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Umstrittene Publizistin und Journalistin: Gabriele Krone-Schmalz spricht in Kamenz

Ob Buchautorin, "Putin-Versteherin" oder Vortragsreisende - Gabriele-Krone Schmalz steht für Polarisierung. Vor ihrem Auftritt in Kamenz sprach Sächsische.de mit ihr.

Von Torsten Hilscher
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Die Publizistin Gabriele Krone-Schmalz ist am 25. Oktober zu Gast in Kamenz.
Die Publizistin Gabriele Krone-Schmalz ist am 25. Oktober zu Gast in Kamenz. © PR/Peter Turnley/corbiss

Kamenz. Dieser Abend ist Chefsache. Weil der geplante Vortrag von Gabriele Krone-Schmalz am 25. Oktober 2023 im Stadttheater Kamenz ausverkauft ist, sucht Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos) buchstäblich hinter den Kulissen nach einer Lösung, dieser: Schmalz' Ansichten sollen per Stream in Nachbarräume übertragen werden. Gerade laufen technische Tests.

Der Saal des Stadttheaters Kamenz. Im Bild eine Veranstaltung mit Armin Mueller-Stahl. Am 25. Oktober 2023 tritt Gabriele Krone-Schmalz hier auf.
Der Saal des Stadttheaters Kamenz. Im Bild eine Veranstaltung mit Armin Mueller-Stahl. Am 25. Oktober 2023 tritt Gabriele Krone-Schmalz hier auf. © René Plaul

Derart politisches Interesse ist in der Lessingstadt nicht mal an Wahlabenden zu beobachten. Doch die ehemalige Moskau-Korrespondentin der ARD hat inzwischen wieder viele Fans in Ost und West, obwohl Kolleginnen und Kollegen von ihr abrücken. Oder vielleicht auch gerade deshalb. Ist allein sie es, die noch Worte wagt, wo andere Medien verstummt sind, so der Tenor auf ihre Abende.

Wirbt doch Krone-Schmalz ungeachtet der Eskalationen auf ukrainischem Territorium zumindest um Verständnis für Moskau und seinen Herrscher. Entgegen aller Kritik; Kritik, die nicht selten bösartig ausfällt. Doch: "Von bösartiger Kritik sollte man sich nicht beeindrucken lassen. Bei sachlicher Kritik sieht das anders aus", so Krone-Schmalz im Gespräch mit Sächsische.de im Vorfeld ihres Auftritts.

"Ich finde es nach wie vor abenteuerlich, wenn verstehen im Sinne von begreifen automatisch mit Verständnis haben gleichgesetzt wird. Für besonders enttäuschend halte ich in diesem Zusammenhang das Verhalten mancher Wissenschaftler, die in diesen aufgeheizten Zeiten offenbar der Versuchung erliegen, ihre persönlichen Einschätzungen und Meinungen als Stand der Wissenschaft anzubieten, obwohl sie sich mit den angesprochenen Themen in ihrer Forschung gar nicht beschäftigt haben. Zum Glück wird dieser Umstand jetzt auch in wissenschaftlichen Publikationen thematisiert, nach dem Motto: Wissenschaft ist das eine, Aktivismus das andere."

Publizistin ist in der Wissenschaft umstritten

Der Bezug zum Thema Wissenschaft hat einen recht aktuellen Hintergrund. Im Januar obsiegte die Münchner Historikerin Franziska Davies juristisch gegen Krone-Schmalz. Das Landgericht Köln entschied, "dass meine Kritik an den Aussagen und Büchern von Gabriele Krone-Schmalz zulässig ist", so die Wissenschaftlerin und Osteuropaexpertin auf Twitter, heute X (Beschl. v. 23.01.2023, Az. 28 O 355/22).

Davies hatte Krone-Schmalz nämlich - hier stark verkürzt formuliert - vorgeworfen, unwissenschaftlich zu arbeiten oder zumindest neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu Russland und zum Konflikt im Osten zu ignorieren. Sogar von "Falschaussagen" war die Rede. Krone-Schmalz ging dagegen mit einer Abmahnung vor, verlangte Unterlassung. Davies ihrerseits drohte mit einer Feststellungsklage. Das Gericht stufte die Äußerungen der Wissenschaftlerin vorwiegend als Meinungsäußerungen ein, die Krone-Schmalz hinzunehmen habe. Daraufhin lenkte diese ein.

Ein anderer Osteuropaexperte reibt sich nicht nur an Inhalten. Er stellt auch gleich die Bedeutung Krone-Schmalz' selbst in Frage: der Politikwissenschaftler Andreas Umland. Für ihn ist gar nicht sie "das Problem", vielmehr "Medien, Verlage und andere Institutionen". Die nämlich spendeten "dieser in der Russland-Forschung belächelten Publizistin absurde Hochachtung"...

Wer kommt zum ausverkauften Vortrag in Kamenz?

Wer aber kommt nun zu den Vorträgen? In Kamenz wetten Beobachter auf eine Melange aus Russland-Fans des AfD-Lagers und alten Genossen der DDR-Militärfliegerszene. Die Vortragende selbst widerspricht: "Im Gegenteil, zu meinen Vorträgen kommt die sogenannte Mitte der Gesellschaft, die an breiterer Information interessiert ist, um daraus selbst ihre Schlüsse zu ziehen."

Zum Vortagsthema an sich sagt die 73-Jährige: "Vernünftige Menschen leiden überall darunter, wenn Krieg herrscht, und zerbrechen sich den Kopf darüber, wie man da schnell wieder rauskommt." Das sei in Russland nicht anders. "Das heißt ja nicht, dass es keine unterschiedlichen Argumentationen und Interpretationen gibt. Aber solange man die respektvoll austauscht, besteht die Chance, zu einer Lösung zu kommen, die an der Sache orientiert ist. Ideologisierende und moralisierende Auseinandersetzungen führen zu nichts."

Krone-Schmalz: "Will westliche Versäumnisse aufzeigen"

Die Kernthese des Abends umschreibt sie so: "Man muss Vergangenes zumindest ansatzweise kennen, um Gegenwärtiges zu begreifen und für die Zukunft tragfähige Lösungen finden zu können. Alles hat eine Vorgeschichte, und zu der gehören auch Versäumnisse und Fehler auf westlicher Seite."

Ergänzt wird der Vortrag im Stadttheater von einer Debatte. Zuschauer können Fragen stellen. Und auch Bücher der Erfolgsautorin werden im Anschluss verkauft.

Einen Tag nach Kamenz tritt sie in Riesa in der Stadthalle Stern auf. Einen Tag vor Kamenz ist sie eigenen Angaben zufolge im Radebeuler Kulturbahnhof zu Gast. Wie in Kamenz steht auch hier Moskau im Mittelpunkt. Nur die Überschriften sind leicht abgewandelt. Statt "Russland - Ukraine, und wie weiter?" heißt es dort wahlweise "Russland - und wie weiter?" oder "Russland und die Ukraine – das Erbe der Sowjetunion".