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Das wird kein Sommer des Wiedersehens

Auch für dieses Jahr wurden Open-Air-Festivals abgesagt. Junge Leute vermissen es sehr, mit Zehntausenden zu zelten und zu feiern.

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Solch ein Gewimmel möcht’ ich sehn ... wie 2019 beim Festival „Rock im Park“ in Nürnberg.
Solch ein Gewimmel möcht’ ich sehn ... wie 2019 beim Festival „Rock im Park“ in Nürnberg. © Daniel Karmann/dpa

Mit Zehntausenden Menschen Livemusik hören, feiern, zelten – auf diese besondere Atmosphäre werden Fans von sieben großen Musikspektakeln in diesem Sommer erneut verzichten müssen. Die Festivals „Rock am Ring“ am Nürburgring, „Rock im Park“ in Nürnberg, „Deichbrand“ und „Hurricane“ in Niedersachsen, „Southside“ in Neuhausen ob Eck in Baden-Württemberg, „SonneMondSterne“ in Thüringen und das Schweizer „Greenfield Festival“ müssen in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie erneut ausfallen, teilte das Veranstalter-Netzwerk Eventim Live mit.

„2021 sollte eigentlich der Sommer des Wiedersehens werden und die Festivalveranstalter haben viel Arbeit und Zeit in Hygiene- und Infektionsschutzkonzepte investiert“, berichtet Frithjof Pils, Geschäftsführer von Eventim Live. „Angesichts der weiterbestehenden epidemischen Lage und der damit verbundenen Auflagen mussten wir jetzt jedoch schweren Herzens einsehen, dass Festivals dieser Größenordnung zurzeit noch nicht durchführbar sind.“ Bereits im Sommer 2020 waren solche Großveranstaltungen gestrichen worden.

Die gleichzeitig stattfindenden Traditionsfestivals „Rock am Ring“ und „Rock im Park“ beispielsweise waren am zweiten Juni-Wochenende 2021 mit Headlinern wie Green Day, System of A Down und Volbeat geplant. Sie sollen nun laut der zuständigen Konzertagentur Dreamhaus am ersten Juni-Wochenende im nächsten Jahr über die Bühne gehen.

Welche Headliner dann jedoch kommen, ist vorerst noch unklar. „Wir arbeiten am Programm“, sagte Dreamhaus-Sprecherin Claudia Schulte. So schnell wie möglich solle es erste Informationen geben. Schon in wenigen Wochen könnten Fans, die bereits in diesem oder sogar vergangenem Jahr Tickets erworben hätten, sie online für 2022 umbuchen. Später sei aber auch eine Rückerstattung möglich.

Überraschend kommen die Absagen nicht. Aber der Schmerz bei den Musikfans ist dennoch groß. „Das tut unfassbar weh“, schreibt ein Fan bei Facebook zur Absage von „Rock am Ring“. Das unbeschwerte Lebensgefühl kann kein digitales Angebot ersetzen. „Die Fans sehnen sich danach, endlich wieder miteinander zu feiern, Musik zu erleben, ihre Idole zu hören“, sagt der Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, Jens Michow. Ein Live-Event, die Nähe zum Künstler, habe eine besondere Emotion. Ein kleineres Liveformat habe wenig Sinn. „Damit würde man die Marke beschädigen. Man kann aus einer Veranstaltung mit Weltklasse keine Provinzveranstaltung machen.“

Jugendforscher Klaus Hurrelmann sieht einen starken Einschnitt für das Leben Jugendlicher, nun schon das zweite Jahr auf beliebte, große Festivals verzichten zu müssen. „Das gehört zum Lebensgefühl dazu“, sagt der Professor mit Blick auf das gemeinsame Festival-Erlebnis. Es falle dabei für Jugendliche nicht nur Kultur weg, sondern auch die Möglichkeit, mal etwas ganz anderes zu erleben.

Noch haben sich nicht alle Veranstalter der Festivals in Deutschland geäußert. „Ich bin mir leider ganz sicher, dass es noch weitere Absagen geben wird“, sagt Michow. Mit Tausenden gemeinsam Lieblingslieder vor der Bühne mitsingen, sich dabei in den Armen liegen – bleibt diese Vorstellung für Jahre ein Traum? „Es wird diese großen Events wieder geben“, sagt Michow. „Aber ich bin sehr vorsichtig geworden, mich festzulegen, wann.“ (dpa)