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Kachelmann kriegt sein Leben zurück

Das erste „Riverboat“ mit Jörg Kachelmann läuft am Freitag. Er dämpft schon im Vorfeld die Erwartungen.

Von Bernd Klempnow
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Zehn Jahre nach seiner letzten Moderation kehrt Jörg Kachelmann am Freitag aufs "Riverboat" zurück.
Zehn Jahre nach seiner letzten Moderation kehrt Jörg Kachelmann am Freitag aufs "Riverboat" zurück. © dpa/Sebastian Willnow

Freitagabend, 22 Uhr: Im MDR-Fernsehen läuft die wöchentliche Talkshow „Riverboat“. Sie dürfte diesmal ungewöhnlich hohe Einschaltquoten haben, denn Jörg Kachelmann ist wieder der Gastgeber. Das war er bereits seit 1997 dreimal, zuletzt 2009. Und eigentlich war die älteste Talksendung im Osten auch nur gut, wenn er die Gäste in seiner unkonventionell-direkten Art befragte. Dabei interessierten den heute 60-Jährigen, der zunächst als bester deutschsprachiger Wettererklärer, später als bester MDR-Entertainer galt, nicht nur die Stars. Sein Motto: „Ein Klempner aus Sömmerda kann auf gewisse Weise auch eine Offenbarung sein.“

Auch diesmal dürfte er genügend Stoff haben, denn der Kabarettist Rüdiger Hoffmann, der Tierfilmer Andreas Kieling, die Schauspielerinnen Stefanie Stappenbeck und Adele Neuhauser, der Entertainer Gunther Emmerlich, der belgische Cross-over-Star Helmut Lotti und der sächsische Trüffeljäger Gunter Kahlo nehmen im Leipziger Studio Platz. Co-Moderatorin ist – auch wie schon früher bewährt – die stets gut vorbereitete Kim Fisher. Die begrüßt am Freitagabend die Zuschauer launig mit: „Neues Jahr, altes Gesicht!“

Doch Kachelmann dämpft Erwartungen: Die erste Sendung war Mitte Dezember aufgezeichnet worden, und er hatte als ersten Gast den „wunderbaren Gunther Emmerlich. Doch ich war sehr angespannt und leicht verkrampft nach all der Zeit ohne TV-Auftritte“, so der Schweizer gegenüber der Sächsischen Zeitung. Erst die zweite Sendung, die am 11. Januar ausgestrahlt wird, „ist so, wie ich es mir gewünscht habe, weil der Druck nicht mehr so groß war“, sagt der Mann, dessen Karriere nach erfundenen Vergewaltigungsvorwürfen einer Freundin 2010 jäh endete.

Wohl wurde Kachelmann rehabilitiert, klagte erfolgreich gegen die Falschbeschuldigerin, Verlage und die Staatsanwaltschaft – doch war er seitdem nicht mehr im Fernsehen zu erleben gewesen. Dass er unverändert schlagfertig sein kann, hat er bei der 2017 mit Angelika Mann im Dresdner Boulevardtheater gestarteten Talkreihe „Kachel & Mann“ bewiesen.

Kein bleibender Schaden

Das Angebot des MDR nennt er „einfach schön. Ich habe mich darüber gefreut und es gerne angenommen.“ Allerdings habe er im Gegensatz zu früheren Moderationen jetzt doch Lampenfieber: „Ich hoffe, dass ich das gut mache. Bei Kim habe ich keine Zweifel. Sie wird es reißen. Doch ich hatte diese lange Pause. Gewisse Basisreflexe gehen noch, aber mein Ziel ist es, dass man möglichst nicht merkt, dass ich zehn Jahre älter geworden bin.“ Kim Fisher freut sich auf die Arbeit mit dem neuen, alten Partner: „Man hat mich immer wieder mal auf die frühere Moderation mit Jörg angesprochen. Wir seien so eine Art Ur-Einheit gewesen ist.“ Und Kachelmann ergänzt: „Man erinnert sich zum Glück nicht an die langweiligen Sendungen, die wir auch gemacht haben. Das ist auch der Druck, der auf mir lastet: Dass es diese Verklärung gibt und man denkt, damals sei es immer lustig gewesen. Aber es war nicht der Fall.“

Kachelmann moderiert am Freitag das "Riverboat" mit seiner früheren Kollegin Kim Fisher.
Kachelmann moderiert am Freitag das "Riverboat" mit seiner früheren Kollegin Kim Fisher. © dpa/Sebastian Willnow

Das Comeback nutzt Kachelmann auch für eine Medienoffensive. Er gibt wenige Interviews, er wählt genau. „Nach meinem Freispruch habe ich mir vorgenommen, ich kriege mein Leben zurück“, sagte er der Wochenzeitung Die Zeit. „Manche haben meine Fernsehabwesenheit wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Es ist ja im Laufe der vergangenen sieben Jahre immer weniger geworden, was man mir vorwerfen konnte. Aber das kam immer: Wenigstens darf er nicht mehr ins Fernsehen!“ Das sei für ihn ein Grund gewesen, wieder als TV-Moderator aufzutreten.

Ob er denn nach all den Erlebnissen, der Haft und den Boulevard-Schlammschlachten gegen ihn überhaupt noch unbedarft moderieren kann? „Warum nicht? Ich habe nicht das Gefühl, einen bleibenden Schaden davongetragen zu haben“, sagte er der Wochenzeitschrift Superillu. Genugtuung? „Ja, selbst als Verbrechensopfer muss man sich den Weg zurück in die Normalität erkämpfen, juristisch zu gewinnen, genügt nicht immer allein.“ Woher er die Kraft zum Kampf gegen Justiz und Presse genommen hat? Er wollte seinem jetzt fünfjährigen Sohn, wenn der später im Internet „den ganzen Scheiß über mich liest, sagen können: Ich habe alles getan, um all den Idioten zu zeigen, was Papa noch hinbekommt. Das war das Entscheidende!“

Dass er dabei auf Twitter „sehr engagiert und polemisch“ unterwegs ist, gibt er freimütig zu. „Ich wollte keinen Krieg, aber allen so lange auf die Nerven fallen, bis sie sich das nächste Mal bei einem anderen Falschbeschuldigten besser überlegen, was sie da tun.“

Der beste Wetter-Mann

Und wie geht es beruflich bei Jörg Kachelmann weiter? Schließlich hat er die Wetterfirma kachelmannwetter.com, die erstaunlich genau zutreffende Vorhersagen mit einer extrem großen Auflösung von einem Quadratkilometer bietet. Eine Rückkehr als Wetter-Mann im Ersten, wo man ihn fallen gelassen hatte, könne er sich nicht vorstellen: „Die ARD wird mich auch nicht fragen.“ Neben „Riverboat“ habe er keine Fernsehpläne. Die wöchentliche Sendung sei nichts, was man an einem Tag mal eben schnell mache. „Auch in meiner Wetterfirma werde ich wohl künftig Aufgaben delegieren müssen, um alles zu schaffen.“

„Riverboat“, freitags, 22 Uhr, MDR