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Fußballtrainer mit Axt erschlagen: War es späte Rache für Missbrauch?

Gut acht Monate nach einer Bluttat in Lichtenstein steht ein 39-Jähriger wegen Mordes vor Gericht. Hat er sich an seinem mutmaßlichen Peiniger aus Jugendtagen brutal gerächt?

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© Kristin Schmidt/dpa

Zwickau. Den Ermittlern hat sich an jenem Julitag 2023 ein grausiges Bild geboten: Mit fünf massiven Axthieben soll ein 39-Jähriger seinen früheren Fußballtrainer in Lichtenstein ermordet haben. Die Tatwaffe hat laut Anklage noch im Kopf des Opfers gesteckt. Zum Prozessauftakt am Landgericht Zwickau hat der Angeklagte am Mittwoch ein Geständnis abgelegt. Diese Tat sei das Allerschlimmste und durch nichts zu rechtfertigen, räumte er um Worte ringend ein. In dem Trainer will er seinen Peiniger erkannt haben, der ihn als Teenager zweimal sexuell missbraucht habe.

Laut Anklage hat der Deutsche sich mit der Tat rächen wollen. Dabei habe er das Opfer hinterrücks attackiert, als dieses nichts ahnend bei ihm zu Hause auf dem Sofa saß. Die Axt zertrümmerte Schädel und Halswirbelsäule - jeder der fünf Schläge sei geeignet gewesen, den Mann zu töten, erklärte Oberstaatsanwalt Jörg Rzehak. Der 39-Jährige hatte sich im Anschluss der Polizei gestellt. An den Angriff selbst könne er sich nicht konkret erinnern, sagte er vor Gericht.

Amnesie nach Verkehrsunfall

Den Angaben nach hat der sportliche Mann 2011 bei einem Unfall einen vollständigen Gedächtnisverlust erlitten und sich an sein Leben zuvor nicht mehr erinnern können. Die Staatsanwaltschaft spricht deswegen von einem vermeintlichen Missbrauch durch den früheren Trainer, an dem er keine eigenen Erinnerungen hatte.

Vor Gericht schilderte der 39-Jährige, dass er nach seinem Unfall wiederholt von dem Missbrauch aus Jugendtagen geträumt habe. Als er sich wenige Tage vor der Bluttat das erste Mal mit dem früheren Trainer getroffen habe, sei ihm klar geworden: Er ist dieser Peiniger. "Ich habe es an meinem ganzen Körper gespürt."

Mit dem Vorwurf konfrontiert habe der 53-Jährige ihm dann im Vieraugengespräch gesagt, ihm tue leid, was er ihm angetan habe. Zudem habe er erzählt, dass er wieder Kinder im Fußball trainiere. Deswegen sei ihm durch den Kopf gegangen: "Ich muss die Kinder schützen", sagte der Angeklagte am Mittwoch. Als er kurz vor die Tür gegangen sei, habe er seine Axt erblickt, die dort noch vom Holzhacken gestanden habe.

Staatsanwalt sieht Widersprüche

Oberstaatsanwalt Rzehak verwies auf Widersprüche zu anderen Zeugenaussagen, die es im Prozess aufzuklären gelte. Verteidigerin Ines Kilian beantragte ein weiteres Expertengutachten durch einen renommierten Psychologen. Sie führte an, dass ihr Mandant bei der Tat wegen einer sogenannten dissoziativen Amnesie schuldunfähig gewesen sein könnte. Das Gericht ließ den Antrag zu.

Nach Darstellung des Angeklagten kann er sich inzwischen wieder an weitaus mehr Details von früher erinnern - auch zu dem mutmaßlichen Missbrauch durch den Trainer. Nach der Bluttat und seinem Geständnis bei der Polizei seien viele Erinnerungen zurückgekehrt, die jahrelang blockiert gewesen seien.

Für den Prozess sind fünf weitere Verhandlungstage bis Anfang Mai geplant. (dpa)