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Entscheidung im Sekundentakt: Brennt es im Wald oder nicht?

Von Hoyerswerda aus erkennen Experten Waldbrände auch in Meißen und Weißwasser. So funktioniert die Früherkennung in der Region.

Von Sascha Klein
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So sieht der Arbeitsplatz aus: Auf zwei Bildschirmen bekommen die Mitarbeiter in der Regionalleitstelle ständig neue Bilder aus Ost- und Nordsachsen.
So sieht der Arbeitsplatz aus: Auf zwei Bildschirmen bekommen die Mitarbeiter in der Regionalleitstelle ständig neue Bilder aus Ost- und Nordsachsen. © Foto: Gernot Menzel

Hoyerswerda. Drei Forstwirte sitzen in der Integrierten Regionalleitstelle in Hoyerswerda und schauen gespannt auf ihre Monitore. Auf dem ersten ist plötzlich eine Rauchwolke zu sehen. Ist das ein Waldbrand? Selbst Laien können erkennen: nein. Der Rauch kommt aus einem Schlot des Kronospan-Werkes in Lampertswalde. Entwarnung an Bildschirm eins. In diesem Raum findet die Waldbrandfrüherkennung für ganz Ost- und Teile Nordsachsens statt.

An jedem der drei Arbeitsplätze gibt es täglich um die 500 Meldungen, sagt Thomas Sobczyk vom Landratsamt Bautzen. Das sind 500 Verdachtsfälle auf einen Waldbrand. Etwa 400 von ihnen lassen sich leicht als gefahrlos erkennen – wie der Dampf aus den Kühltürmen der Kraftwerke Schwarze Pumpe und Boxberg. Bei anderen müssen die Forstwirte genauer hinsehen: etwa, wenn jemand in einer Gartensparte Laub verbrennt. Ist das Rauch, den man im Auge behalten muss? Ist das Vorkommnis wenige Minuten später wieder erledigt?

13 Kameras mit modernster Technik machen die Überwachung der Waldgebiete in den Landkreisen Bautzen, Görlitz und Meißen möglich. Eine eigene Leitstelle für den Kreis Nordsachsen befindet sich im Landratsamt in Eilenburg. Sie wertet fünf Kamera-Standorte aus.

Ostsachsen ist besonders waldbrandgefährdet

Von Hoyerswerda aus werden die gefährdeten Waldgebiete der Region kontrolliert – und damit das Gebiet zwischen Bad Muskau im Osten und Strehla im Westen. In der Waldbrand-Hochzeit zwischen März und September achten die Mitarbeiter penibel auf jede noch so kleine Rauchfahne. Denn es kommt immer wieder zu Waldbränden. Im Jahr 2023 sind es in der überwachten Region mit den Landkreisen Bautzen, Görlitz und Meißen 46 Waldbrände gewesen – weitere 13 in Nordsachsen.

„Weil das System so gut läuft, gibt es relativ wenig Brände und auch recht wenig Schadfläche“, sagt Thomas Sobczyk. Denn jede Kamera für die Waldbrandfrüherkennung kann ein Gebiet von etwa 700 Quadratkilometern abdecken – ein Radius von etwa 15 Kilometern. Neuere Geräte schaffen inzwischen auch 20 Kilometer. Für die Verantwortlichen ist das System der Waldbrandfrüherkennung, das es seit inzwischen 20 Jahren in der Region gibt, ein Erfolgsmodell. 2017/18 ist das System technisch noch einmal optimiert worden. Die Kameras, die meist in etwa 30 Metern Höhe angebracht sind und ständig das Gebiet um sich herum filmen, können eine Rauchentwicklung innerhalb weniger Minuten erkennen. Wenn die Mitarbeiter an den Bildschirmen dann zum Schluss kommen, dass es sich um einen Waldbrand handelt, lösen sie Alarm aus. Das System „IQ Fire Watch“ ist so genau, dass es möglich ist, einen Brand genau zu lokalisieren und die Feuerwehr gezielt zum Brandherd zu schicken.

Früherkennung hilft vor allem den Einsatzkräften

Für Romy Reinisch, Beigeordnete im Landkreis Bautzen, ist das Waldbrandfrüherkennungssystem auch ein Stück Daseinsfürsorge. Schließlich seien die Wälder im Osten und Norden des Freistaates durch ihre Struktur und durch den geringen Niederschlag besonders brandgefährdet. „Oft entscheidet sich innerhalb der ersten 30 Minuten, ob sich ein Brand noch eingrenzen lässt“, sagt Romy Reinisch. Das Früherkennungssystem helfe, dass Schäden oft relativ gering bleiben. Zudem sei dadurch eine bessere Einsatzsteuerung möglich, sagt Hoyerswerdas Bürgermeister Mirko Pink.

Das Jahr 2024 stellt noch einmal eine Zäsur für die Waldbrandfrüherkennung dar. Ende September werden die letzten beiden Feuerwachtürme im Kreis Bautzen, die noch mit Mitarbeitern besetzt sind, außer Dienst gestellt. Sie befinden sich in der Region Hoyerswerda – in Seidewinkel und Geierswalde. Dafür bekommt der Landkreis Bautzen einen siebenten Kamera-Standort. Er wird laut Thomas Sobczyk in der Stadt Lauta sein – zwischen Lauta und Laubusch, nahe dem historischen Wasserturm. Auf einen vorhandenen Funkmast wird die Hightech-Kamera montiert, die fortan ebenfalls Bilder an die Integrierte Regionalleitstelle nach Hoyerswerda sendet. Vor Ort müssen die Fachleute dann, wie bei den anderen Standorten auch, entscheiden: Brennt es im Wald oder fährt eventuell doch nur ein Bauer mit seinem Traktor über ein Feld am Waldrand?