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Räuberischer Diebstahl in Döbelner Baumarkt

Ein damals 60-Jähriger hatte den Baumarkt verlassen, ohne von ihm eingesteckte Ware zu bezahlen. Was bei der Verfolgung durch den Marktleiter passierte.

Von Dirk Westphal
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Im Amtsgericht Döbeln saß am Montag ein 61-Jähriger aus der Anklagebank. Dieser hatte sich wegen räuberischen Diebstals zu verantworten.
Im Amtsgericht Döbeln saß am Montag ein 61-Jähriger aus der Anklagebank. Dieser hatte sich wegen räuberischen Diebstals zu verantworten. © dpa

Döbeln. Diebstähle in Einkaufsmärkten sind kein Einzelfall. Oft kommen die Täter mit einer Strafanzeige davon. Dieses Schicksal hätte am 1. Februar 2023 wohl auch einen Döbelner im RHG-Markt ereilt, hätte er sich kooperativ verhalten.

Da das nicht der Fall war, stand der heute 61-Jährige wegen räuberischen Diebstahls mittels eines gefährlichen Werkzeuges in Döbeln vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Christa Weik.

Angeklagter flüchtet auf Parkplatz

Der Angeklagte hatte im Markt eine Mischbatterie sowie einen Spachtel im Gesamtwert von 53,28 Euro in einen Beutel eingesteckt und war davongerannt, als er im Kassenbereich darauf angesprochen wurde.

Als ihn der Marktleiter einholte und an der Schulter packte, stieß er diesen vor die Brust, ehe ihn ein Mitarbeiter mit Judokenntnissen per Ashi-waza zu Boden brachte.

Ein in seinem Beutel gefundenes sogenanntes Cuttermesser wurde von der Staatsanwaltschaft als Mitführen eines gefährlichen Werkzeuges gewertet.

Rechtsanwalt Thomas H. Fischer räumte für seinen Mandanten den Diebstahl ein. „Er wollte unerkannt entkommen, da es ihm peinlich war“, sagte der Verteidiger.

„Ich bin mit dem Beutel rausgelaufen, dann haben mich die Beiden angesprochen und gesackt. Der eine Kerl hat mich auf den Boden gehauen“, erklärte der Angeklagte seine Sicht auf das Geschehen.

Kein Geld für Mischbatterie und Spachtel

Das Cuttermesser hätte er immer dabei. Das gehöre zu seinem Fahrradwerkzeug, versuchte er zumindest einen Vorwurf zu entkräften. Die Mischbatterie und den Spachtel hatte er für zu Hause benötigt, aber gerade kein Geld gehabt, die Gegenstände zu kaufen.

„Ich habe niemanden weggestoßen“, so die Meinung des 61-Jährigen, der zudem schimpfte: „Der hat mich auf den Boden geknallt. Das hätte dumm ausgehen können.“ Das veranlasste Richterin Weik, den Angeklagten zu erinnern, von wem das Ganze ausgegangen war.

Im Zeugenstand schilderte der Mitarbeiter die Aktion, dass der Angeklagte den Marktleiter heftig geschubst und er den Ladendieb dann zu Boden gebracht hatte. Auch dass dieser ihm mit „Wir werden uns noch mal wiedersehen.“ drohte, verschwieg der damalige RHG-Mitarbeiter nicht.

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Der Angeklagte dagegen fühlte sich berufen, seine Kommentare abzugeben, wodurch sich Richterin Christa Weik veranlasst sah, mit einem Ordnungsgeld zu drohen. „Wollen wir eine Pause machen, um die Rollen hier im Gericht zu klären“, mahnte auch Rechtsanwalt Thomas H. Fischer seinen Mandanten an.

Der hörte sich nun – sichtlich ruhiger – die Aussage des Marktleiters an. Der erklärte, den Angeklagten, nachdem er zu Boden gegangen war, geschnappt, unter den Arm geklemmt und ins Büro gebracht zu haben.

Von dort wäre die Polizei hinzugezogen worden, da sich der 61--Jährige nicht ausweisen konnte, und zudem frech geworden wäre. Die ebenfalls als Zeugen geladenen Polizeibeamten bestätigten, wegen eines „renitenten Ladendiebes“ gerufen worden zu sein.

Cuttermesser nicht zugriffsbereit

Beim Durchsuchen des Beutels fanden sie das Diebesgut sowie das Cuttermesser, welches „nicht zugriffsbereit gewesen wäre“. Zugriffsbereit bedeutet, dass das Messer mit drei Schritten einsatzfähig gemacht werden kann.

Das war laut der Beamten nicht der Fall, weil es sich im Beutel in einem etuiähnlichen Gegenstand befand. Ein Umstand, der den Angeklagten wahrscheinlich vor dem Einzug in den Strafvollzug gerettet hat.

Während die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe dennoch als erwiesen ansah und drei Jahre Haft, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können, als tat- und schuldangemessen für den 2017 wegen Diebstahls vorbestraften Mann ansah, hatte die Verteidigung eine andere Meinung.

„Räuberischer Diebstahl wird mittlerweile inflationär genutzt“, sagte Thomas H. Fischer. So wäre die Frage, ob der Angeklagte mit dem Wegschubsen das Diebesgut schützen oder seine Identität wahren wollte. Zudem sei es ein minderschwerer Fall von Diebstahl, in dem er auf sechs Monate Haft auf Bewährung plädierte.

Nicht zuletzt, weil das Messer nicht einsatzbereit war und es eine positive Sozialprognose für den 61-Jährigen gebe.

Das Schöffengericht sah dies ähnlich und verurteilte den Döbelner zu sieben Monaten Freiheitsentzug auf Bewährung, der Übernahme der Gerichtskosten sowie einer Geldauflage von 200 Euro, die an die Opferhilfe Sachsen zu zahlen ist.

Das Gericht sah es aufgrund der Aussagen der Polizeibeamten als erwiesen an, dass das Cuttermesser nicht zugriffsbereit war, sodass sich das Urteil aufgrund des Stoßes auf räuberischen Diebstahl in einem minderschweren Fall beschränkte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.