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Von Sachsen nach Singapur: Extremradler berichtet in Kamenz von seiner Tour

Stefan Frotzscher aus Coswig bereist mit dem Fahrrad die ganze Welt. Am Sonntag erzählt der 71-Jährige in Kamenz von unvergesslichen Momenten und Strapazen.

Von Torsten Hilscher
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Am Ziel in Singapur! Stefan Frotzscher aus Coswig nach seiner zehnmonatigen Radtour.
Am Ziel in Singapur! Stefan Frotzscher aus Coswig nach seiner zehnmonatigen Radtour. © privat

Kamenz. Rentner Stefan Frotzscher ist, wenn man so will, der ideale Gatte fürs Alter: Als Ehefrau weiß man immer, was er gerade tut, er hört aufs Wort, und er ist daheim nicht im Weg.

Wenn da nur nicht die langen Radfahrten wären. "Meine Tour nach Singapur dauerte zehn Monate", sagt Frotzscher mit einem schelmischen Lächeln. "Ich habe dabei 15 Länder und zwei Kontinente durchquert. Davon handelt mein Bericht in Kamenz."

„Bis zum Ende der längsten Straße – Eine Fahrradtour von Coswig nach Singapur" ist sein Multimediavortrag überschrieben, der am Sonntag, dem 5. November 2023, um 17 Uhr im Stadttheater Kamenz beginnt. Multimedia meint hier Beamer und Soundbegleitung. Zu hören sind Musiken der bereisten Länder, Atmosphärisches und originale Sprachproben von unterwegs.

In Coswig zwischen Meißen und Radebeul wiederum wohnt der promovierte Elektro-Ingenieur. Von hier aus starten die meisten seiner Fernfahrten. Doch genau genommen betreibt er die Extremradelei noch gar nicht so lange.

Fernfahrer mit dem Rad erst seit 2004

"Radfahrer bin ich seit meiner Jugend. So weit, so normal. Das mit den Fernfahrten aber startete erst 2004", so der 71-Jährige. Damals hieß die Route Chemnitz-Kapstadt-Coswig. Ein Abenteuer in zig Etappen, das so zunächst gar nicht geplant war. Doch nach jedem erreichten Abschnitt sagte sich der inzwischen als Informatiker Tätige: "Ein Stück geht noch." Letztlich standen 58.000 Kilometer auf dem Tacho. "Genau gemessen, ohne jegliche Schummelei" - das ist dem Ingenieur wichtig.

Damals verlief die Reise noch zeitversetzt. Das erste Jahr ging es von Sachsen aus im Sattel "nur" bis Athen. Im Jahr darauf erfolgte der Start in Athen, dann ging es bis nach Kairo. Es folgten die Ziele Syrien, Israel, anschließend das sudanesische Khartum bereits in Afrika. "Nach meiner Ankunft in Kapstadt sagte ich mir: Warum nicht auch zurück radeln?!" Gesagt, getan, der agile Sachse trat weiter in die Pedale und kam über Westafrika zurück. Wohlbehalten?

"Wohlbehalten! Afrika ist auch nicht gefährlicher als Deutschland. Wenn etwas auf meinen Touren gefährlich war, dann der Straßenverkehr", betont er. Überhaupt wäre er in keinem einzigen Moment seiner internationalen Radtouren je in Lebensgefahr gewesen. Im Gegenteil: Überall habe er Unterstützung und Toleranz erfahren.

Im Iran zum Beispiel stieß sich seinen Angaben zufolge niemand an den halblangen, eng anliegenden Radlerhosen. Wenngleich, so räumt er selbst ein, der Umgang mit ihm sicher aus touristischer Sicht zu werten ist. Dürfen doch, wie bekannt, Frauen nicht einmal die Kopfbedeckung "unkorrekt" sitzen haben. Sonst geraten sie sofort ins Visier der Moral- und Sittenpolizei.

Ehefrau verfolgt Touren von daheim akribisch

Frotzschers Frau konnte in diese Verlegenheit erst gar nicht kommen. Sie muss bei sämtlichen Touren aus gesundheitlichen Gründen daheim bleiben. Seine Fernfahrten "toleriere" sie, sagt er nach kurzem Nachdenken auf Nachfrage. Von Coswig aus hält sie Funkkontakt mit ihrem Mann, immer Landkarten und Wegeverläufe vor sich. "Sie fährt virtuell mit", sagt er.

Bei der großen Fahrt bis Singapur, die er von 2018 bis 2919 absolvierte, hatte er auch körperlich anwesende Begleiter. Konkret eine deutsche Reisegruppe. Denn eigentlich wollte auch Frotzscher gar nicht weiter als bis China. Gemeinsam durchquerte man zunächst 90 Tage lang Russland per Rad, dann die Mongolei. "Dort begleitete uns zum Glück ein Auto fürs Gepäck", so der Abenteurer. "Darin auch unsere Zelte. Schließlich gibt es in der Wüste Gobi kein Hotel, sodass wir im Freien übernachten mussten." Ein deutscher Reiseleiter habe sie begleitet, der perfekt chinesisch sprach.

"Er war es auch, der mich für die gar nicht geplante Alleinweiterreise nach Singapur präparierte." Der Reiseleiter habe ihn mit den wichtigsten Kenntnissen für seine Solotour durchs "restliche" China ausgestattet, darunter auch mit vorgemalten Zettelchen, die Frotzscher später bei allzu komplizierten Verhältnissen einem einheimischen Gegenüber vorzeigen konnte. Tatsächlich halfen die aufgemalten Schriftzeichen da und dort unkompliziert weiter.

Der Coswiger Weltenbummler Stefan Frotzscher auf der Stadtmauer von Da Tong (China).
Der Coswiger Weltenbummler Stefan Frotzscher auf der Stadtmauer von Da Tong (China). © privat

Nach besagten zehn Monaten war er am Ziel. Zehn Monate... "Ja, das ist eigentlich kein Urlaub mehr, das ist schon ein Lebensabschnitt", sagt Frotzscher nachdenklich. "Das merke ich bei jeder Rückkehr." Und trotzdem zieht es ihn immer wieder auf den Sattel. Gerade erst ist er von einer nicht unkomplizierten Rad-Reise nach Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan, zurückgekehrt. Einer Fahrt unter ständiger Bewachung und auch sonst nicht ohne Strapazen. Insgesamt hat der Unruhegeist aus Coswig bislang 100 Länder mit dem Rad bereist.

Nun freut er sich auf den Sonntag in Kamenz. "Hier bin ich gern, hier sind die Leute richtig neugierig", sagt er. Es ist bereits sein zehnter Auftritt in der Lessingstadt. So oft ist er in noch keine Stadt zurückgekehrt. Bisherige Auftrittsorte waren unter anderem die Sparkasse, das frühere "Stadt Dresden" und der "Goldene Hirsch". Am Stadttheater gefällt ihm die Fülle der Plätze.

Für den Vortrag am Sonntag, dem 5. November 2023, um 17 Uhr im Stadttheater Kamenz gibt es noch Karten, auch an der Abendkasse. Der Preis pro Ticket beträgt in Vorverkauf (Kamenz-Information, Schulplatz 5, Sa/So 11-16 Uhr) 15 Euro, ermäßigt 13 Euro. An der Abendkasse kostet das Normalticket 17 Euro, das ermäßigte Ticket 15 Euro.