Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Merken

Kommunikativ, kreativ und künstlerisch

Bibliothekschefin Eveline Neumann mag Rothenburg und die Menschen hier. Für deren Probleme hat sie immer ein offenes Ohr.

Von Frank-Uwe Michel
Teilen
Folgen
NEU!
Eveline Neumann ist froh, dass ihr in den Jahren 2007/08 entstandenes Gemälde zum früheren Rothenburger Schloss mit der Eröffnung der Pension „Zum Postamt“ seit April 2018 wieder öffentlich zugänglich ist.
Eveline Neumann ist froh, dass ihr in den Jahren 2007/08 entstandenes Gemälde zum früheren Rothenburger Schloss mit der Eröffnung der Pension „Zum Postamt“ seit April 2018 wieder öffentlich zugänglich ist. © André Schulze

Eveline Neumann ist das, was man gemeinhin kommunikativ nennt. Immer aufmerksam, mit wachem Blick, stets einen lockeren Kommentar oder eine fundierte Meinung auf den Lippen – ohne jedoch aufdringlich zu sein. So hat das Rothenburger Urgestein auch der SZ mit Tipps zu interessanten Personen den Weg zu manchem Artikel aufgezeigt, der in der Serie über die 750-jährige Jubiläumsstadt erschienen ist.

Sie selbst freut sich darüber, denn sie liebt ihre Heimatstadt. Und weil das so ist, ist sie auch den hier lebenden Menschen zugetan. Kein Gang durch die Straßen, ohne dass sie gegrüßt würde oder anderen ein freundliches „Hallo“ zukommen lässt. „Noch vor ein paar Jahren gingen die Leute mit griesgrämiger Miene, den Kopf nach unten gebeugt, durch unsere Stadt. Ich habe immer darauf geachtet, dass es bei mir nicht so ist, dass ich aufrecht gehe.“ Denn neben Aufgeschlossenheit ist Optimismus das Markenzeichen der inzwischen 61-Jährigen. Ihr Alter sei nur körperlich schon vorangeschritten. „Geistig fühle ich mich bedeutend jünger, vielleicht 40“, sagt sie mit einem breiten und gewinnenden Lächeln im Gesicht.

Dass sie als Leiterin der Stadtbibliothek – „dieser Job ist wie ein Sechser im Lotto für mich“ – ihre große berufliche Liebe gefunden hat, war vor einigen Jahrzehnten nicht unbedingt abzusehen. Denn Eveline Neumann absolvierte ein Studium zur Bauingenieurin und war in den 1980er Jahren als Bauleiterin an der Modernisierung des damaligen Militärflugplatzes in ihrer Heimatstadt beteiligt. „Nervlich hat mich das sehr belastet, außerdem hatte ich kleine Kinder. Irgendwann wollte ich nicht mehr“, erinnert sie sich.

Mit neuer Orientierung übernahm sie Anfang 1991 die Rothenburger Bibliothek. Und ließ sich in einem Crashkurs von den Kolleginnen in Niesky vertraut machen mit den wichtigsten Dingen. Das tat auch not, denn in ihrer neuen beruflichen Heimat fand sie einen riesigen Haufen Bücher vor, „als ob ihn jemand mit einem Lkw abgekippt hätte. Nachdem ich die vielen Bände sortiert hatte, konnten wir im April mit der Ausleihe beginnen.“

Seitdem ist „Evi“, wie sie von Lesern und den vielen Bekannten in der Stadt liebevoll genannt wird, aus der Bibliothek nicht mehr wegzudenken. „Aufwachen, zur Arbeit gehen – und der Tag wird schön“, so beschreibt sie ihr berufliches Lebensgefühl. Da trifft es sich gut, dass man sich kennt in einer kleinen Stadt wie Rothenburg. „Wir sind hier immer provinziell geblieben, was ich nicht als Makel empfinde.“ Deshalb gibt es auch keine Leserausweise mehr. Vertrauen ersetzt den bürokratischen Akt.

Dabei ist die Zukunft der Einrichtung perspektivisch ungewiss. Ältere Nutzer kommen nach wie vor, doch die Kinder der Eltern sind nach der Wende oft weggezogen. Und auch deren Kinder kommen nur noch als Besucher her. „Die junge Generation fehlt einfach. Außerdem haben sich die Mediengewohnheiten stark verändert.“ Die vor Jahren mit viel Tamtam in der Region eingeführte Onleihe läuft in Rothenburg wegen zu geringer Nachfrage gerade aus. „Wenn ich 25 bis 30 Prozent meines Etats dafür verwenden soll, ist mir das bei der geringen Nutzerquote einfach zu viel.“ Trotzdem hofft sie natürlich, dass die „Bibo“ in Rothenburg noch lange bestehen bleibt. Nicht nur zum Ausleihen. Denn: „Sie ist ein Treffpunkt. Die Leute werden hier ihre Sorgen los.“ Die Gespräche sind ihr wichtig, trotzdem möchte Eveline Neumann kein Kummerkasten sein. „Ich finde, es ist schön geworden in unserer Stadt.“ Vor allem der Park gefällt ihr. Und dass der Schlossplatz im nächsten Jahr endlich umgestaltet wird.

Ihre Verbundenheit hat die Rothenburgerin auch schon künstlerisch ausgedrückt. 2008/09 entstand ihr Wandgemälde zum ehemaligen Schloss, das seit der Eröffnung der Pension „Zum Postamt“ im Gastraum in der Priebuser Straße nun wieder öffentlich zu sehen ist. „Schon als Kind habe ich sehr gern gemalt, dann im Jahre 2012 im Rathaus eine Ausstellung gemacht.“ Für den erst kürzlich erschienenen Rothenburger Kleinstadtspiegel hat sie ebenfalls Beiträge zugesteuert. „Mir ist nichts egal, was hier passiert. Ich bin Rothenburgerin und fühle mich mitverantwortlich für diese Stadt.“