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Einer der letzten Tante-Emma-Läden in der Region Kamenz schließt

Voller Enthusiasmus übernahm Steffi Bürger 2017 den Minimarkt in Kleindittmannsdorf. Am Sonnabend öffnet sie zum letzten Mal. Warum sie sich für die Schließung entschieden hat.

Von Heike Garten
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Ein typischer Tante-Emma-Laden verschwindet: Nach sieben Jahren schließt Steffi Bürger ihr Geschäft im Lichtenberger Ortsteil Kleindittmannsdorf.
Ein typischer Tante-Emma-Laden verschwindet: Nach sieben Jahren schließt Steffi Bürger ihr Geschäft im Lichtenberger Ortsteil Kleindittmannsdorf. © Matthias Schumann

Lichtenberg. Es wird langsam leer in den Regalen des Minimarktes im Lichtenberger Ortsteil Kleindittmannsdorf. Der Zeitungsständer ist schon verschwunden, Honiggläser steht breit verteilt, die Süßigkeitenkörbe leeren sich. Inhaberin Steffi Bürger befindet sich mitten im Abverkauf. Am 23. März 2024 schließen sich die Türen ihres Geschäftes für immer.

Der Minimarkt in Kleindittmannsdorf ist einer der letzten Tante-Emma-Läden der Region. Ein kleines Geschäft, mit fast allen Artikeln, die man im Alltag so braucht. Das geht von A wie Apfel bis Z wie Zahnbürste. Lebensmittel, Drogerie- und Schreibreibwaren gehören genauso zum Angebot wie Getränke, frische Fleisch- und Wurstwaren sowie Brot, Semmeln und Kuchen.

Die Verkäuferin steht hinter der Theke, bedient und kassiert. Und ganz wichtig: Ein kurzer Plausch gehört immer mit dazu. Schließlich ist so ein kleiner Laden nicht nur zum Einkaufen da, sondern auch so etwas wie ein Treff für die Bewohner des Dorfes, um Neuigkeit auszutauschen. In Kleindittmannsdorf und Umgebung hieß es immer nur: „Ich geh' mal schnell zu Steffi“.

Laden gibt es schon seit 1968

Als Konsum wurde der Minimarkt bereits 1968 gebaut und hat seit dem durchweg geöffnet. Nach der Wende führte Bärbel Thalheim 26 Jahre lang den Lagen und übergab ihn im November 2017 an Steffi Bürger. Diese wusste bereits damals, dass es eine Herausforderung wird, allein so einen Laden zu führen. Doch die Familie stand und steht hinter ihr, so dass sie sich für die Übernahme entschied. „Ohne Laden stirbt ein Dorf. Er soll ein Treffpunkt für alle Einwohner sein“, sagte sie damals.

Seitdem sind knapp sieben Jahren vergangenen. Es gibt mehrere Gründe, die die heute 49-Jährige bewogen haben, die Reißleine zu ziehen und den Minimarkt zu schließen. „Die Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen. Wir haben lange in der Familie beraten. Letztlich ist es aus wirtschaftliche Gründen für mich nicht mehr tragbar“, sagt Steffi Bürger.

Umsatzzahlen gingen immer weiter nach unten

In allen Bereichen haben sich die Kosten durch gestiegene Preise für Energie und Dienstleistungen sowie durch die Inflation erhöht. „Die Leute müssen sparen und überlegen genau, wofür sie Geld ausgeben“, sagt sie. Das wirke sich letztlich auch auf ihr Geschäft aus.

Einer der Hauptgründe für die Schließung ist, dass die Umsatzzahlen immer weiter nach unten gingen. „Die Waren kosten bei mir vielleicht ein paar Cent mehr als im Supermarkt, aber die Leute müssen, wenn sie dorthin fahren, auch an den Spritverbrauch und die Zeit denken“, sagt sie. Es wurden leider immer weniger Kunden, auch wenn diese sogar aus Lomnitz, Großnaundorf oder Lichtenberg ins kleine Kleindittmannsdorf kamen.

Zulieferer kündigten Verträge

Ein weiterer Grund ist, dass mehrere Zulieferer, wie zum Beispiel der Mühlenbäcker in Ottendorf oder eine Gärtnerei, den Minimarkt gar nicht mehr beliefert haben, weil die Abnahmemengen für sie zu gering waren. Das schränkte das Angebot.

Steffi Bürger hat sich in all den Jahren bemüht, auf die Kunden zuzugehen und Besonderes anzubieten. Wichtig war ihr dabei immer die Regionalität der Produkte. In der Corona-Zeit hatte sie alles besorgt, was anderswo fehlte: Toilettenpapier oder Nudeln. Als das Speiseöl in den Supermärkten knapp wurde, besorgte sie sich im Großhandel einen Kanister, aus dem sich dann die Kunden bei ihr das Öl in kleine Flaschen abfüllen konnte. Sie lieferte in der Zeit Waren auf Bestellung aus, wenn die Leute selbst das Haus nicht verlassen konnten.

Am Sonnabend zum letzten Mal geöffnet

Am 23. März 2024 ist also zum letzten Mal geöffnet, an einem Sonnabend. „Die Semmelbestellungen für das Wochenende werden dann letztmalig abgearbeitet. Bis zu diesem Datum will Steffi Bürger versuchen, noch so viele Waren wie möglich zu verkaufen. Außer Frischprodukten ordert sie nicht Neues mehr, aber auf Kundenwünsche wird sie bis zum letzten Tag eingehen und versuchen, das möglich zu machen, was geht.

Lichtenbergs Bürgermeister Thomas Wuttke (parteilos) findet es schade, dass der Laden schließt. „Es ist aber eine privatwirtschaftliche Entscheidung der Eigentümerin, die man akzeptieren muss“, sagt er. Es falle wieder ein sozialer Treffpunkt in der Gemeinde weg, und das sei eigentlich das Schlimmste, vor allem für die älteren Menschen im Ort. „Wir haben aber in unserer Gemeinde noch den großen Vorteil eines halbstündigen Busanschlusses zwischen 6 und 18 Uhr, so dass die Bürger nach Pulsnitz oder Radeberg zum Einkaufen fahren können“, sagt er. Vielleicht war es ja auch diese Tatsache, dass die Kunden eben nicht nach Kleindittmannsdorf, sondern in eine der benachbarten Städte gefahren sind.

Weiter im Heimatverein des Ortes aktiv

Für Steffi Bürger beginnt jetzt ein neuer Lebensabschnitt. Vor allem möchte sie sich bei ihrer Familie, ihren Eltern und ihrer Schwester bedanken, die sie in all den Jahren beim Einkaufen, Organisieren, der Schaufenstergestaltung oder bei Wartungsarbeiten unterstützt haben. Ein herzliches Dankeschön geht auch an die Kunden, die ihr vom ersten bis zum letzten Tag die Treue hielten, und letztlich auch an die Zulieferer, die den Markt mit Waren der Region versorgt haben.

Was sie künftig beruflich macht, das klärt Steffi Bürger gerade. Für die Gemeinschaft wird sie auch weiterhin im Ort als Vorsitzende des Heimatvereines Lichtenberg-Kleindittmannsdorf aktiv sein.