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Ein ganzes Arbeitsleben in der Justiz

Jugendrichterin Marion Zöllner geht in den Ruhestand. Was sie in ihrem Job erlebt und künftig vorhat.

Von Cathrin Reichelt
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Marion Zöllner hat ihr gesamtes Arbeitsleben in der Justiz verbracht, die vergangenen elf Jahre als Jugendrichterin am Amtsgericht Döbeln. Jetzt legt sie die Robe beiseite und geht in den Ruhestand.
Marion Zöllner hat ihr gesamtes Arbeitsleben in der Justiz verbracht, die vergangenen elf Jahre als Jugendrichterin am Amtsgericht Döbeln. Jetzt legt sie die Robe beiseite und geht in den Ruhestand. © Dietmar Thomas

Döbeln. Das große Regal im Büro von Marion Zöllner ist leer – zumindest fast. Lediglich ein kleiner Stapel der typisch roten Gerichtsakten ist dort noch abgelegt. Am Dienstag verschwinden auch sie. An diesem Tag wird die Richterin die letzten sieben Verhandlungen am Amtsgericht Döbeln leiten. Nach einem kompletten Arbeitsleben in der Justiz geht Marion Zöllner in den Ruhestand.

So ganz verinnerlicht hat die 62-Jährige den kommenden Abschied noch nicht. „Aber er wird täglich deutlicher“, sagt sie. Ein Mitarbeiter bringt eine Liste. Darauf sind Gesetzbücher aufgeführt, die zum Inventar des Gerichts gehören und dortbleiben müssen.

„Auch einige Anwälte haben sich schon von mir verabschiedet. Von ihnen habe ich ein positives Feedback erhalten. Das macht es schwer, zu gehen“, sagt Marion Zöllner. Aber nicht nur deshalb sind die Abschieds-Gefühle gemischt. Auch das Verhältnis zu den Kollegen, „mit denen man auch mal außerhalb der Arbeit schwatzen kann“, ist sehr gut. Und sie hat ihren Job gern gemacht – vom ersten bis zum letzten Tag.

Breite Palette an Straftaten

Die Döbelnerin hat in Jena Rechtswissenschaften studiert und war bis 1999 als Staatsanwältin tätig. Dann wechselte sie an das Amtsgericht Oschatz, um als Richterin zu arbeiten. Seit September 2012 übt sie dieses Amt am Amtsgericht Döbeln aus, anfangs als Familien- und Jugendrichterin, zuletzt ausschließlich als Jugendrichterin. Dabei hatte es sie ausschließlich mit jungen Leuten im Alter bis zu 21 Jahren zu tun.

Die Palette der Straftaten, mit denen sie es zu tun hatte, ist umfangreich. „Diebstahl, Körperverletzung, Fahren ohne Führerschein, Sexualdelikte und neuerdings auch Kraftfahrzeugrennen“, nennt sie als Beispiele.

Bis zu zwölf Verhandlungen hat die Richterin pro Woche geleitet. Das kürzeste Verfahren – ein Ladendiebstahl – war innerhalb von zehn Minuten erledigt. Gegen einen Internetbetrüger hat sie dagegen 17 Tage lang verhandelt und ihn letztendlich zu einer Haftstrafe von rund drei Jahren verurteilt.

„Das Jugendstrafrecht ist sehr viel anders als das Erwachsenenstrafrecht“, betont Marion Zöllner. Bei den jungen Menschen gehe es nicht nur darum, sie für die begangene Tat zur Rechenschaft zu ziehen, sondern vor allem, sie von weiteren Straftaten abzuhalten.

„Ein Jugendrichter arbeitet eng mit der Jugendgerichtshilfe und Vereinen zusammen“, so Marion Zöllner. Die Awo biete beispielsweise Trainingskurse und Einzelgespräche an, die Diakonie eine Suchtberatung und der Verein Seehaus Verkehrserziehung, Antiaggressionskurse und Arbeitsstunden.

„Wir erheben nicht nur den drohenden Zeigefinger“, sagt die Richterin. „Die Vereine leisten gute Arbeit, mit der viel erreicht wird.“ In einigen wenigen Fällen hätten sich Eltern bei ihr gemeldet, die dafür dankbar waren, dass sich das Verhalten ihres Kindes nach einem solchen Kurs gebessert hat. Ein einziges Mal habe sogar ein Jugendlicher selbst darum gebeten, den Kurs für ihn zu verlängern.

Heitere und schwierige Momente

Gerade bei Aussagen von jüngeren Angeklagten habe sie das ein und andere Mal auch schmunzeln müssen, weil ihnen deutlich anzumerken war, dass ihnen noch die gewisse Reife fehlt. Schwierig sei es dagegen, „wenn man sich Kinderpornografie ansehen muss.“

Marion Zöllner habe es aber immer geschafft, das während der Verhandlungen Erlebte, im Gericht zu lassen. „Wenn man die Gedanken privat nicht ausschalten kann, kann man diesen Job nicht machen“, meint die Richterin.

In wenigen Tagen schließt sie die Tür des Amtsgerichtes Döbeln ein letztes Mal in dieser Funktion. Und was kommt dann? „Dann kann ich mich mehr um meine vier Enkel kümmern“, sagt Marion Zöllner. Außerdem ist sie Fan eines britischen Kochs, probiert in ihrer Küche gern dessen Gerichte aus.

Den Garten hat sie bisher weitestgehend ihrem Mann überlassen. Die grüne Oase will sie nun mitgestalten. „Und zum Leidwesen meines Mannes plane ich da viel zu viel“, sagt sie schmunzelnd, ohne konkreter zu werden.

Außerdem zieht es beide in die Ferne. Nachdem sie im vergangenen Jahr in den USA und Kanada unterwegs waren, ist auch dieses Jahr schon durchgeplant. Für den großen Urlaub soll es nach Griechenland gehen. Dazu kommen einige verlängerte Wochenenden.