Feuilleton
Merken

Eine Tagesschau-Sprecherin wird zum Internetstar

Susanne Daubner moderiert normalerweise hochseriös die Tagesschau. Ein paar Jugendwörter machen sie nun zur Internetheldin.

Von Maximilian Helm
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Mit ihrer hochprofessionellen Aussprache der Jugendwörter des Jahres begeistert Tagesschau-Sprecherin Susanne Daubner ein Millionenpublikum. Ihr Weg in die Nachrichtensendung war jedoch keineswegs geradlinig.
Mit ihrer hochprofessionellen Aussprache der Jugendwörter des Jahres begeistert Tagesschau-Sprecherin Susanne Daubner ein Millionenpublikum. Ihr Weg in die Nachrichtensendung war jedoch keineswegs geradlinig. © imago-images

Als Susanne Daubner 1999 zur Tagesschau kam, stand in der Berufsbeschreibung wohl kaum „Tiktok-Influencerin“. Doch nun ist die Tagesschau-Sprecherin bekannt und beliebt bei der Zielgruppe unter 25 Jahren – in ihrem Beruf wahrlich keine Selbstverständlichkeit.

Schuld daran ist ausgerechnet die Wahl zum Jugendwort des Jahres. Im August tat Daubner nicht mehr, als in einem Video der Tagesschau ganz trocken die zehn nominierten Wörter vorzulesen: „Cringe, Sus, Sheesh, Geringverdiener, Mittwoch“ und so weiter.

Damit steckte die 59-Jährige aus Versehen das deutschsprachige Internet in Brand. Das Video ging auf Tiktok, auf Instagram und auch auf Youtube viral, wurde inzwischen viele Millionen Male angesehen. Andere Videokünstler nutzen Ausschnitte für ihre eigenen Werke. In den Kommentaren drücken Zuschauer ihre Bewunderung aus. „Susanne Dauber Ehrenfrau“ heißt es da, oder „Die Tagesschau hat gerade den größten Meme des Jahrtausends erschaffen.“ Selbst in einer Folge von Jan Böhmermanns Show „ZDF Magazin Royale“ durfte die Tiktok-Daubner ein kurzes „akkurat“ zum Besten geben.

"Starker move, Tagesschau"

Am Montag legten die Tagesschau und Daubner nach. In einem neuen 20-Sekunde-Clip, will die Sprecherin das am Montag frisch gekürte "Jugendwort des Jahres" 2021 erklären: Cringe. Und das mit Hilfe vieler Jugendwörter, die man sonst nicht aus der "Tagesschau" kennt.

Der Begriff beschreibt nämlich etwas Peinliches oder Unangenehmes. Und genau dieses Gefühl soll sich bei dem Satz einstellen, den die 59-Jährige am Montag präsentierte - "Cringe ist das Gefühl, das Sie haben, wenn ich den folgenden Satz sage: 'Digga, wie fly ist eigentlich die "Tagesschau", wenn sie mit Jugendwörtern flext. Läuft bei dir - ARD.'"

Auch dieser Clip mit Susanne Daubner hat gute Chancen genauso zum Social-Media-Hit zu werden wie sein Vorgänger im August. Bei den Nutzern kommt das Video gut an, wird zahlreich und überwiegend wohlwollend kommentiert: "Starker Move tagesschau well played", "Ok das war richtig gut", "Selbstironie, old but good", "Haha genial! Genau das war cringe".

Flucht aus der DDR

Daubner stammt aus Halle an der Saale. Dort machte sie ihr Abitur, anschließend eine kaufmännische Ausbildung und ging danach nach Ostberlin. Dort fiel einem Radio-Mitarbeiter ihre sonore, tiefe Stimme auf. Sie wurde zu einer Mikrofonprobe eingeladen – und 1987 Nachrichtensprecherin beim Jugendradio DT 64. Daneben moderierte sie verschiedene Magazin- und Musiksendungen.

Doch auch eine andere, weitaus mächtigere Organisation wurde auf die junge Susanne Daubner aufmerksam. Das Ministerium für Staatssicherheit startete mehrere Versuche der Anwerbung – jedoch erfolglos. Das nährte ihre Fluchtgedanken. In einem Interview mit Radio Bremen verrät sie, dass schon im zarten Alter von 16 ihr erklärtes Ziel gewesen sei: „Irgendwie in den Westen kommen.“

Im Juni 1989 verließ sie über Ungarn und Jugoslawien die DDR. Das Ziel: Westberlin. Hier fasste sie schnell Fuß, arbeitete für den Sender Freies Berlin (SFB) und später für den Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB). Zehn Jahre später kam sie dann zur wichtigsten deutschen Nachrichtensendung. (mit dpa)