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Wie sich ein Großröhrsdorfer Textilunternehmen für die Zukunft wappnet

Die Berufsbekleidung bei Kunath-Textilien in Großröhrsdorf entsteht an der Nähmaschine und nicht am Computer. Trotzdem geht es auch hier nicht ohne die Digitalisierung.

Von Heike Garten
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Grit Hartmann (l.) und ihr Sohn Christian von Kunath-Textilien aus Großröhrsdorf zeigen der Geschäftsführerin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Sachsen, Elaine Jentsch, wie in ihrem Handwerksbetrieb produziert wird.
Grit Hartmann (l.) und ihr Sohn Christian von Kunath-Textilien aus Großröhrsdorf zeigen der Geschäftsführerin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Sachsen, Elaine Jentsch, wie in ihrem Handwerksbetrieb produziert wird. © René Plaul

Großröhrsdorf. Es ist reine Handarbeit: Die Mitarbeiterinnen der Firma F. W. Kunath GmbH in Großröhrsdorf, die Berufsbekleidung herstellt, sitzen an ihren Nähmaschinen, nähen die einzelnen Teile zusammen, setzen Logos auf oder bringen einen Schriftzug an. Dass die Kunath-Kollektion ausschließlich vor Ort produziert wird, darauf sind Chefin Grit Hartmann sowie ihre Kinder Christian und Stefanie, die beide im Familienunternehmen arbeiten, stolz. Damit werben sie auch bei ihren Kunden – vor allem Firmen im Bereich von Medizin und Pflege, aber auch Vereine sind darunter.

Um den Ansprüchen der Zukunft zu genügen, macht die Digitalisierung aber auch vor dem Handwerksbetrieb nicht halt. Bestimmte Bereiche wurden oder werden digitalisiert, sagt Christian Hartmann, der als Teil der Geschäftsleitung vor allem für die Digitalisierung zuständig ist. Im Moment sei diese noch nicht ausreichend in den Produktionsabteilungen eingezogen, jedoch vor allem im Bereich des Marketing und des Versandes gehe es schon geraume Zeit nicht mehr ohne.

Kunden können jetzt digital im Katalog blättern

So sind inzwischen die unterschiedlichen Kataloge für Berufsmode, aber auch für Vereinskleidung alle online einsehbar. Die Kunden können darin digital blättern und ihre Produkte wählen, selbst zusammenstellen und Wünsche für individuelles Design äußern. „Für uns hat sich dadurch die Arbeitswelt verändert. Früher waren wir persönlich bei den Kunden in ganz Deutschland unterwegs. Das machen wir jetzt nur noch in Ausnahmefällen“, sagt Grit Hartmann. Sie arbeitet selbst in der Vertriebsabteilung mit, um den persönlichen und telefonischen Kontakt zu den Kunden herzustellen und aufrecht zu erhalten. „Weil wir nicht mehr fahren müssen, spart uns das Arbeitszeit und vor allem Kosten“, sagt sie.

Zehn Prozent des Personals seien allein für die Kundenbetreuung im Haus verantwortlich, denn ohne persönliche und individuelle Kontaktpflege gehe es auch in diesen Zeiten schlecht. Zusätzlich betreut eine Mitarbeiterin ausschließlich den Social-Media-Bereich.

Auf dem Gebiet der Digitalisierung ist nun ein weiterer Schritt geplant. So will Kunath-Textilien auch im Bereich Zuschnitt in neue Technik investieren. „Trotzdem wird auch dabei die Handarbeit in gewissem Umfang bleiben“, sagt Grit Hartmann. Denn die Teile für das Erstmuster eines neues Bekleidungsstücks würden auch weiterhin per Hand zugeschnitten. „Wir sind ein Handwerksbetrieb und werden es auch bleiben“, sagt Hartmann. Das sei auch das, was die Kunden schätzen: Individualität, Exklusivität und dass es immer einen persönlichen Ansprechpartner gebe.

Arbeitskräfte zu finden, ist schwierig

Doch die aktuellen Probleme des Handwerks machen auch vor dem Großröhrsdorfer Unternehmen nicht halt. Das sind vor allem der Fachkräftemangel und die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise. Darüber informierten sich jetzt der CDU-Landtagsabgeordnete Aloysius Mikwauschk, die Geschäftsführerin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Sachsen, Elaine Jentsch, und Großröhrsdorfs Bürgermeister Stefan Schneider (parteilos) bei einem Besuch im Betrieb.

„Die Arbeitskräfte-Situation ist wirklich sehr schwierig. Wir suchen zum Beispiel seit zwei Jahren Zuwachs für den Vertrieb“, sagt Grit Hartmann. In der nächsten Zeit würden weitere langjährige Kollegen in den Ruhestand gehen, da werde es noch komplizierter.

Doch das Unternehmen investiert auch in dieser Hinsicht in die Zukunft. So fangen mit Beginn des neuen Lehrjahres vier Auszubildende bei Kunath-Textilien an, zwei sind aktuell da. Für die Azubis habe man extra in Plauen, wo die Berufsschule ist, eine Wohnung gemietet, in der sie in einer WG wohnen können. Das bezahle die Firma, ebenso wie das Kilometergeld.

Geschäft in Neukirch wurde geschlossen

Einen Einschnitt gab es unterdessen im Vertrieb vor Ort: Das Fachgeschäft in Neukirch/Lausitz wurde geschlossen, obwohl es erst 2019 modernisiert worden war. Das habe vor allem mit der geringen Laufkundschaft und eben auch mit der Digitalisierung zu tun. „Die Kunden können jetzt alles genauso online bei uns bestellen“, erklärt Grit Hartmann.

Den Fabrikverkauf an der Bischofswerdaer Straße in Großröhrsdorf gibt es aber weiterhin. Dort finden Kunden Berufsbekleidung, Schuhe und Accessoires für Medizin und Pflege, Industrie und Handwerk sowie Gastronomie und Dienstleistung. Ein großer Teil der angebotenen Produkte stammt aus der eigenen Produktion.

Aktuell sind 56 Mitarbeiter in der Firma F. W. Kunath GmbH beschäftigt. Seine Produkte liefert das Unternehmen in den gesamten deutschsprachigen Raum. Rahmenverträge mit karitativen Einrichtungen und Sozialorganisationen gaben und geben dem Unternehmen Stabilität für die Zukunft. Deshalb, aber auch wegen der gesicherten Nachfolge durch ihre Kinder und den Schritt in die Digitalisierung ist ihr um die Zukunft des Familienunternehmens nicht bange, sagt Grit Hartmann.