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In Heidenau trainieren jetzt Rennfahrer

Die Slotracer sind von Dohna in die Nachbarstadt gezogen. Hier fahren sie jetzt ganz besondere Rennen, für die sie die Autos erst bauen.

Von Heike Sabel
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Jamie Hluchy mag die kleinen Autos, die mit bis zu 40 km/h über die Slotracing-Bahn rasen.
Jamie Hluchy mag die kleinen Autos, die mit bis zu 40 km/h über die Slotracing-Bahn rasen. © Daniel Schäfer

Es ist alles wie im richtigen Leben. Nur die Autos sind kleiner und die Rennen finden virtuell statt. Klingt nicht so aufregend. Aber das kann nur sagen, wer sich nicht damit beschäftigt. Für Nils Richter ist das "wie richtig, nur nicht richtig" genau das Ideale. Er nimmt am ADAC-Digitalcup teil. Dafür trainiert der 17-jährige Stolpener bis zu dreimal die Woche in Heidenau.

Es ist Sport, ohne dass er dabei rennt, springt, schwimmt oder sich sonst wie schnell fortbewegt, trotzdem muss auch er schnell sein. Mit dem Kopf und den Händen. Nils Richter sitzt im bequemen Sessel vor dem großen Bildschirm und startet das Rennen. Das ist schon der zweite Schritt. Denn zuvor muss er sein Auto zusammenbauen, auch virtuell, aber das gehört dazu. Es ist Motorsport, ohne dass man sich ein Auto oder Motorrad kaufen muss. Trotzdem ist es recht realistisch, denn sogar die Sitze simulieren die Bewegungen des Autos und natürlich gilt anschnallen. Wenn Nils nicht aufpasst, erleidet sein zum Glück nur virtuelles Fahrzeug Totalschaden. Für Nils ist es das ideale Hobby. Und nicht nur für ihn.

Ein Mädchen ist auch am Start

Der Slotracing und Simracing (eSport)-Verein Dohna hat inzwischen 32 Mitglieder. Begonnen hat er 2016 in Dohna mit dem Slotracing. Auch das ist eine Miniaturausgabe, und zwar des Autorennens. Gefahren wird mit kleinen Fahrzeugen, die vorher erst gebaut werden. Schon da wird eine erste Entscheidung über Sieg oder Niederlage getroffen, wie bei den großen Rennen.

Der große Reifen ist nur Schmuck, denn im Verein von René Köhler ist alles eine Nummer kleiner als in Wirklichkeit.
Der große Reifen ist nur Schmuck, denn im Verein von René Köhler ist alles eine Nummer kleiner als in Wirklichkeit. © Daniel Schäfer

Inzwischen sind die Dohnaer nach Heidenau umgezogen und René Köhler ist noch immer Vorsitzender. Er ist der Mann fürs Organisatorische, dazu kommt Trainer Erik Thomas und zwei junge Leute sind die Ansprechpartner für die Mitglieder. Jamie Hluchy ist einer von ihnen und seine Schwester das einzige Mädchen bei den Slotracern. Jamie bleibt beim Slotracing. Vorerst. "Mal sehen, was die Zukunft bringt."

Strenger Trainer, gesunder Ehrgeiz und einfach Spaß

Jamie Büttig erlebte den Verein innerhalb des Ganztagsangebotes in der Dohnaer Schule. Da sagte er noch "das ist nicht meins". Dann kam er aber doch nochmal und siehe da, es ist seins geworden. "Im GTA war es zu streng", sagt der 13-Jährige. Für die Slotracer gibt es bisher eine Bahn fürs Rundenfahren, die zweite für den geraden Sprint soll im zweiten Halbjahr montiert werden und ist dann von der Wand herunterklappbar. So wird der Platz optimal genutzt. Für die E-Sportler wie Nils gibt es von zehn einfachen Simrigs über zwei Fullmotion-Simulatoren bis zu einem Profi Simrig alles was das Herz begehrt. "In der RacingLounge77 in Heidenau werden Träume von Motorsport Fans Wirklichkeit", sagt Köhler.

Benedikt Hanke gehört zu den E-Sportlern im Verein. Er fährt virtuelle Autorennen, die sehr realistisch sind - bis hin zum Anschnallen und den Bewegungen des Sitzes.
Benedikt Hanke gehört zu den E-Sportlern im Verein. Er fährt virtuelle Autorennen, die sehr realistisch sind - bis hin zum Anschnallen und den Bewegungen des Sitzes. © Daniel Schäfer

Erik Thomas ist ein strenger Trainer, sagen die Jungs. Wir haben hier alle einen gesunden Ehrgeiz, sagt René Köhler. Wer erfolgreich sein will, ist ebenso willkommen wie wer einfach nur eine Freizeitbeschäftigung sucht. In den neuen Räumen auf der Dresdner Straße 77 sind die Bedingungen ideal, weshalb das Domizil "RacingLounge77" heißt. Viel größer als in Dohna, gut gelegen, auch wenn jetzt mit der Baustelle vor der Tür.

Die Suche nach dem neuen Domizil war nicht einfach, sagt Köhler. Mal zu groß, mal zu klein, mal zu viel Lagerhalle, mal zu hohe Miete. Nun sind sie in einem früheren Sonnenstudio und späteren Lager eines Online-Versandhandels gelandet. Unterstützung erhält der Verein vom ADAC, dem Landes- und Kreissportbund sowie dem Partner Ricks - Next Level Racing. Am Wochenende des 22. und 23. April soll es eine nachträgliche Eröffnungsfeier geben, die auch als Tag der offenen Tür wieder neue Interessenten locken soll.

Sonnenstudio, Versandhandelslager und nun Vereinssitz der Dohnaer Slotracer: Die Dresdner Straße 77 in Heidenau.
Sonnenstudio, Versandhandelslager und nun Vereinssitz der Dohnaer Slotracer: Die Dresdner Straße 77 in Heidenau. © Norbert Millauer

Einer hat sich grade mit seinem Vater angemeldet. Oskar ist elf und aus Dresden-Zschieren, also von ganz um die Ecke. Er hat zu Hause eine Rennbahn, die Eltern entdeckten beim Spazieren die Werbung der Slotracer am Schaufenster. Nun ist Oskar das jüngste Mitglied. Binnen kurzer Zeit sind elf neue Mitglieder dazu gekommen, davon drei Slotracer und acht Simracing-Fahrer, also E-Sportler. "Es ist echt Wahnsinn, wie schnell wir jetzt gewachsen sind", sagt Köhler.

Nils Richter macht eine Pause. Bis zu drei Stunden Training am Stück vor Wettbewerben ist nicht ohne. Suchtgefahr für sich sieht er trotzdem nicht. "Es ist mein Hobby, das zu meinem Leben gehört, aber ich kann auch zwei Monate darauf verzichten, ohne irre zu werden", sagt er.