Die Empörung in der Gemeinde der Karl-May-Fans wächst. Nachdem der Ravensburger-Verlag mehrere Kinderbücher zum Film "Der junge Häuptling Winnetou" aus dem Verkauf genommen hat, protestieren jetzt auch die Karl-May-Stiftung und die Karl-May-Gesellschaft in einem gemeinsamen offenen Brief gegen die Entscheidung und rufen zu einer Online-Petition auf.
Wie schon zuvor der Direktor des Karl-May-Museums in Radebeul betont der offene Brief, Karl May habe "in seiner Darstellung des 'Wilden Westens' von Anfang an die Sympathie des Erzählers der leidenden indigenen Bevölkerung" zum Ausdruck gebracht, auch wenn er als Schriftsteller des 19. Jahrhunderts durchaus "damals gängige ethnische Stereotypen und eine eurozentrische Perspektive" verbreitet habe. Wichtig sei deshalb eine "explizite Auseinandersetzung" mit seinem Werk.
Die Firma Ravensburger hatte Mitte August wegen Rassismus-Vorwürfen
angekündigt, die beiden Bücher "Der junge Häuptling Winnetou" zum
gleichnamigen Film sowie ein Puzzle und ein Stickerbuch aus dem Verkauf
zu nehmen. In einem Instagram-Post begründete das Unternehmen dies mit
dem Feedback der Nutzer, das gezeigt habe, "dass wir mit den
Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben". Der offene Brief interpretiert diese Begründung so, dass von "dekolonialen Aktivisten" als eigentlicher Sündenfall ein Bezug zu Karl May gezogen worden sei, der aus deren Sicht ein überholtes rassistisches Weltbild vertrete.
Auch der sächsische Kultusminister Christian Piwarz (CDU) verteidigte das Werk Karl Mays gegen Rassismus-Kritik. Er wundere sich sehr über die Hysterie und den Umfang an
Unterstellungen, sagte Piwarz am Donnerstag bei einer Pressekonferenz
zum neuen Schuljahr in Sachsen und äußerte sich dabei auch als früher
May-Fan. Im Bücherschrank seines Vaters sei die Gesamtausgabe der
Karl-May-Werke so ziemlich komplett gewesen, und bis auf das Spätwerk
habe er die Bücher alle gelesen und regelrecht verschlungen, verriet der
Minister. Bei der jetzigen Diskussion könne er nur den Kopf schütteln. (SZ/mk mit dpa)
- Die Karl-May-Gesellschaft mit Sitz in Radebeul setzt sich wissenschaftlich und kritisch mit dem Werk des Schriftstellers auseinander. Sie gibt unter anderem ihre Jahrbücher sowie eine Vierteljahresschrift heraus.
- Die Karl-May-Stiftung wurde nach dem Tod des Schriftstellers (1842 - 1912) von seiner Witwe gegründet und betreut seinen Nachlass. Dazu gehört auch das Karl-May-Museum in Radebeul.