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Oberlausitz bekommt ersten Drohnenflughafen

Das Netzwerk 3D-Aero in Kamenz will den Gütertransport mit unbemannten Elektro-Drohnen etablieren. Jetzt folgt dafür der nächste Schritt.

Von Reiner Hanke
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So soll der erste Drohnenflughafen in der Oberlausitz aussehen. Planer stellten das Projekt jetzt erstmals in Kamenz vor.
So soll der erste Drohnenflughafen in der Oberlausitz aussehen. Planer stellten das Projekt jetzt erstmals in Kamenz vor. © privat

Kamenz. Im Video ist der Anflug auf den Drohnen-Flughafen spektakulär und Andreas Schumann begeistert. Zu sehen ist ein Vertiport – verti steht für vertikale Landung, Port für Hafen. Im Video parken bereits mehrere Drohnen auf dem futuristisch anmutenden Gebäude. Das soll in der Oberlausitz Realität werden.

Der Kamenzer Andreas Schumann, Fachmann für Antriebstechnik, ist im Vorstand des Vereins 3D-Aero und fürs Thema Vertiports verantwortlich. Der Trägerverein koordiniert das ganze Netzwerk rund um das Kompetenzzentrum fürs autonome – also unbemannte – elektrische Fliegen, das sich von Kamenz aus entwickelt. Im Herbst 2020 trafen sich erstmals einige Drohnen-Visionäre auf dem Kamenzer Flugplatz. Jetzt soll der erste Vertiport – also Drohnen-Flughafen – entstehen.

Zwar nicht direkt in Kamenz, aber in der Nachbarschaft zwischen Kamenz und Bautzen. Der genaue Standort sei noch nicht spruchreif, bis alle Verträge unterzeichnet sind, sagt Schumann. Es handele sich um ein Grundstück von 4.000 Quadratmetern. Im kommenden Jahr soll Baustart sein.

Im Juli beginnen erste Tests im neuen Hangar

Die Firma Bautechnik Green-Bee aus dem Saarland, auch Teil des Netzwerkes 3D-Aero, hat die Pläne für ein solches Drohnen-Lande-Gebäude jetzt erstmals in Kamenz vorgestellt. Zuvor erregte der Entwurf bereits in Fachkreisen Aufsehen.

Fünf Etagen vom Keller bis zum dritten Stock über dem Erdgeschoss sind vorgesehen: mit Büros, Besprechungsräumen, Wartungsservice für die Drohnen, Ladeservice für die Batterien, Räumen für die Drohnen-Piloten, vielleicht auch einem Café. Das alles auf gut 2.100 Quadratmetern Gebäudefläche. Neun Millionen Euro soll das Ganze kosten. Es wäre einmalig in Europa, versichern die Drohnen-Netzwerker.

Der Kamenzer Peter Pfeifer ist Vorsitzender des Vereins 3D-Aero, der in Kamenz das elektrische und autonome Fliegen mit Drohnen vorantreibt.
Der Kamenzer Peter Pfeifer ist Vorsitzender des Vereins 3D-Aero, der in Kamenz das elektrische und autonome Fliegen mit Drohnen vorantreibt. © SAE Sächsische Zeitung

Das Gebäude werde weitgehend aus Holz entstehen. Die statischen Eigenschaften seien hervorragend, erklärt Marcus D’Angelo-Kresse von der Firma Bautechnik Green-Bee, die den Vertiport nach den Vorstellungen des Netzwerks entwickelt hat. So könnte selbst ein drei Tonnen schwerer ADAC-Hubschrauber darauf landen. Das ist allerdings eher theoretisch.

In Planung für das kommende Jahr sind erste Tests mit Fluggeräten mit einer Startmasse bis zu 100 Kilogramm, erklärt Andreas Schumann. Also keine Drohnen für den Hausgebrauch. Für Tests steht bereits ein neuer Hangar, der in einem reichlichen Jahr Bauzeit entstanden ist, zur Verfügung – auch ein Projekt von Netzwerkmitgliedern, die in der Drohnentechnik eine große Zukunft sehen. "Ab Juli kann nun getestet werden", erklärt 3D-Aero-Vereinsvorsitzender Peter Pfeifer. Unabhängig von Wind und Wetter.

70 Partner sind am Drohnen-Netzwerk beteiligt

Das Testlabor brauchen die Netzwerker für die Entwicklung von Spezialdrohnen. So können zum Beispiel auch Forscher der Technischen Universität Dresden oder der Cottbuser Universität die Möglichkeiten hier nutzen.

Wissenschaftler von insgesamt sieben Universitäten mischen im Netzwerk mit, Techniker, Software- und Netzwerkspezialisten, aber auch Kommunen. Dazu Logistiker und Baufachleute aus neun Bundesländern, die von Kamenz aus mit autonomer Flugtechnik durchstarten wollen. 70 Partner sind es insgesamt. 29 Projekte laufen derzeit.

Darin befassen sich Dresdner TU-Forscher unter anderem mit dem 5G-Funknetz für die Drohnensteuerung. Und die Vertiports sollen sogar unabhängig vom Stromnetz mit Energie aus sogenannten Hybridspeicherkraftwerken betrieben werden – auch eines der Projekte eines Partners. Natürlich sei der 3D-Aero-Verein bestrebt, die Firmen in die Region zu ziehen, um hier Jobs in einer neuen zukunftsträchtigen Branche zu schaffen, sagt Peter Pfeifer. Der Vertiport-Spezialist Green-Bee habe das bereits signalisiert.

Per Drohne wollen die Fachleute Transportwege vereinfachen und verkürzen, den Straßenverkehr entlasten. Ein potenzieller Partner wäre die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen. Die soll nach Bischofswerda ziehen. So könnten Blut- und Gewebeproben bequem per Luftfracht befördert werden.

Auch in Bautzen ist ein Vertiport geplant

Bis zu vier Vertiports plant das Netzwerk in den kommenden Jahren in der Oberlausitz, einen Standort auch in Bautzen. Das Netz soll sukzessive wachsen.

Auch in Kamenz hat das Drohnen-Netzwerk ein Areal im Blick. Dort sollte eigentlich der erste Luftfracht-Vertiport entstehen. Dazu gebe es immer noch Gespräche mit dem Bau- und Immobilienmanagement des Freistaates über das Grundstück - die seien allerdings zäh. Die Hoffnung auf Erfolg schwinde so langsam.

Kamenz bleibe aber in jedem Fall Zentrum für die Entwicklung dieser neuen Mobilität, sagt Peter Pfeifer. Die Aufgaben würden immer vielfältiger und aufwendiger. So soll im Juli die professionelle Ausbildung von Drohnenpiloten beginnen.

Ein anderes Projekt ist jetzt gestartet. Als erster Pilot am Drohnen-Kompetenzzentrum lässt der Kamenzer Florian Helm Spezial-Drohnen über Wälder und Felder fliegen. Allerdings noch nicht im Güterverkehr. Sie starten und landen derzeit zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest, um kranke Tiere und Wildschweinrotten aufzuspüren.

Florian Helm (l.) und Frederic Braun befassen sich mit aktuellen Entwicklungen der Drohnentechnologie für autonomes Fliegen. Florian Helm studierte Elektrotechnik an der TU Dresden und beschäftigte sich in seiner Diplomarbeit mit Einsatzgebieten für Drohn
Florian Helm (l.) und Frederic Braun befassen sich mit aktuellen Entwicklungen der Drohnentechnologie für autonomes Fliegen. Florian Helm studierte Elektrotechnik an der TU Dresden und beschäftigte sich in seiner Diplomarbeit mit Einsatzgebieten für Drohn © Anne Hasselbach