jedoch: auch wenn es mittlerweile Einverständnis mit den fachlichen Bewahrern der historischen Bausubstanz über eine mögliche Sanierungsvariante gebe - zu ihr zählt etwa der Anbau einer äußeren Fluchttreppe und der Einbau eines Aufzugs - würden Architekten noch nicht über den Entwürfen für einen möglichen Innenausbau sitzen. „Das funktioniert bei diesem Vorhaben ganz und gar nicht“, winkt Tilo Hönicke ab und schüttelt den Kopf. Immerhin solle das Schloss künftig nicht nur als Praxisstandort, sondern als überregionales Gesundheitszentrum genutzt werden. Welche Fachärzte dabei als Hausherren fungieren und was sich diese für ihre Praxen wünschen, sei logischerweise noch völlig offen. Erst wenn feststehe, wer sich hinter den dicken Mauern niederlassen wolle, könne gemeinsam und zielgerichtet in die Entwurfsphase eingetreten werden.

Um diese Herkulesaufgabe angehen zu können, gelte es jetzt nach Investoren und wirtschaftlich solventen Partnern zu suchen. Auch wenn Tilo Hönicke zurecht ganz selbstbewusst von sich behaupten dürfte, ein goldenes Händchen für die Gewinnung von Fördermitteln zu besitzen, werde das bei diesem Mammutprojekt dieses Mal nicht reichen. Gespräche mit den Elblandkliniken stünden deshalb ebenfalls auf dem Fahrplan für die kommenden Monate wie Unterredungen mit den Staatlichen Schlössern, Burgen und Gärten. „Wir hatten ja im Zusammenhang mit dem Palais schon einmal probiert, das Ensemble in den sächsischen Betrieb zu überführen. Einen neuerlichen Versuch ist es jetzt allemal wert“, erklärt Tilo Hönicke und mustert das Zabeltitzer Kleinod.

Investition eng mit Industriegebiet verbunden

Nein, wann die ersten Patienten aus dem Großenhainer Land, Teilen von Brandenburg und der Region Meißen zur Behandlung ins Schloss kommen werden, könne er jetzt noch nicht vorhersagen. Fest stehe nur, dass bis dahin ganz sicher noch sehr viel Wasser die nahegelegene Große Röder hinabfließe. Und bis dahin gelte es eben kräftig ranzuklotzen und zukunftsweisende Projekte wie das Gesundheitszentrum zu entwickeln. Schließlich seien derlei Investition auch eng mit der Entwicklung des Industriegebietes Nord am Flugplatz zu betrachten. Siedle sich einmal ein Unternehmen an, kämen auch hunderte von Menschen in die Röderstadt. Neue Einwohner und Arbeitskräfte, welche eine ärztliche Versorgung oder andere öffentliche Einrichtungen benötigen oder wünschen. Im allerbesten Fall auch das Gesundheitszentrum Zabeltitz.