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Kamenzer Forstfest: Warum es 2023 im größten Festzelt neue Wirte gibt

Seit Jahrzehnten hat der "Goldne Hirsch" die "Schweizer Baude" auf dem Festplatz im Kamenzer Forst bewirtschaftet. Doch nun gibt es kurzfristig einen Wechsel.

Von Ina Förster
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Noch herrscht Ruhe vor dem Sturm, aber bald wird hier die Schweizer Baude, das größte Festzelt beim Rummel zum Kamenzer Forstfest, stehen. Erstmals werden sie Mario und Kerstin Osmani vom Ristorante "La Piazza" bewirtschaften.
Noch herrscht Ruhe vor dem Sturm, aber bald wird hier die Schweizer Baude, das größte Festzelt beim Rummel zum Kamenzer Forstfest, stehen. Erstmals werden sie Mario und Kerstin Osmani vom Ristorante "La Piazza" bewirtschaften. © Matthias Schumann

Kamenz. Untrennbar ist die "Schweizer Baude" mit dem Kamenzer Forstfest verbunden. In dem größten Festzelt auf dem Festplatz mitten im Wald wurde schon so manche Nacht zum Tag gemacht. In den letzten Jahrzehnten bewirtschaftete das Team des Hotels "Goldner Hirsch" die Gastronomie. Doch in diesem Jahr ist alles anders.

Es gibt einen kurzfristigen Wirtswechsel. Mario und Kerstin Osmani vom Ristorante "La Piazza" am Kamenzer Markt übernehmen das Ruder in der "Schweizer Baude". "Für diese Entscheidung hatten wir wenig Zeit, nur ein paar Wochen", erzählen sie. Die Stadt habe kurzfristig einen Betreiber gesucht. Seitdem stehen sie "unter Strom" und bereiten sich auf zehn turbulente Forstfesttage vor. Denn erstmals wurde der Rummel im Forst auf Bitten der Schausteller um drei Tage verlängert.

Erschrocken über neue Gebühren fürs Festzelt

Jens Ueberfuhr, der Wirt vom "Goldnen Hirsch", sagt, dass er und sein Team die "Schweizer Baude" eigentlich wie immer bewirtschaften wollten. Die Verträge mit Händlern, Zeltvermietern und Technik seien seit Langem abgeschlossen gewesen. Doch dann sei ihm im Mai der neue Gebührenbescheid der Stadt ins Haus geflattert: Ein Schock!

Zu Buche standen statt der bisher verlangten 1.370 Euro ganze 4.400 Euro. "Das ist ein Sprung von 320 Prozent. Ich habe Verständnis für Erhöhungen, langsam hat man sich ja daran gewöhnt. Aber diese Veränderung war für uns nicht nachvollziehbar", sagt Ueberfuhr. Und diese Summe sei auch nicht leistbar, denn damit sei ja noch nichts anderes bezahlt - kein Personal, keine Bühnentechnik, keine Künstler, kein Strom, kein Wasser.

2022 baute Jens Ueberfuhr mit seinem Team noch die "Schweizer Baude" auf im Kamenzer Forst. 2023 legt der Wirt eine Pause ein.
2022 baute Jens Ueberfuhr mit seinem Team noch die "Schweizer Baude" auf im Kamenzer Forst. 2023 legt der Wirt eine Pause ein. © Archivfoto: Matthias Schumann

"Wir haben uns mit dem Team hingesetzt, mit den Lieferanten beratschlagt - alle waren sich einig: Das kann nicht funktionieren", sagt der erfahrene Wirt. Man trage zudem das Risiko des Wetters, der unterschiedlichen Auslastung. Und so kündigte Jens Ueberfuhr die Verträge mit seinen Lieferanten und gab der Stadt einen Korb.

Vor ein paar Monaten hatten die Stadträte auf Antraten der Stadtverwaltung die neue Gebührenordnung für den Festplatz beschlossen. Die Gebühren waren zuvor seit Jahren nicht verändert worden. Doch mit solch einer drastischen Erhöhung habe er nicht gerechnet, sagt Ueberfuhr. "Ein persönliches Gespräch im Vorfeld mit den Festplatz-Wirten wäre meiner Ansicht nach angebracht gewesen", sagt er. Zwar gab es dazu eine Info-Veranstaltung. Jedoch sei er zu diesem Termin aus wichtigen privaten Gründen verhindert gewesen, so Ueberfuhr. "Als man das Gespräch mit uns suchte, war es zu spät."

Das sagen Stadträte zur Gebührenerhöhung

"Der Stadtrat folgte einer Empfehlung der Stadtverwaltung. Und diese hat sich mit dem Forstfest-Komitee ins Benehmen gesetzt. Dort wurde die neue Kostensatzung ausführlich beraten, danach ging sie in die Ausschüsse. Es gab dazu umfangreiche Diskussionen", sagt Stadtrat Alex Theile (Linke). Seine Fraktion habe sich damit ausführlich auseinandergesetzt. Man habe auch gesehen, dass es teuer ist. Und man sehe nun mit Sorge, dass die erhöhten Kosten auf die Bürger umgelegt werden.

"Wir haben zugestimmt, weil die Überarbeitung dennoch überfällig war. Aber auch, weil eine Ausnahmeregelung vorgesehen ist für den Fall, wenn die Gebühren einen Betreiber übermäßig belasten und es deshalb zum Nichtaufstellen seines Betriebes kommt", so Theile.

Auch Stadtrat Jens Krüger (Wählervereinigung Kamenz & Ortsteile) verteidigt den Beschluss, wenngleich er alle Seiten verstehen könne. "Eigentlich war es unser Ansinnen, dass mit allen Beteiligten im Vorfeld gesprochen wird. Die Festplatzordnung ist nicht in Stein gemeißelt, wenn ein Beteiligter damit Schwierigkeiten hat, hätte man das besprechen können", sagt er. Hier fehlte es seiner Ansicht nach an der richtigen Kommunikation von beiden Seiten.

Dass die Gebührenordnung überarbeitet werden musste, sei aber unumgänglich gewesen. In vielen Bereichen seien die Preise stark gestiegen. Die Stadt habe reagieren müssen. Andere Zelt- und Standbetreiber hätten sich nicht daran gestoßen, so Krüger.

Jeden Abend Musik im Zelt, Frühschoppen für Senioren

Kerstin und Mario Osmani sind nun in die Bresche gesprungen. Geplant gewesen sei das nicht, aber sie wollen die Herausforderung annehmen. Im Nachgang werde man sehen, ob die Rechnung aufgeht. Das Wichtigste für sie: "Wir haben genügend Personal gefunden und Helfer", sagt der La Piazza-Wirt. Alles andere sei ebenfalls unter Dach und Fach: ein großes Zelt, die Gastro-Ausstattung, Bühnentechnik, Aufbauhelfer, Deko und die Kultur. "In einem großen Zelt ist das wichtig", weiß Kerstin Osmani, die die Geschicke auf dem Festplatz übernehmen wird, während ihr Mann das Restaurant weiterführt. Das Zelt bekomme auch einen extra Namen, der noch geheim ist.

Jeden Abend versprechen die Wirte Livemusik oder DJ-Unterhaltung - von Folk über Blues bis Feten-Hits. Und erstmals wird es Dienstagvormittag einen Frühschoppen für Seniorenheime und Tagespflegen geben mit dem Blasorchester der Lessingstadt. "Diese Klientel wurde bislang stiefmütterlich behandelt", sagt die Wirtin.

Zur Eröffnung des Forstfestes am 18. August wird sich das Team vom "La Piazza" mit dem "Goldnen Hirsch" die Bewirtschaftung des Marktes teilen. "Wir wollen keinen Streit, sehen uns nicht als Konkurrenz", sagt Mario Osmani. Und Jens Ueberfuhr meint: "Wir rücken 2023 in die zweite Reihe, schauen uns das Ganze mal aus der Ferne an. Was nächstes Jahr ist, steht auf einem anderen Blatt!" Das Gute: Der Forst wäre groß genug für beide Wirte.