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Zittauer Gebirge: Was aus dem alten Mühlsteincafé wird

Zwölf Jahre stand das historische Gebäude in Jonsdorf leer. Drei tschechische Familien haben es jetzt gekauft - und planen ein besonderes Ferienhaus.

Von Jana Ulbrich
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David Hercik (i.) und Milan Starek sind zwei der drei befreundeten Familienväter aus Tschechien, die gemeinsam die historische Mühlsteinfabrik in Jonsdorf gekauft haben.
David Hercik (i.) und Milan Starek sind zwei der drei befreundeten Familienväter aus Tschechien, die gemeinsam die historische Mühlsteinfabrik in Jonsdorf gekauft haben. © Matthias Weber/photoweber.de

Eiskalt pfeift der Böhmische Wind um die verfallenen Ecken und durch alle Ritzen. David Hercik und Milan Starek frieren. An diesem frostigen Nachmittag sind die beiden Männer aus Tschechien zu ihrem neuen Haus im Zittauer Gebirge gekommen. Vor Kurzem haben sie es der Stadt Zittau abgekauft. Und die ist froh, dass sie das alte Mühlsteincafé in Jonsdorf endlich los ist: Zwölf Jahre lang stand das stark verfallene Gebäude zuletzt leer.

Dabei ist es hier am Ortsausgang von Jonsdorf wunderschön am Waldrand gelegen - und direkt an der Grenze zu Tschechien. "Es ist das erste Haus von Krompach aus gesehen", schmunzelt David Hercik. Der 41-Jährige wohnt in Liberec (Reichenberg), sein Freund Milan Starek, ebenfalls 41, in Uhelná (Kohlige), einem Ortsteil von Hradek nad Nisou (Grottau). "Also quasi um die Ecke", sagt Hercik.

Das Zittauer Gebirge ist für die beiden Männer und ihre Familien - die Herciks haben drei, die Stareks vier Kinder - ein sehr beliebtes Ausflugsziel. "Wir sind sehr oft hier zum Wandern und Langlaufen, falls denn Schnee liegt", erzählt David Hercik. "Die Gegend ist großartig."

Zuletzt wurde das Gebäude, das am Ortsausgang von Jonsdorf idyllisch am Waldrand liegt, als Pension und Café genutzt.
Zuletzt wurde das Gebäude, das am Ortsausgang von Jonsdorf idyllisch am Waldrand liegt, als Pension und Café genutzt. © Matthias Weber/photoweber.de
Der riesengroße Anbau war früher der Ort, in dem der besonders harte Sandstein aus den nahen Steinbrüchen zu Mühlsteinen verarbeitet wurde.
Der riesengroße Anbau war früher der Ort, in dem der besonders harte Sandstein aus den nahen Steinbrüchen zu Mühlsteinen verarbeitet wurde. © Matthias Weber/photoweber.de
Diese historische Ansicht zeigt die frühere Jonsdorfer Mühlsteinfabrik.
Diese historische Ansicht zeigt die frühere Jonsdorfer Mühlsteinfabrik. © Archiv/Starec

Das verfallene Mühlsteincafé habe er beim Laufen entdeckt, erzählt er, beim Training für den "Lausitzer 50er". "Die Strecke führte hier vorbei und da stand das Schild: Zu verkaufen." Im Freundeskreis - neben Herciks und Stareks gehört noch eine dritte Familie dazu - sei man sich schnell einig gewesen: "Das kaufen wir."

Denn es ist ihnen sofort klar, was aus dem großen Haus werden soll. Die langjährigen Freunde fahren meistens gemeinsam in den Urlaub oder zu Wochenendausflügen. "Wir brauchen dann immer mehrere Schlafzimmer und einen großen Gemeinschaftsraum mit einer großen Küche und einem Tisch, an den wir alle dranpassen", erklärt Milan Starek. "So ein Ferienhaus für einen größeren Freundeskreis oder ein Familientreffen findet man nur schwer."

David Hercik und Milan Starek sprechen beide sehr gut Deutsch. Hercik, studierter Physiker, hat mehrere Jahre in Deutschland gearbeitet, arbeitet jetzt selbstständig in Liberec, unter anderem auch an der Akademie der Wissenschaften in Prag. Sein Freund Milan Starek ist in Liberec Inhaber einer Firma für Medizintechnik.

An diesem frostigen Nachmittag haben sie sich mit der Jonsdorfer Architektin Steffi Pietsch getroffen, die selbst ein großes Umgebindehaus in Jonsdorf saniert und bei der Sanierung mehrerer anderer Häuser geholfen hat. "Wir haben einfach die Nachbarn hier gefragt und sie haben uns den Kontakt vermittelt", erzählt David Hercik.

Von ihr haben sie auch von der besonderen Geschichte dieses Gebäudekomplexes erfahren. Ursprünglich war das zuletzt als Café und Pension genutzte Gebäude nämlich die Jonsdorfer Mühlsteinfabrik. Die Mühlsteine aus den Jonsdorfer Mühlsteinbrüchen waren in ganz Europa begehrt. Schon im 16. Jahrhundert begann der Abbau. Eine Zeichnung der Fabrik, die Milan Starek im Internet fand, stammt aus dem Jahr 1856.

"Das ist eine großartige Geschichte", sagt er. "Das finden wir unglaublich spannend." Die neuen Bauherren wollen versuchen, sie auf dem Gelände wieder sichtbar zu machen. Jetzt aber stehen sie erst einmal in dem zugigen Anbau, der einst die Werkhalle war. "Wir werden viel zu tun haben", ahnt David Hercik mit Blick nach oben: Der bauliche Zustand des Gebäudes ist vom jahrelangen Leerstand gezeichnet. Decken sind durchgebrochen, Balken morsch. Putz bröckelt, Holz ist verfault. Das Dach ist stellenweise durchgebrochen. Es hat hineingeregnet.

Mit mindestens 200.000 Euro, wahrscheinlich eher 300.000 Euro Baukosten werden sie wohl rechnen müssen, ahnen die beiden Männer. Gemeinsam mit der Jonsdorfer Architektin wollen sie ihr großes, gemeinsames Ferienhaus jetzt planen: "Es soll etwas zwischen Appartement und Wanderhütte werden", stellen sie sich vor. "Wir werden auch vieles selber machen", sagt David Hercik.

Bis aus der alten Mühlsteinfabrik, die zu DDR-Zeiten auch mal eine Jugendherberge und später eine Disco war, jetzt also ein großes Ferienhaus wird, wird es wohl noch eine Weile dauern. Die Freunde wollen künftig viel gemeinsame Zeit in Jonsdorf verbringen. Und sie könnten sich gut vorstellen, das Haus in der anderen Zeit auch mal zu vermieten.