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Mit einem blauen Auge davongekommen

Die Stadtbrauerei Wittichenau blickt auf die letzten Monate und die Chancen in der Zukunft.

Von Juliane Mietzsch
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Geschäftsführer Stefan Glaab mit einer Flasche aus der Reihe Glaabs Brauwerk. Das naturtrübe Kupfer gibt es ausschließlich in der 1-Liter-Flasche mit Bügelverschluss oder im Fass.
Geschäftsführer Stefan Glaab mit einer Flasche aus der Reihe Glaabs Brauwerk. Das naturtrübe Kupfer gibt es ausschließlich in der 1-Liter-Flasche mit Bügelverschluss oder im Fass. © Foto: Juliane Mietzsch

Hoyerswerda. Mit dem Ausfall von Großveranstaltungen, Familienfeiern, kleinen Festen und der seit Monaten geschlossenen Gastronomie ist auch ein weiterer Zweig betroffen: Brauereien haben finanzielle Verluste hinzunehmen.

In Wittichenau sind nicht nur viele Traditionsveranstaltungen den Beschränkungen zum Opfer gefallen. Feste der Dorf- und Jugendclubs in den Ortsteilen gab es im Verlauf des letzten Jahres nicht. Die kommenden Aussichten sind auch nicht klar. Planungen würden ins Ungewisse führen.

In der Belegschaft der Stadtbrauerei Wittichenau herrscht dennoch keine schlechte Stimmung, weiß Stefan Glaab. Der Geschäftsführer vermeldet im Absatz ein Minus von etwa zehn Prozent im letzten Kalenderjahr. Das sei der Durchschnitt in der Branche gewesen, schätzt er die Lage ein. Das mittelständische Unternehmen ist Auf- und Abschwung im Jahresverlauf gewohnt. „Wir sind sowieso ein Saisonbetrieb“, erzählt der Unternehmer weiter. „In den Wintermonaten werden für gewöhnlich zeitweise Überstunden abgebaut.“ Da sei weniger zu tun. Nun wird auf die zweite Jahreshälfte gehofft. „Ohne Öffnung der Gastronomie können wir keine hundertprozentige Auslastung erreichen.“ Mit Beginn des Jahres wurde zu Kurzarbeit übergegangen.

Verluste beim Fassbierabsatz

Normalerweise macht das Fassbier etwa 30 Prozent am gesamten Absatz aus. Das ist völlig eingebrochen. Zu Hochzeiten kann es schon mal die Hälfte sein. „Das haut noch mehr rein“, so Stefan Glaab über die ausgefallenen Veranstaltungen wie Kappenabende, Maskenball, Frühschoppen, die Faschingstage. Doch nicht nur das fehlt, weiterhin bietet die Brauerei zur Vermietung Bierwagen, Zelte, Bänke und Tische sowie Gläser an. Die Reinigung der Wagen und Schankanlagen bindet für gewöhnlich Personal, trägt so zur Auslastung bei. Doch Ausleihen gab es nicht wie sonst.

„Wir haben kaum Fassware zurückgenommen.“ Das rührt besonders daher, weil die Abnehmer, die Gastronomen wöchentlich oder zweiwöchentlich beliefert werden. Das läuft ohne Zwischenhändler und -lager. Daher sind kaum externe Lagerbestände vorhanden, denen der Verfall der Ware drohte. Andernorts wurden Mindesthaltbarkeitsdaten im gesetzlichen Rahmen verlängert. Das war für die Wittichenauer Brauerei kein Thema.

Das Bier lagert vor der Abfüllung mindestens vier Wochen. Das ist der Vorlauf, der benötigt wird. „Der Absatz des Flaschenbieres läuft kontinuierlich“, ist Stefan Glaab froh. Da es bis zur Lagerung und Filtration keinerlei Unterschiede in der Produktion gibt, sondern lediglich die Abfüllung Flaschen- und Fassbier unterscheidet, mussten keine großen Anpassungen in den Prozessen vorgenommen werden. „Erst da trennen sich die Wege.“

In der Fassabfüllung wurde zuletzt die Situation genutzt, um die Fußböden zu erneuern und Malerarbeiten vorzunehmen. Reparatur- und Wartungsarbeiten in der gesamten Anlage wurden letztes Jahr bis in den Herbst gezogen, so der Geschäftsführer. Überhaupt wurde in den letzten Jahren in Größenordnungen investiert, so dass nun alles auf dem neuesten Stand ist. Der Ersatzneubau einer Halle wurde aber um ein Jahr in den Herbst 2021 verschoben.

Öffnungsperspektive erforderlich

Als großen Pluspunkt schätzt Stefan Glaab den unternehmenseigenen Getränkemarkt in geringer Entfernung zum Betriebsgelände ein. Auch dort wurde an private Abnehmer sonst mehr Fassbier verkauft, als es jetzt der Fall ist. Treffen sind nur in kleinen Gruppen möglich, da wird eher auf eine Kiste, statt ein Fass zurückgegriffen, wie der Wittichenauer vermutet.

„Ganz können wir den Schaden nicht abwenden“, so der Brauereichef. Er gibt zu bedenken, dass es private Gasthausbrauereien gibt, die ohne die Gastronomie keine andere Absatzmöglichkeit haben. Oder Brauereien, die ausschließlich Fassbier produzieren, nicht umschwenken können. „Wir sind erstmal mit einem blauen Auge davongekommen.“

Nun geht der Blick dennoch in die Zukunft. Eine Öffnungsperspektive und somit Planbarkeit wird erhofft. „Ich wünsche mir den Zustand von 2019 zurück. Auch die Familie hängt von dem Unternehmen ab“, macht Stefan Glaab seine Vorstellung deutlich. Sein Bruder, die Schwägerin, der Sohn sind im Betrieb tätig. Seit 1940 trägt die Brauerei den Namen Glaab. Dennoch steht die Frage im Raum, „wie mit geringen Absätzen die laufenden Kosten gedeckt werden können“. Der nächste Schritt wäre die Reduzierung des Personals oder das Finden neuer Absatzwege. Doch so drastisch sei die Situation im Augenblick nicht. Auch Überbrückungshilfen der Regierung wurden in Anspruch genommen.

Der Tag des Bieres

Mit dem vergangenen Tag des Bieres am 23. April verbindet Stefan Glaab vor allem die Besinnung auf Tradition, Biervielfalt und den Mittelstand. Der Tag geht auf die Festlegung des Reinheitsgebotes im Jahr 1516 zurück. Immer wieder präsentiert die Stadtbrauerei Wittichenau neue Sorten, geht auf Entwicklungen ein. „Natürlich sind die Verbraucher neugierig.“ Im letzten Jahr wurde ein alkoholfreies Bier in das Sortiment aufgenommen. Im Sudhaus, wo der Charakter des Bieres bestimmt wird, lassen sich auch kleinere Mengen produzieren. Das macht spezielle Biere möglich. Die eigene Absatzstätte kann exklusiv Produkte vertreiben. Da müssen keine Wege über Vertriebspartner gegangen werden.

Wieder ein Brauereifest?

In den letzten Jahren war zu bemerken, dass das Thema Regionalität an Bedeutung gewonnen hat. Daher würde sich Stefan Glaab wünschen, dass auch „regionale Veranstalter auf uns zukommen würden“. Die zweite Jahreshälfte soll generell vielversprechender laufen. Zunächst wird die Durchführung des traditionellen Brauereifestes Ende September geplant.