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Bitte ein Ethik-Ministerium

21 Fragen für 2021 - beantwortet von Zittaus Theaterchefin Dorotty Szalma.

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Ein Ritual wird Dorotty Szalma auch 2021 garantiert nicht ändern: "Abends meinem Kind vorlesen."
Ein Ritual wird Dorotty Szalma auch 2021 garantiert nicht ändern: "Abends meinem Kind vorlesen." © SZ

Dorotty Szalma ist seit der Spielzeit 2013/14 Schauspielintendantin am Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau. Davor leitete die gebürtige Ungarin das Theater Berzsenvi in Szombathelv in Ungarn. Szalma studierte Theaterregie in Wien und war anschließend als Regisseurin an zahlreichen Bühnen im deutschen Raum sowie in Ungarn tätig. Daheim in Zittau inszeniert sie immer wieder auch selbst, unter anderem „Die Dreigroschenoper oder „Lola Blau“.

1. Mit wem würden Sie gerne mal für ein Jahr tauschen?

Die Beantwortung dieser Frage habe ich bis zum Schluss hinausgezögert, zu einem Ergebnis bin ich trotzdem nicht gekommen. Daraus schließe ich: mit niemandem.

2. Welches Kulturereignis in Sachsen ist jetzt schon rot in Ihrem Kalender markiert?

Unser Trinationales Theater Festival JOS, das Neisse Filmfestival und das Lausitz Festival.

3. Welches Wort wollen Sie 2021 nicht mehr hören und lesen?

Fake News. Corona-Tote.

4. Welche Schlagzeile würden Sie gern über Sachsen lesen?

Sachsen, das wirtschaftsstärkste Bundesland. Eine Hochburg der Kultur.

5. Was wünschen Sie sich von saechsische. de?

Ich wünsche mir, dass trotz drohendem Auflagenrückgang die Themen etwas weniger anhand der Klick- bzw. Verkaufszahlen ausgesucht würden. Ebenfalls wünschte ich mir, dass die Überschriften in der SZ mit mehr Bedacht gewählt würden. Manche lesen nicht über die Schlagzeilen hinaus, verbreiten dann aber mit erstaunlicher Vehemenz Unsinn.

6. Welches Schulfach sollte es Ihrer Meinung nach bald geben?

Ethik, Logik, Erkenntnisvermögen, persönliche und digitale Umgangsformen. Bestenfalls ab sofort.

7. Wofür wollen Sie sich 2021 engagieren?

Für ein politisches Bewusstsein. Dafür dass Kultur nicht nur systemrelevant, sondern lebensnotwendig ist. Dafür, dass gewählte Stadträte einer Kleinstadt wie Zittau ihre persönlichen Interessen nicht dem Wohle der Bevölkerung voranstellen. Für die Erkenntnis, dass Leugnen ein in sich zusammenbrechendes Konstrukt ist, denn in Wahrheit ist es ein Argument für und nicht gegen das Offenkundige. Für Demokratie und für Menschenwürde.

8. Auf welche Begegnung sind Sie besonders neugierig?

Auf Begegnungen mit den Zuschauern, wenn sie wieder ins Theater strömen werden.

9. Wovon wollen Sie sich ganz dringend trennen?

Ganz dringend? Ich muss überlegen ...

10. Welches Ritual werden Sie auch 2021 nicht ändern?

Den Tag mit Kaffee und Zigaretten beginnen. Abends meinem Kind vorlesen.

11. Welches ist Ihr persönlicher Lieblingsschnappschuss des Jahres?

Auf dem Bild sind meine Tochter Mila und ich beim Tandem-Parasailing zu sehen. Das war im Sommer 2020, aufgenommen hat das Foto mein Vater. Es war unbeschreiblich schön und abenteuerlich, mit meiner Tochter 100 Meter über dem Meer durch die Luft zu schweben. Ihr Mut und die Freude in ihren Augen bleiben mir unvergessen. Das Bild erinnert mich daran, wie viel ich noch mit ihr, mit meiner Familie erleben möchte.

Dorotty Szalma und Tochter Mila beim Tandem-Parasailing.
Dorotty Szalma und Tochter Mila beim Tandem-Parasailing. © Dorroty Szalma

12. Welche zwei Streithähne würden Sie gern zusammen an einen Tisch setzen?

Lukaschenko, Kim Jong Un, Erdogan, Putin, Orban. Den Raum mit dem Tisch und den Herren könnte man versehentlich abschließen und den Schlüssel für ein paar Jahre zufällig verlegen. Ich fürchte, ich habe die Frage vorsätzlich missverstanden.

13. Welche Sportart möchten Sie gerne mal selbst ausprobieren?

Kitesurfen und Drachenfliegen.

14. Was wollten Sie Christian Drosten schon immer mal sagen?

Gar nichts. Das wollen sowieso viel zu viele. Ich kann nur hoffen, dass er nicht hinhört.

15. Welchen Slogan wünschen Sie sich für den Bundestagswahlkampf?

Es gibt keine Alternative zur Vernunft.

16. Welches Ministerium würden Sie neu einführen?

Das Ministerium für Ethik. Ausschließlich mit Philosophen, Soziologen, Historikern und Psychologen besetzt.

17. Welches Buch wollen Sie endlich einmal lesen?

Von Yuval Noah Harari „Eine Kurze Geschichte der Menschheit“, von Carlo Rovelli „Die Ordnung der Zeit“ und von Ferdinand von Schirach „Tabu“. „Und ich würde es wieder tun“ von der Autorin Raquel Erdtmann empfehle ich einfach mal unaufgefordert.

18. Welches Gericht werden Sie kochen lernen?

Je nach Lockdownlänge ist alles möglich: vom Spiegelei bis zum Chimichurri-Lamm mit Mandelpolenta.

19. Wofür wollen Sie 2021 Geld spenden?

Mein Spenden-Verhalten ist weniger planmäßig, ich bin da viel mehr emotionsgesteuert. Erzähle ich gerne nachträglich.

20. In welches Land wollen Sie reisen?

Das Fernweh ist noch lange nicht gestillt. Meine Reiseträume befinden sich jedoch vorübergehend in pandemischem Ruhezustand.

21. Wen würden Sie spontan umarmen wollen?

Alle, die ich die letzten Monate nicht umarmen durfte. Ich befürchte, dies wird ein endloses Unterfangen.