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SOE: Schwieriges Verfahren nach rechten Ausschreitungen

Eine Gruppe von 30 Rechtsextremen „feierte“ am Himmelfahrtstag 2020 in Pfaffendorf mit Gegröle und Naziparolen. Drei stehen nun in Pirna vor Gericht.

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Ende einer rechtsextremen Himmelfahrtsparty: 30 Männer wurden auf dem Grundstück in Pfaffendorf erkennungsdienstlich erfasst.
Ende einer rechtsextremen Himmelfahrtsparty: 30 Männer wurden auf dem Grundstück in Pfaffendorf erkennungsdienstlich erfasst. © Archiv SZ

Von Friederike Hohmann

Es ist eine schwierige Verhandlung fast zwei Jahre nach den rechtsextremen Ausschreitungen in Pfaffendorf in der Sächsischen Schweiz. Das hatte schon der erste Prozesstag am 2. März vorm Amtsgericht Pirna gezeigt. Am Donnerstag wurde der Prozess fortgesetzt. Viele Erinnerungen sind verblasst, umso schwerer ist es für das Gericht, den Beschuldigten die Tatbeteiligung nachzuweisen und das Geschehen nachzuvollziehen.

Noch immer wird nur gegen drei Beschuldigte einer Gruppe von zehn mutmaßlichen Angreifern verhandelt.

An jenem Männertag im Mai 2020 ist die Polizei generell in erhöhter Alarmbereitschaft. Am 21. Mai galten zudem Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Allein in der Sächsischen Schweiz waren etliche Bereitschaftspolizisten und Bundespolizisten zu Kontrollen unterwegs, als zwei Anrufe aus Pfaffendorf zunächst zu einer Kontrolle und schließlich zu einem Großeinsatz führten.

Vier Beamte wurden zu dem Grundstück nach Pfaffendorf geschickt, um dort nach dem Rechten zu sehen und deeskalierend einzugreifen. Doch bevor sie das Grundstück betreten konnten, kamen etwa zehn bis fünfzehn kräftige Männer mit Drohgebärden auf sie zu und brüllten, sie sollen sich verpissen. Mindestens einer hatte eine Holzlatte, ein anderer ein Metallrohr dabei. Ein Beamter wurde mit Bier überschüttet. Später warf ein Mann einen Bierkrug nach den Beamten, die versuchten, eine Kette zu bilden, bis die herbeigerufenen Einheiten der Bereitschafts- und der Bundespolizei sie unterstützten. Die herbeigerufene Verstärkung konnte schließlich 30 Männer auf dem Grundstück einkesseln und erkennungsdienstlich erfassen.

Zu viert gegen gewaltbereite Gruppe

Über zwei volle Tage verhandelte das Schöffengericht inzwischen gegen Markus L. (41), Patrick L. (38) und Lutz K. (49). Laut Anklage waren sie Teil der Gruppe, die die vier Polizisten attackiert und einen verletzt hatte. Neben Landfriedensbruch stehen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und weitere Delikte in der Anklageschrift. Insgesamt 16 Zeugen wurden bisher vernommen. Die vier angegriffenen Beamten, darunter eine Frau, die damals ihren ersten größeren Einsatz seit Beendigung ihrer Ausbildung hatte, schilderten den Angriff, bei dem sie vor den Männern flüchten und ihren Einsatzwagen zurücklassen mussten. Nachdem sie Schutzkleidung angelegt hatten, beteiligten sie sich weiter an dem Großeinsatz.

Später wurden ihnen Fotos von Männern, die bei dem Großeinsatz erfasst wurden, vorgelegt. Sie konnten sich dabei an einige erinnern, aber nicht mehr sicher sagen, welche von ihnen bei dem Angriff dabei waren. Fast zwei Jahre nach dem Geschehen kann man jetzt bei der Verhandlung kaum erwarten, dass die Täter besser zu identifizieren sind. Auf den bei der Verhandlung gezeigten Videos ist zu sehen, dass die meisten Männer szenetypische Kleidung und Tattoos auf ihren muskelbepackten Körpern tragen. Es ist offensichtlich für die Polizisten nicht einfach, sie auseinanderzuhalten. Schließlich standen sie während des Angriffs, bei dem sie plötzlich zu viert einer gewaltbereiten Gruppe gegenüber standen, unter starkem Stress.

Die drei Angeklagten bestreiten, zu der Gruppe von Gewaltbereiten gehört zu haben. Am zweiten Verhandlungstag ging es überwiegend um die weiteren Vorwürfe. Die Brüder Markus und Patrick L. versuchten, sich der Festnahme zu entziehen und flüchteten, wurden dann aber von Bundespolizisten aufgegriffen. Patrick L. hatte sich, wie auch auf einem Video zu sehen ist, massiv widersetzt und hatte die Polizisten bedroht. Auch Lutz K. soll eine Beamtin bedroht haben, stellt das Geschehen aber anders dar.

Auf einen wichtigen Zeugen kommt es nun noch an. Der Anwohner, der die Polizei angerufen hatte, soll als Zeuge gehört werden. In der Akte, die dem Gericht vorliegt, sind die Angaben zu seiner Person geschwärzt. Er hatte bei der Vernehmung darum gebeten. Da die Polizei seine Anschrift aber kennt, soll sie ihm nun die Ladung für die Verhandlung am Montag zustellen.

In drei Wochen soll dann gegen weitere drei Männer und erst im Oktober oder November gegen die restlichen vier mutmaßlichen Beteiligten verhandelt werden.