Taipeh. Nach dem schwersten Erdbeben in Taiwan seit fast 25 Jahren haben Rettungskräfte zwei weitere Todesopfer ausfindig gemacht. Die beiden seien zwischen riesigen Felsen auf einem Pfad des Taroko-Nationalparks im stark betroffenen osttaiwanischen Kreis Hualien gefunden worden, teilte die Feuerwehr am Freitagmittag (Ortszeit) mit. Bislang bestätigten die Behörden offiziell zehn Tote.
Dem jüngsten Bericht zufolge galten weitere 1115 Menschen als verletzt und Hunderte an von der Außenwelt abgeschnitten Orten als gefangen. Viele von ihnen saßen in einem Hotel des Nationalparks fest, darunter auch 18 Deutsche und eine Person aus der Schweiz.
Die Behörden begannen am Freitag mit Hubschraubern Nahrungsmittel, Wasser und Medikamente dorthin zu fliegen und erste Menschen aus dem Gebiet zu evakuieren. Mehr als ein Dutzend Leute wurden noch vermisst, darunter auch drei Staatsbürger aus Kanada und Australien.
Hunderte Nachbeben
Erdrutsche durch das nach taiwanischen Angaben 7,2 starke Beben hatten Straßen unpassierbar gemacht. Besonders schlimm waren die Stadt und der gleichnamige Kreis Hualien betroffen. Das Epizentrum des Bebens lag nur wenige Kilometer von dort auf dem Meer. Seit Mittwoch verzeichnete die taiwanische Wetterbehörde mehr als 480 Nachbeben. Der Direktor des seismologischen Zentrums der Behörde, Wu Chien-fu, sagte am Freitag, weitere starke Nachbeben könnten noch nicht ausgeschlossen werden.
Erdbebengefährdete Region
Am Mittwochmorgen hatte zur Berufsverkehrszeit in ganz Taiwan die Erde gebebt. Angst und Panik brachen aus. Taiwan, China, Japan, und die Philippinen gaben Tsunami-Warnungen aus, hoben diese aber wenige Stunden später auf.
Das Beben Behörden zufolgeso heftig wie seit 1999 nicht mehr. Damals hatte ein ähnlich starkes Beben mehr als 2.400 Menschen das Leben gekostet. Taiwan investierte danach mehr in Erdbebenprävention.
Die Insel liegt in einer erdbebengefährdeten Zone am Rand zweier tektonischer Platten, der Eurasischen und der Philippinischen.
In dem Landkreis Hualien liegt auch der beliebte Taroko-Nationalpark, in dem am Mittwoch noch zwei Deutsche in einem Tunnel eingeschlossen waren und einige Stunden nach der Naturgewalt gerettet wurden. Den Angaben des Auswärtigen Amtes zufolge bestand außerdem Kontakt zu 18 weiteren Deutschen einer Reisegruppe, die zunächst als vermisst galt. Allen gehe es den Umständen entsprechend gut, sagte ein Behördensprecher in Berlin. Taiwans Außenministerium sprach am Donnerstagabend insgesamt von 25 Deutschen, um die sich die Behörden gekümmert hätten.
Vielerorts schwere Schäden
In einigen Städten richtete das Beben Schäden an Straßen, Schienen und Gebäuden an. In Hualien sackten Häuser ab und neigten sich bedrohlich zur Seite. Bei vielen Menschen gingen Geschirr und Einrichtungsgegenstände zu Bruch. Nahe der Hauptstadt Taipeh stürzte ein Lagerhaus ein und verletzte drei Menschen. An zahlreichen Berghängen gab es Erdrutsche, wie in Videos zu sehen war. Unter den zehn Toten war auch ein Lastwagenfahrer, dessen Lkw auf der Fahrt von einem Steinschlag getroffen wurde. Andere kamen im Nationalpark ums Leben.
Durch das Beben fiel in Hunderttausenden Haushalten Taiwans der Strom aus. Bis Donnerstagmorgen war laut Behörden in den meisten die Elektrizität wieder hergestellt. Auch brach bei vielen die Wasserversorgung ab. Zehntausende Haushalte waren über Nacht auf Versorgung durch mobile Wasser-Laster angewiesen.
Wichtiger Chiphersteller fährt Anlagen wieder hoch
Viele Betriebe stellten wegen des Bebens vorübergehend die Arbeit ein. Betroffen war auch Taiwans Vorzeige-Chiphersteller TSMC, der weltweit auch Komponenten für Smartphones baut. Berichten zufolge stoppte die Firma den Betrieb in den Produktionsstätten im Nordwesten des Landes. Das Beben richtete nach Unternehmensangaben auch Schäden an. Wichtige Hightech-Maschinen für die Chipherstellung seien jedoch nicht betroffen gewesen, hieß es. Am Donnerstag produzierten die Werke demnach mit rund 70 Prozent Auslastung. (dpa)