Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Merken

Hoch auf dem grünen Wagen

Florian Nosofsky sitzt derzeit Tag für Tag bis 21 Uhr auf dem Mähdrescher. Die SZ hat ihn begleitet.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Draußen knallt die Mittagssonne auf den Raps, aber in Florian Nosofskys Fahrerkabine herrschen angenehm kühle Temperaturen, Klimaanlage sei Dank. Routiniert steuert der 23-Jährige seinen Mähdrescher auf die Kante des Rapsfelds zu. Danach übernimmt die Maschine quasi von allein: Demonstrativ nimmt Nosofsky die Hände vom Lenkrad und deutet dann nach links. Ganz außen am Schneidwerkzeug des Mähdreschers steht ein Metallkasten. „Mit einem Laser erkennt die Maschine von alleine die Kante des Feldes“, erklärt der Fahrer. Ein kleiner Bordcomputer zeigt die Geschwindigkeit an: Mit gemächlichen drei Stundenkilometern geht es über das Rapsfeld in der Nähe von Nünchritz.

Neun Meter ist das Werkzeug breit, mit dem der Raps geschnitten wird.
Neun Meter ist das Werkzeug breit, mit dem der Raps geschnitten wird. © Sebastian Schultz
Die Rapskörner werden nach der Ernte direkt ans Riesaer Ölwerk geliefert.
Die Rapskörner werden nach der Ernte direkt ans Riesaer Ölwerk geliefert. © Sebastian Schultz

Zur Erntezeit herrscht Hochbetrieb bei den Mitarbeitern der Agrargenossenschaft Kreinitz. Hinter Florian Nosofsky fahren noch zwei weitere Kollegen im Mähdrescher übers Feld. Seit 10 Uhr morgens ist er unterwegs. Ein Arbeitstag dauert meist bis 21 Uhr, sagt er. Das gute Wetter will schließlich genutzt sein. „Der Raps kann erst geerntet werden, wenn die Körner eine Feuchtigkeit von unter neun Prozent haben.“ Wenn das nicht der Fall sei, würden sie weniger Gewinn einbringen. Immerhin: So entscheidend wie bei Getreide ist das schnelle Ernten bei Raps nicht.

Seit einem Jahr ist Florian Nosofsky als Mähdrescherfahrer bei der Agrargenossenschaft unterwegs. Das Fahren selbst sei eigentlich kein großes Problem, sagt er. Ein Führerscheinklasse L reiche dafür aus. „Nach einer halben Stunde kann damit jeder auf der Straße fahren.“ Auch auf dem Feld unterstützt den Fahrer die Technik – nicht nur beim Lenken. Auch die Höhe des Messers kann der Mähdrescher automatisch regeln, um Steinen und anderen Unebenheiten auszuweichen.

Über einen Steuerknüppel rechts des Lenkrads kann Nosofsky aber auch eingreifen – und muss das heute auch tun. „Der Raps ist zwar reif, aber die Stängel sind noch grün“, erklärt er und drückt einen Knopf auf dem Knüppel. Das Messer fährt einige Zentimeter nach unten. „Wenn wir in dieser Höhe abschneiden, dann könnte der Schacht verstopfen, in den die Ernte geworfen wird.“ Das könne zu Schäden an der Technik führen.

300 000 Euro hat die Agrargenossenschaft für jeden ihrer Mähdrescher gezahlt. Ein Preis, der sich erst nach zehn Ernten überhaupt rechnet, wie der Chef der Agrargenossenschaft Gerhard Förster sagt. Wahrscheinlich sei deshalb nicht jeder seiner Kollegen scharf darauf, die Maschinen zu fahren, sagt Florian Nosofsky. „Jeder Ausfall kostet, deshalb fahren manche wohl lieber Traktor und holen die Ernte ab.“ Er selbst sei aber lieber den ganzen Tag auf dem Feld unterwegs als auf der Straße.

Auch wenn er in mehr als zwei Meter Höhe sitzt: Wer oder was sich im Feld verbirgt, sieht der Mähdrescherfahrer nicht. Es komme deshalb schon vor, dass Tiere im Feld überfahren werden, insbesondere Rehkitze, die nicht vor den nahenden Erntemaschinen fliehen. „In diesem Jahr ist das noch nicht vorgekommen“, sagt Florian Nosofsky. Ein Waschbär sei bisher das einzige Opfer der Ernte. Meist sind es aber Wildschweine, die sich im Raps verstecken und fliehen, wenn geerntet wird.

Diese Zeit ist deshalb auch für Jäger interessant, die sich dann oft am Feldrand positionieren. „Ich muss das nicht haben“, sagt Florian Nosofsky. Nicht jeder Waidmann achte darauf, ob er die Bauern auf dem Feld gefährdet, wenn er ein Schwein vor die Flinte bekommt und abdrückt. Nosofsky deutet mit dem Kopf hinter sich. „Der Mähdrescher hier hat schon ein Loch.“

Nur einmal muss Florian Nosofsky auf dem Feld auf- und abfahren. Dann wird der Tank geleert. Ein komplexes Filtersystem im Inneren hat die Rapskörner bereits von der Spreu getrennt und schüttet die schwarze Masse nun in einen großen Traktoranhänger. Für etwa sieben Tonnen Raps reichen die Kapazitäten des Mähdreschers. Ungefähr zwei Hektar mussten dafür geerntet werden. Die Traktoren fahren direkt weiter nach Riesa. Dort werden die Körner im Ölwerk weiterverarbeitet. Florian Nosofsky wird an diesem Tag wohl noch eine ganze Weile unterwegs sein. „Das Feld schaffen wir auf jeden Fall noch“, sagt er, „und danach geht’s ins Getreide.“