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Wenn es brennt und keine Hilfe kommt

Die Freiwillige Feuerwehr in Hohnstein kämpft gegen Mitgliederschwund. Ein generelles Problem in ländlichen Regionen. Was dagegen getan werden kann.

Von Anja Weber
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In ländlichen Regionen wird es offenbar immer schwerer, Menschen für den Freiwilligen Dienst in den Feuerwehren zu begeistern.
In ländlichen Regionen wird es offenbar immer schwerer, Menschen für den Freiwilligen Dienst in den Feuerwehren zu begeistern. © Steffen Unger

Ein Haus steht in Flammen. Helfen könnte nur die Feuerwehr. Doch die kann nicht kommen, weil das Personal fehlt. Ein Szenario vor dem derzeit viele Ortswehren tatsächlich stehen.

Beispiel Hohnstein. Die Stadt hat Sorgen mit der Freiwilligen Feuerwehr. Kaputte Technik und zu wenig einsatzbereite Kameraden in der Freiwilligen Feuerwehr. Mit Personalproblemen bei den Freiwilligen Rettern in Hohnstein kennt man sich aus. Schon einmal sind wegen privater Diskrepanzen der Feuerwehr die Leute weggerannt. Und jetzt deutet sich Ähnliches an. Drei Kameraden sind im letzten Jahr aus der Feuerwehr ausgetreten. Nicht, weil es wieder Streit gab, sondern weil sie woanders hingezogen sind. Die drei Austritte schlagen in Hohnstein hart ins Kontor. Nur noch elf Kameraden und Kameradinnen bleiben übrig, die die Tageseinsatzbereitschaft absichern können. Krank darf da keiner werden.

Hinzukommen noch fünf Kameraden, die aber tagsüber nicht verfügbar sind, sondern nur von 18 Uhr bis 6 Uhr. Dafür sind tagsüber aber fünf Bauhofbeschäftigte da, die alle Feuerwehrkameraden sind und in Hohnstein mit ausrücken.

Insofern sei es personell jetzt noch kein Problem, sagt Hohnsteins Bürgermeister Daniel Brade (SPD). Die Freiwillige Feuerwehr Hohnstein habe auch alle 28 Einsätze im Jahr 2020 bewältigen können. Damit ist Hohnstein übrigens die Ortswehr mit den meisten Einsätzen im Gemeindegebiet. "Wir wollen aber vorbauen und gemeinsam mit der Ortswehrleitung etwas tun und neue Mitglieder werben", sagt der Bürgermeister. Ein Problem, vor dem derzeit viele Städte und Gemeinden stehen. Die demografische Entwicklung schlägt hier durch. Jüngere Kameraden oder Kameradinnen ziehen aus ländlichen Regionen eher in Stadtnähe und die älteren Kameraden wechseln in die sogenannte Altersabteilung und stehen im aktiven Dienst nicht mehr zur Verfügung. Damit ist die die Einsatzfähigkeit in Gefahr. Aber gerade in ländlichen Regionen werden die Freiwilligen Feuerwehren dringend gebraucht.

Ortswehren müssen sich gegenseitig helfen

Jede Gemeinde hat eine sogenannte Alarm- und Ausrückeordnung. Diese regelt, welche Ortsfeuerwehr mit welchen Fahrzeugen ausrückt oder anderen Ortswehren bei größeren Ereignissen oder aufgrund fehlender Tageseinsatzbereitschaft zur Unterstützung eilt. Dass diese Pläne jetzt vielerorts überabeitet werden, zeigt dass die Personalsituation für die Freiwilligen Feuerwehren in ländlichen Region dramatisch ist. In Hohnstein hat man das bereits gelöst. Mit der im Jahr 2020 geänderten Alarm- und Ausrückeordnung wurde bei allen Ortsfeuerwehren der Stadt Hohnstein immer eine zusätzliche Wehr mit aufgenommen. "Sollte es bei einer Ortswehr personell mal eng werden, ist automatisch immer eine zweite mit alarmiert. Die personelle Entwicklung in allen Ortswehren macht das notwendig", sagt Bürgermeister Daniel Brade. Einen Grund sieht er darin, dass die geburtenstarken Jahrgänge 1960 und folgende so langsam in die Altersabteilungen abgehen. Daher habe die Stadt Hohnstein auch die Altersbeschränkung mit 65 Jahren aufgehoben. Ein Kamerad kann so lange im aktiven Dienst mitwirken, wie er sich danach fühlt, das heißt auch über das 65. Lebensjahr hinaus.

Ideen zur Mitgliederwerbung bei den Feuerwehren

Coronabedingt haben derzeit selbst die Feuerwehrleute Mühe, ihr Engagement am Laufen zu halten. Übungen finden keine statt, auch keine Ausbildungstage, nichts. Nur zu Einsätzen rücken sie aus. Und dabei müssten sie wohl jede Gelegenheit nutzen, um neue Mitglieder zu gewinnen. Experten haben da bereits ganz unterschiedliche Konzepte erstellt, wie Mitglieder gewonnen werden können, allerdings nur, wenn es denn wieder erlaubt ist.

Jede Werbekampagne sollte individuell für eine ganz bestimmte Zielgruppe ansprechend sein, nicht nur für Jugendliche oder junge Erwachsene. Auch ein Mitdreißiger kann durchaus eine Verstärkung sein. Einige Feuerwehren praktizieren bereits das eine oder andere in der Mitgliederwerbung, aber vielleicht gibt es ja doch noch ein paar Tricks.

  • Tag der offenen Tür: Angestaubt, keineswegs. Es kommt nur auf den richtigen Pep an. Mit Bier, Bratwurst und Technikschau lockt man heute niemanden mehr. Da muss es schon eine Schauübung sein, die die Zuschauer vom Hocker reißt, vielleicht sogar mit Feuerwerker oder einem Stuntman. Experten empfehlen an so einem Tag lieber mehrere kleine Schauübungen als eine große. Eine Videoshow mit spektakulären Einsatzbildern, Mitmach-Aktionen sollen ebenfalls gut ankommen. Dazu passen dann attraktive Sonderfahrzeuge aus der Umgebung. Rettungsdienst und Polizei sollten mit eingebunden werden.
  • Imagefilme oder Videos: Ein witziger, spannender Film sollte überraschend aber nicht lächerlich sein, denn dass ist der freiwillige Dienst bei der Feuerwehr sicherlich nicht. Solche Filme sollten von Profis umgesetzt werden.
  • Infomaterial: Das sollte professionell und ansprechend gestaltet sein. Flyer können dann zum Beispiel auch bei Einwohnermeldeämtern hinterlegt werden, als Werbung für neue Einwohner.
  • Werbung in Schaufenstern und Geschäften: Eine Schaufensterpuppe mit Einsatzkleidung ausstaffiert, sorgt auf jeden Fall für überraschte Blicke und Aufmerksamkeit.
  • Feuerwehrübungen: Auch die können zum Teil öffentlich absolviert werden. Eine Möglichkeit, noch Unentschlossenen aber Interessierten einen Einblick zu geben.

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