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Königsbrücker Firma baut Zugspitze für den ICE

Das Unternehmen RCS in Königsbrück ist ein wichtiger Zulieferer für den Schienenfahrzeugbau. Von hier kommen Fahrerstände, WC-Kabinen und das markante Gesicht des ICE.

Von Heike Garten
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Janne Saarinen leitet die Firma RCS in Königsbrück. Im Unternehmen werden unter anderem die markanten Fronten für den ICE gefertigt.
Janne Saarinen leitet die Firma RCS in Königsbrück. Im Unternehmen werden unter anderem die markanten Fronten für den ICE gefertigt. © Matthias Schumann

Königsbrück. Viele werden schon einmal mit einem ICE gefahren sein, und jeder hat wohl die besondere Frontform des Zuges vor Augen. Die wenigsten wissen allerdings, dass genau dieses Teil, auch Bugspitze genannt, in einer Firma in Königsbrück hergestellt wird. Das Unternehmen RCS GmbH Rail Components and Systems ist Systemlieferant für die Schienenfahrzeugindustrie. Zu den wichtigsten Kunden gehören Siemens, Stadler, Alstom und die Deutsche Bahn.

Seit dem Jahr 2002 gibt es die RCS in Königsbrück, hervorgegangen aus der Demus Kunststoffe GmbH. An diesem Namen ist auch zu erkennen, was genau in der Firma gemacht wird. Es entstehen Leichtbaukomponenten aus glasfaserverstärktem Kunststoff, die beispielsweise in Zügen, Straßenbahnen, U-Bahnen oder Metros verbaut werden.

Ein Finne ist Geschäftsführer bei RCS in Königsbrück

Die Bauteile-Herstellung erfolgt dabei je nach Art in verschiedenen Fertigungsverfahren. Alle Verfahren verbindet eines: Es wird immer eine Form benötigt, die dem fertigen Bauteil sein Aussehen verleiht. Großkomponenten, wie Frontmasken und Bugspitzen, benötigen eine hohe Festigkeit, weshalb diese in sogenannten Sandwich-Verfahren gefertigt werden. Dabei liegt ein eingebetteter Schaumkern zwischen Lagen aus Glasfasermatten.

Komplette Toilettenkabinen für Züge werden bei RCS in Königsbrück gefertigt.
Komplette Toilettenkabinen für Züge werden bei RCS in Königsbrück gefertigt. © Matthias Schumann

Neben den Frontmasken und Seitenwandverkleidungen für Züge stellt RCS auch Fensterverkleidungen samt Rollos, komplett ausgebaute Fahrerstände (Pulte) mit der notwendigen Elektronik sowie WC-Kabinen samt Waschtisch, Tanksystem und Türsteuerung her. Wer in den Endmontagebereich der Produktion kommt, sieht unter anderem die fertige Bugnase der ICE Siemens Velaro-Baureihe samt LED-Beleuchtung und Kopplungseinheit.

Janne Saarinen ist der Geschäftsführer, seit 2020 leitet er das Unternehmen in Königsbrück. Er ist gebürtiger Finne und lebt schon seit 17 Jahren in Deutschland. Der studierte Maschinenbauingenieur wohnt mit seiner Familie in Dresden. Er fühle sich dort auch sehr wohl, sagt er.

RCS in Königsbrück macht 25 Millionen Euro Umsatz

Der 45-Jährige ist fest davon überzeugt, dass das Unternehmen in Königsbrück weiter wachsen wird. Aktuell verzeichnet RCS einen jährlichen Umsatz von 22 bis 25 Millionen Euro. „Wir haben eine sehr gute Position auf dem europäischen Markt. Die Auftragsbücher sind bis ins Jahr 2025 gefüllt“, sagt Janne Saarinen. Das hängt sicherlich auch mit den Anforderungen zur Bewältigung der Klimakrise zusammen, weil der Umstieg auf die Schiene weiter forciert werden soll. Und dafür werden auch moderne Züge gebraucht.

Genügend Aufträge sind ein wichtiger Baustein für ein Unternehmen, um erfolgreich zu sein. Doch dazu benötigt es auch genügend Personal. In diesem Punkt gehe es RCS wie vielen anderen Unternehmen, sagt der Geschäftsführer. Es wird Personal gesucht, und zwar in vielen unterschiedlichen Berufen wie Verfahrensmechaniker, Lackierer, Lagerlogistiker, Industriekaufleute, Mechatroniker, Zerspanungsmechaniker. Auch Quereinsteiger seien willkommen.

Aktuell arbeiten rund 180 Beschäftigte im Unternehmen, davon 140 in der Produktion. Auch sechs Azubis lernen bei RCS, drei im kaufmännischen Bereich, die anderen drei in der Produktion.

Auch die Steuerpulte für die Züge entstehen im Königsbrücker Unternehmen.
Auch die Steuerpulte für die Züge entstehen im Königsbrücker Unternehmen. © Matthias Schumann

Gerade in der Frage der Nachwuchsgewinnung will RCS künftig noch enger mit den ortsnahen Schulen zusammenarbeiten. „Wir waren auch erst kürzlich beim Tag des offenen Unternehmens entlang der B97 dabei. Die Besucher waren erstaunt, als sie gesehen haben, was bei uns produziert wird und wie vielfältig die Aufgaben sind“, sagt Stefanie Großmann aus dem Verwaltungsbereich von RCS.

Wenn Janne Saarinen auf die Entwicklung der Chipindustrie etwa in Dresden schaut, sieht er darin allerdings auch ein Problem: „Diese Unternehmen bekommen Milliarden an Subventionen vom Staat, beim Mittelstand und in ländlichen Regionen kommt wenig an. Das ist eine Tatsache, die ich nicht nachvollziehen kann“, sagt der Geschäftsführer. Denn auch seine Firma, wie viele andere ebenso, müsse weiter investieren, um den aktuellen oder zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.

RCS stellt auch Bauteile mit dem 3D-Drucker her

RCS habe gerade in den vergangenen Jahren viel Geld in den Energiebereich gesteckt. So seien ein Flüssiggastank angeschafft, aber auch in die Digitalisierung, den Brandschutz und in bessere Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter investiert worden. „Wir investieren jährlich viel Geld in die unterschiedlichsten Bereiche“, so Janne Saarinen.

In Kürze soll eine Fotovoltaik-Anlage auf den Dächern der Gebäude des Unternehmens installiert werden, und über die Errichtung einer Windkraftanlage werde ebenfalls nachgedacht. Erst kürzlich wurde ein 3D-Drucker angeschafft, um mit einem weiteren Verfahren Bauteile und Formen herstellen zu können. Außerdem soll ein neues CNC-Programm gekauft werden. Der Geschäftsführer blickt optimistisch in die Zukunft, auch weil er ein starkes Team hinter sich weiß.