Neue Ausstellung in Rietschels Geburtshaus

Pulsnitz. Eine schöne Winterlandschaft ist zu sehen, der Schnee so klar, ein einsamer Mann auf einem Feldweg. Meisterhafte Ansichten von Städten und Dörfern, von Landschaften und Menschen werden gerade im Geburtshaus von Ernst Rietschel in Pulsnitz gezeigt, um die 50 Holzschnitte und zehn Zeichnungen von Kurt Grässel. Viele entstanden in den 1950er- bis 1980er-Jahren ganz in der Nähe, in Kleinröhrsdorf. Dort lebte der Künstler, bis er im späten Alter seine große Liebe fand und zu ihr nach Dresden zog.
Sabine Schubert, die Vorsitzende des Ernst-Rietschel-Kulturringes, zeigt die Bilder zu seinem 100. Geburtstag als erste Schau an einem der drei Ausstellungsorte in Pulsnitz, die unter ihrer Regie laufen. Kurt Grässel kannte sie persönlich. „Er war ein äußerst liebenswürdiger Mensch“, sagt Sabine Schubert. 1921 wurde er in Oelsnitz geboren, lernte Schlosser, arbeitete in Leipzig und heiratete, doch die erste Ehe hielt nicht. Nach der Scheidung ließ er sich 1953 in Kleinröhrsdorf nieder und arbeitete in der Gurt- und Bandweberei S. E. Schöne.
Für die große Liebe die Oberlausitz verlassen
Mit Kunst hatte er sich schon in Leipzig beschäftigt. Sein erster Holzschnitt entstand im Mal- und Zeichenzirkel in Radeberg, wo ihn der Leiter Rosso Majores dazu ermutigte. Ihm habe er viel zu verdanken, sagte Kurt Grässel. Er sei ein guter Pädagoge gewesen, ein Ratgeber und Freund. Seine größte Kritikerin und größte Verehrerin war seine zweite Frau Erika Schmidt. „Die Fotografin hält ihm schon einmal den Regenschirm, damit er in Ruhe und im Trockenen skizzieren kann“, ist 1999 in der Sächsischen Zeitung zu lesen. Zwölf Jahre zuvor verließ er für sie die Oberlausitz, 2008 starb er in Dresden.
Auf den Bildern in der Galerie sind jetzt auch ein Seemann zu sehen, die Mutter von Kurt Grässel und ein Selbstporträt. Die Ausstellung entstand mit der Arbeitsgemeinschaft Ortschronik des Fördervereins Kleinröhrsdorf. Zwei Sammler aus der Region stellten die Werke bereit. „Er hat sein Handwerk perfekt beherrscht“, schwärmt Sabine Schubert.

Auch die Zeitung lobte ihn damals, als er mit 77 Jahren die erste Personalausstellung im Schloss Klippenstein hatte: „Seine Stadtansichten von Bautzen, Auerbach im Erzgebirge sowie Kleinröhrsdorf sind mit großer Liebe und einem Blick fürs Detail entstanden. Sie sind so genau, dass der Betrachter gleich loslaufen möchte, um nachzuschauen, ob's denn wirklich noch so aussieht.“
Lange vorher widmete ihm die Zeitschrift Volkskunst einen Beitrag mit dem Titel „Im Kaukasus“, der sich auf eine 16-tägige Reise 1972 bezog. „Kurt Grässel ist ein erfahrener Holzschneider“, heißt es dort. Bereits 1967 habe ihn eine „Hobby-Reise für Maler“ über die Neue Berliner Illustrierte in die Sowjetunion geführt.
Wie Ernst Rietschel nach Italien gereist
Als ihn Sabine Schubert kennenlernte, war er bereits Rentner. Er hat oft seine Arbeiten verschenkt, berichtet sie. „Er kam nie ohne ein kleines Blättchen.“ Und natürlich ist er in der Chronik von Kleinröhrsdorf verzeichnet. „Wer hat nicht gerne einen bedeutenden Sohn?“, fragt die Vorsitzende des Kulturringes. Hier zählen solche Worte besonders, im Geburtshaus von Ernst Rietschel, dem großen Bildhauer, der Werke wie das Goethe-Schiller-Denkmal in Weimar schuf und den Giebel, der im Burgtheater in Bautzen zu sehen ist.
Gemeinsamkeiten mit Kurt Grässel finden sich auch. So sind beide nach Italien gereist. Im 19. Jahrhundert war das für Rietschel allerdings noch beschwerlicher. Es ging große Stücke zu Fuß, manchmal auf einem Pferdewagen voran. Als er in den Alpen unterwegs war, kippte das Gefährt um. Sie hätten sich nichts getan, schrieb er an seine Familie.
Ausstellungen in Schloss-Klinik müssen noch warten
Sabine Schubert weiß das deswegen so genau, weil der Kulturring gerade einen neuen Band in der Schriftenreihe „Ernst Rietschel im Spiegel seiner Korrespondenzen“ herausgegeben hat: „Meine innigst geliebte Mutter, liebe Schwestern“ mit 36 Briefen aus den Jahren 1823 bis 1845.
Die diesjährigen Pläne für die beiden anderen Ausstellungsorte in Pulsnitz hat die Vorsitzende des Kulturrings auch mitgebracht. In der Ostsächsischen Kunsthalle zeigt sie ab Anfang April Figuren des Bildhauers Helmut Heinze, der Professor für Plastik an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden war, und Figurinen der Kostümbildnerin Erika Simmank-Heinze. Anlass sind der 90. und 95. Geburtstag des Künstlerpaares. Dafür arbeitet sie mit privaten Leihgebern und Museen in Dresden und Berlin zusammen.
Nur mit den Ausstellungen in der Klinik im Schloss Pulsnitz muss sich Sabine Schubert noch gedulden. Dort sind vorerst lediglich Besuche für Patienten möglich. Spätestens im Sommer soll es auch in dieser Galerie weitergehen. Die Kunstsammlung des Kulturringes stellt nacheinander vier Schenkungen vor: Werke von Angelika Johne, geborene Böhme, Horst Weber, Ludwig A. Böhme und „Weihnachten unter Glas – Stiche und Drucke aus dem 19. Jahrhundert“.
Ausstellung "Kurt Grässel – Holzschnitte" im Geburtshaus Ernst Rietschels in Pulsnitz, Rietschelstraße 16, bis 20. März, geöffnet jeden Sonntag 14 bis 17 Uhr