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Richter überzeugt: Harthaerin greift Kinder an

Weil sie nicht zur Verhandlung erscheint, wird die Angeklagte zum zweiten Mal von Polizeibeamten vorgeführt. Aber sie ist nicht die Einzige.

Von Cathrin Reichelt
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Vor der Pestalozzi-Schule in Hartha soll die Angeklagte zwei Kinder angegriffen haben.
Vor der Pestalozzi-Schule in Hartha soll die Angeklagte zwei Kinder angegriffen haben. © Dietmar Thomas

Döbeln/Hartha. Es ist der vierte Tag der Verhandlung vor dem Döbelner Amtsgericht. Dass sich diese so lange hinzieht, dazu hat die Angeklagte maßgeblich selbst beigetragen. Denn zweimal ist sie nicht erschienen.

Deshalb wurde die Harthaerin die anderen beiden Male polizeilich vorgeführt. Es geht um Hehlerei, Körperverletzung und Bedrohung.

Staatsanwalt bietet Kompromiss an

Bereits im September 2018 soll sie ein E-Bike im Wert von 3.500 Euro gekauft haben, bei dem die Rahmennummer entfernt wurde. Der Kauf wird vom Gericht als nicht legal eingestuft.

Trotzdem bietet der Staatsanwalt einen Kompromiss an: Verzichtet die Angeklagte auf die Rückgabe des konfiszierten Rades, wird das Verfahren wegen Hehlerei eingestellt. Denn die anderen Anklagepunkte wiegen schwerer.

Anfangs beharrt die Angeklagte darauf, das E-Bike wiederzubekommen. Nach einer Absprache mit ihrem Anwalt stimmt sie dem Angebot des Staatsanwaltes jedoch zu.

Bleiben Körperverletzung und Bedrohung. Diese werden der 30-Jährigen vorgeworfen, nachdem sie im Oktober 2021 vor der Harthaer Oberschule zwei damals elfjährige Jungen angeschrien, gewürgt und einem gedroht haben soll: „Ich bringe dich unter die Erde.“(Wir berichteten.) Zuvor sollen die Jungs den Sohn der Angeklagten mit „Du Waschlappen“ beleidigt haben.

Hinweis über eine WhatsApp-Gruppe

Nachdem am zweiten Verhandlungstag bereits die Kinder ausgesagt hatten, saß jetzt die Mutter von einem der Jungen auf dem Zeugenstuhl. Aus der WhatsApp-Gruppe der Eltern der Klasse habe sie bereits von dem Vorfall erfahren, bevor ihr Sohn nach Hause kam.

Eine andere Mutter habe dabei erklärt, sie habe den Vorfall gesehen und wisse, wer die Angreiferin der Kinder sei.

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Mit ihrem Sohn sei die Zeugin sofort zur Polizei gefahren, um Anzeige zu erstatten. Dort musste der Junge die Frau vor der Oberschule beschreiben. „Der Polizist hat sofort gewusst, um wen es sich handelt. Aber er wollte noch einen Namen“, sagt die Zeugin. Den Namen habe die andere Mutter bei einem anschließenden Telefonat genannt.

Sie soll ebenfalls als Zeugin vor Gericht aussagen. Doch auch sie muss von Polizeibeamten vorgeführt werden, weil sie zwei Ladungen nicht gefolgt war. Beim ersten Mal hatte Richter Wolfgang Dammer bereits ein Ordnungsgeld in Höhe von 150 Euro, ersatzweise drei Tage Ordnungshaft gegen die Zeugin verhängt.

Angeklagte stellt sich unwissend

Sie wisse weder etwas von einer polizeilichen, noch von einer gerichtlichen Vorladung, sagt sie dann. Wahrscheinlich seien die Schreiben zwischen die Werbung geraten. Die werfe sie immer gleich weg, ohne sie durchzuschauen, so ihre Begründung.

An den Tattag erinnert sie sich bruchstückhaft. Sie habe ihre Tochter aus der Grundschule abgeholt und auf der Pestalozzistraße schon von Weitem gesehen und gehört, dass die Angeklagte zwei Kinder anbrüllt.

Welche Worte dabei gefallen sind, wisse sie nicht mehr. Aber sie habe sofort den Schulleiter über den Vorfall informiert. Auf die Frage des Richters, ob die Angeklagte die Kinder angefasst hat, antwortet sie: „Da bin ich mir nicht sicher.“

Angriff erfolgte während Bewährungszeit

Der Staatsanwalt sieht den Anklagevorwurf, den die Harthaerin während des zweiten Verhandlungstages bestritten hatte, als erwiesen an. Die Aussage der beiden Kinder sei glaubhaft. Sie hätten keinen Grund, die Harthaerin zu unrecht zu belasten. Auch alle anderen Aussagen hätten den Vorfall bestätigt.

Da die Angeklagte wegen eines Diebstahls in einem besonders schweren Fall zum Tatzeitpunkt noch unter Bewährung gestanden habe und jegliche Einsicht fehle, komme eine Geldstrafe nicht mehr infrage. Der Staatsanwalt beantragt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten.

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Er bezeichnet das als absolute Ausnahme „mit zwei Augen zudrücken“, weil bei der vorliegenden Deliktart nicht zu erwarten sei, dass sie rückfällig wird. Die Bewährungszeit soll allerdings drei Jahre betragen, der Angeklagten ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt werden und sie 80 Arbeitsstunden leisten.

Auch der Verteidiger der Angeklagten ist davon überzeugt, dass es einen Vorfall vor der Harthaer Oberschule gegeben hat, in den seine Mandantin involviert war. Er gehe davon aus, dass die Tat emotional geprägt gewesen sei und aus dem Beschützerinstinkt einer Mutter heraus erfolgte.

Allerdings sei nur das am Hals packen eines Kindes nachvollziehbar. „Die Bedrohung halte ich für nicht erwiesen“, so der Anwalt. Er plädiert auf drei Monate Haft mit Bewährung und eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen.

Richter folgt Antrag der Staatsanwaltschaft

Richter Wolfgang Dammer schließt sich dem Staatsanwalt an und geht in einem Punkt sogar noch weiter. Er verurteilt die arbeitslose Harthaerin zu sechs Monaten Freiheitsentzug, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung. Sie trägt die Kosten des Verfahrens und ihre Auslagen.

Ein Bewährungshelfer wird sie in den kommenden Jahren begleiten und innerhalb von sechs Monaten nach der Rechtskraft des Urteils muss sie 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. „Das ist die letzte Möglichkeit zu zeigen, dass Sie sich an unsere Rechtsordnung halten“, mahnt Wolfgang Dammer. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.