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Herumgestromert

Wie alltagstauglich ist ein Elektroauto? Wo im Landkreis Görlitz können diese Fahrzeuge aufgeladen werden? Wir waren einen Tag mit einem Renault Z.E. in der Region unterwegs.

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© Jenny Thümmler

Von Jenny Thümmler (Text) und André Schulze (Fotos)

Landkreis. Die Anzeige der vollen Batterie leuchtet einladend. Energie für 140 Kilometer ist im Akku. Los geht’s in Görlitz, wo die Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz (Eno) das Auto für den Test zur Verfügung stellt. Es ist Teil des Projekts „Neissemobility“, mit dem der Landkreis die Elektromobilität bekannter machen und Entwicklungschancen für die Region zeigen will.

Die Zugangskarten am Marktplatz in Weißwasser gibt’s im Rathaus.
Die Zugangskarten am Marktplatz in Weißwasser gibt’s im Rathaus. © André Schulze
Die Firma Bosecker in Zittau hat alle Ladestationen im Kreis gebaut.
Die Firma Bosecker in Zittau hat alle Ladestationen im Kreis gebaut. © André Schulze
Die Säule in Rothenburg hat Steckdosen fürs Auto oben, fürs Rad unten.
Die Säule in Rothenburg hat Steckdosen fürs Auto oben, fürs Rad unten. © André Schulze

Landratsamtsmitarbeiter sind oft mit E-Autos unterwegs, fahren zwischen den Amtsstandorten Löbau, Görlitz und Niesky hin und her. Geladen wird auf den abgeschlossenen Parkplätzen – was gleich zum ersten Problem für Privatelektrofahrer führt: In genau diesen drei Städten gibt es keine öffentlichen Ladesäulen. „Wir sind mit den Städten im Gespräch“, sagt Christoph Biele von der Eno. „Aber ohne Partner wird es nicht gehen. Kommunen und Ämter sind nicht die Richtigen, um Ladestationen zu finanzieren.“

Zumindest für Görlitz kommt genau jetzt von einem dieser gesuchten Partner eine gute Nachricht: Die Stadtwerke Görlitz bieten die Ladesäulen auf ihrem Parkplatz am Postplatz ab sofort für die Öffentlichkeit an. „Besitzer von E-Autos können montags bis freitags, 8 Uhr bis 17 Uhr, ihr Auto auf unserem Gelände kostenlos aufladen“, teilt Sprecher Sascha Caron mit. Eine Voranmeldung sei nicht nötig. „Der Fahrer soll einfach ranfahren, sich bei unserem Empfang melden und registrieren lassen.“

Rothenburg: Die Stadtwerke Görlitz sind auch Partner der Ladestation am Marktplatz, erste Station unseres Tests. Das Laden läuft kostenfrei und ohne Anmeldung. Münze als Pfand ins Schließfach, Stecker rein, Tür zu und los geht’s. Die beiliegende Anleitung hilft bei Unsicherheiten. Geht alles prima, dauert aber. Unser noch zu 80 Prozent voller Akku zeigt zwei Stunden Restdauer an, um wieder voll zu sein. Viel Zeit für einen Bummel durch das kleine Rothenburg oder einen Kaffee im angrenzenden Ratscafé. „Hier kommen auch hauptsächlich Radfahrer mit E-Bikes her“, sagt dessen Chefin. Die sind schneller voll.

Weißwasser, Marktplatz: Weiter geht’s hoch in den Kreisnorden. Die Ladesäule am Marktplatz steht erst seit Mitte Juni, sogar mit extra dafür ausgewiesenen Parkplätzen. Auch hier fallen durch eine Kooperation mit den Stadtwerken Weißwasser keine Kosten an, und es gibt die doppelte Kraft wie in Rothenburg, sodass das Auto schneller geladen ist. Karten mit RFID-Code, eine Identifizierung durch elektromagnetische Wellen, werden für den Zugang gebraucht, steht an der Säule. Diesen Code haben zum Beispiel EC-Karten und die neuesten Personalausweise. Doch Fehlanzeige. Zwei EC-Karten öffnen die Steckdose nicht, sodass nur der Weg ins Rathaus hilft, wo unkompliziert eine Zugangskarte herausgegeben wird. Andere Nutzer berichten von funktionierenden EC-Karten. Es scheint also ein Glücksspiel zu sein.

Weißwasser, Schwerer Berg: Auf dem Parkplatz am Aussichtsturm steht eine Ladesäule und verlangt eine Kundenkarte. Welche, ist unklar. Also Nachfrage im Kommunikations- und Naturschutzzentrum am Turm. Der dortige Mitarbeiter spricht von einer Vattenfall-internen Säule und dass er nicht helfen könne. Doch auf Nachfrage bei Vattenfall klingt das ganz anders: Diese Ladestation steht der Öffentlichkeit sehr wohl zur Verfügung, teilt Sprecher Thoralf Schirmer mit. „Eine Ladekarte für den Zugang zur Ladestation ist an der Rezeption des Kommunikations- und Naturschutzzentrums hinterlegt.“ Sie werde auch nach telefonischer Voranmeldung freigeschaltet. Etwa drei Stunden dauert das Aufladen eines leeren Akkus hier. „Derzeit wird dieser Strom für Elektromobile kostenlos von Vattenfall zur Verfügung gestellt, da die Kosten für Einrichtung und Unterhalt eines Abrechnungssystems im Vergleich zu den Kosten des tatsächlich genutzten Stroms zu hoch wären“, so Schirmer

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Boxberg: Am Tourismusinformationszentrum (Tiz) kann mit Blick auf den Bärwalder See geladen werden. Beim Abholen der Zugangskarte im Tiz fällt eine Servicegebühr von fünf Euro an, egal wie lange das Auto lädt. Und es gibt die Karte nur zu den Öffnungszeiten der Einrichtung, Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 16 Uhr.

Großschönau: Dann folgt ein großer weißer Fleck. Im Westen und in der Mitte des Landkreises sind keine öffentlichen Ladestationen. Im Flyer der Eno, der eine Karte mit öffentlichen Ladestationen enthält, ist eine im Trixipark Großschönau verzeichnet. Aber diese steht erst ab Anfang August zur Verfügung, ist vor Ort zu erfahren. Eine verheerende Nachricht. Unser Akku zeigt noch 41 Kilometer an.

Jonsdorf: Das Hotel „Gondelfahrt“ hat schon seit 2012 zwei Ladesäulen. „Strom geht aufs Haus“, sagt eine Mitarbeiterin kurz und fröhlich. Tolle Sache. Aber: Unser Auto will nicht laden. Wirt Robert Schwerdtner verdreht die Augen, als er das Fabrikat sieht. „Mit Renaults hatten wir hier schon öfter Probleme.“ Er will helfen und telefoniert mit der Firma Bosecker aus Zittau, die alle Ladesäulen im Landkreis gebaut hat. Softwareproblem. Französische und deutsche passen nicht immer zusammen. Mit nur noch 36 angezeigten Restkilometern geht es zittrig und gaaanz langsam nach Zittau. Eigentlich wollten wir noch nach Oybin, wo am Parkplatz aufgeladen werden kann. Aber da dort dieselbe Art Säule steht und nicht sicher ist, ob es funktioniert, entscheiden wir uns für Zittau, wo Bosecker eine Ladestation hat. Und die müssten im Notfall ja wissen, wie’s geht.

Zittau, Gewerbegebiet: Vor der Firma Bosecker kann für einen Euro eine Stunde lang aufgeladen werden. Die Zeit reicht in unserem Fall fast für 70 Prozent. Es klappt problemlos. „Das ist eigentlich eine Testsäule für unsere Arbeit“, sagt Knut Dwornikiewicz, der bei Bosecker für Entwicklung und technische Umsetzung zuständig ist. „Irgendwie ist die mal ins Internet gekommen als öffentliche Säule. Aber wir haben nichts dagegen, dass Leute hier zum Laden kommen.“ Zumal man mitbekomme, mit welchen Fabrikaten es Probleme gibt.

Seit etwa zwei Wochen steht zudem die Ladesäule an der Breitestraße in Zittau. Wie in Oybin funktioniert die Bezahlung übers Stromticket, ein Zugang übers Handy. Diese Kooperation mit der Enso ist neben der Servicegebühr in Boxberg die derzeit teuerste Art, sein E-Auto unterwegs aufzuladen. Über die öffentlichen Ladestationen hinaus gibt es weitere an Hotels und Autohäusern im gesamten Kreis, die für Kunden oder auf Nachfrage zur Verfügung stehen. Nach Überzeugung von Christoph Biele von der Eno werden in den nächsten Jahren noch viele Säulen hinzukommen. „Gaststätten und Parkhäuser entdecken das bestimmt als Geschäftsmodell.“