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Jens Spahn debattiert in Dresden

Bei einem Forum stellt sich der Bundesgesundheitsminister Fragen und Vorwürfen - und gibt Überraschendes preis.

Von Thilo Alexe
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Vorm Gesundheitsforum mit Jens Spahn versammelten sich etwa drei Dutzend Menschen zu einem Protest unter dem Motto: „Wir lassen uns nicht kaputtspahn! Gesundheit ist keine Ware!“
Vorm Gesundheitsforum mit Jens Spahn versammelten sich etwa drei Dutzend Menschen zu einem Protest unter dem Motto: „Wir lassen uns nicht kaputtspahn! Gesundheit ist keine Ware!“ © dpa/Robert Michael

Dresden. Moderator Hans-Jürgen Rosch von der Jungen Union (JU) Sachsen macht Jens Spahn ein bemerkenswertes Kompliment. Der Bundesgesundheitsminister der CDU gehe „dahin, wo es wehtut“ – nämlich zur Karnevalszeit nach Sachsen, das keine Hochburg der fünften Jahreszeit ist. Spahn bekennt, er sei vor 26 Jahren Kinderprinz im Münsterland gewesen, jetzt aber gern aus Berlin in den Freistaat gekommen.

Damit ruft der CDU-Politiker am Mittwoch die ersten Lacher im mit rund 200 Zuhörern gut gefüllten Festsaal der Dresdner Dreikönigskirche hervor. Der Liebling der Konservativen in der Partei startet beim JU-Forum mit guten Nachrichten. Täglich, sagt Spahn, verlängere sich die Lebenszeit der Deutschen um sechs Stunden. „Wenn Sie heute Abend ins Bett gehen“, erläutert er dem Publikum, „können sie sechs Stunden dranhängen“.

Auch wenn es ein Gesundheitsforum ist: Mit Spahn, so die Idee in der Union, lässt sich gut Wahlkampf für die Landtagswahl im Herbst machen. Er ist einer der bekanntesten Gesundheitsminister seit Jahren. Seine Vorstöße gegen Sterbehilfe, für eine Patientenprämie für Hausarztbesuche und gegen die angebliche Heilung Homosexueller verursachen Debatten und schärfen sein Profil. Spahn zieht, er ist rhetorisch versiert. Als Heimspiel entpuppt sich die Runde allerdings nicht. Der Minister redet in einem Eingangsstatement über Erfolge. Es soll 13.000 zusätzliche Pflegestellen geben und mehr Geld für Altenpfleger, die meist weniger als Krankenpfleger verdienen. Eine Dame ruft dazwischen: „Ich glaube Ihnen kein Wort.“

Spahn kontert, es sei dann schwierig, miteinander zu diskutieren. „Ich verspreche nicht das Paradies“, sagt er an anderer Stelle und räumt ein, nicht für alle Probleme eine Lösung zu haben: „Keine Reichensteuer der Welt wird alles finanzieren können, was uns einfällt.“

Jens Spahn spricht neben Barbara Klepsch (CDU), Gesundheitsministerin von Sachsen, in der Dreikönigskirche während der Veranstaltung "Gesund leben in Dresden".
Jens Spahn spricht neben Barbara Klepsch (CDU), Gesundheitsministerin von Sachsen, in der Dreikönigskirche während der Veranstaltung "Gesund leben in Dresden". ©  dpa/Robert Michael

Das Forum, nach welchem Spahn zum politischen CDU-Aschermittwoch nach Bautzen fährt, gerät streckenweise zu einer Abrechnung mit den Schwächen des Gesundheitssystems. Ein Hausarzt, der auch Notdienste fährt, berichtet vom Burnout bei jungen Kollegen. Angehörige von Pflegepatienten schildern ihre Sorgen. Es geht um gestiegene Heimbeiträge. Eine Pflegerin berichtet, dass Neulinge im Beruf mit Enthusiasmus begännen und nach fünf Jahren frustriert und ausgebrannt den Job wechselten.

Spahns sächsische Kollegin Barbara Klepsch (CDU) weist auf die Pflegekoordinatoren in Sachsen hin. Gefördert mit Landesmitteln böten sie Beratung und Hilfe im teils komplexen System. Spahn gibt zu, dass er gelegentlich vor der Quadratur des Kreises stehe. Soll er bessere Betreuungsschlüssel in Krankenhäusern anordnen? Oder nimmt er die Sorgen der Krankenhausgeschäftsführer ernst, die für solche Fälle mit der Schließung von Intensivstationen drohen, weil das Personal fehlt?

Mit Blick auf Heime sagt Spahn: „Wenn ich 100.000 Pflegekräfte hätte, dann wäre vielleicht alles ein wenig einfacher.“ Aber der Arbeitsmarkt sei leer gefegt. Er strebe schrittweise Verbesserungen an, durch Stellenaufwuchs und bessere Bezahlung. Psychotherapeuten, die über die finanziell kargen Bedingungen ihrer Ausbildung klagen, sagt er: „Wir ändern das gerade zum Besseren.“ Der Arzt meldet sich erneut zu Wort. „Nicht alles ist schlecht.“ Er habe guten Kontakt zu seinen Patienten. „Aber das Drumherum stimmt schon lange nicht mehr.“