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"Fahrradgate"-Skandal in Leipzig: Polizistin weist Vorwürfe zurück

Eine suspendierte Polizeihauptmeisterin muss sich wegen Diebstahls, Bestechlichkeit und Urkundenfälschung in mindestens 265 Fällen in Leipzig vor Gericht verantworten. Heute hat sich die Angeklagte in der Sache geäußert.

Von Sven Heitkamp
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Hinter dem Staatsanwalt unterhalten sich die angeklagte Polizistin und ihr Verteidiger Erik Bergmüller im Landgericht Leipzig.
Hinter dem Staatsanwalt unterhalten sich die angeklagte Polizistin und ihr Verteidiger Erik Bergmüller im Landgericht Leipzig. © Hendrik Schmidt/dpa

Leipzig. Am Dienstagmorgen sitzt Anke S. erneut auf der Anklagebank des Leipziger Landgerichts. Diesmal lässt sie von ihrem neuen Anwalt Erik Bergmüller eine lange Erklärung verlesen, wie sie als damals Verantwortliche dazu kam, Räder aus der Asservatenkammer an Kollegen, Freunde, Bekannte und die Familie herauszugeben, oft für eine Spende von 50 Euro.

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihr vor, von 2014 bis 2018 mindestens 265 sichergestellte Räder unerlaubt abgegeben und 4.795 Euro für den Gartenverein „Freundschaft“ ihres Vaters kassiert zu haben. Angeklagt ist die 47-jährige suspendierte Polizeihauptmeisterin wegen Diebstahls, Bestechlichkeit und Urkundenfälschung.

In ihrer Erklärung und einer Befragung bestreitet Anke S. die Vorwürfe gar nicht – sieht sich aber im Recht. Nach einer Freigabe der Räder durch Versicherungen oder Staatsanwaltschaft sei sie davon ausgegangen, dass die Räder „herrenlos“ waren und an gemeinnützige Vereine abgegeben werden dürften. Niemand habe mehr Interesse an den Rädern gehabt.

Sie sei davon ausgegangen, dass der Polizeidirektion ihr Vorgehen bekannt und sie dazu berechtigt war, zumal die Asservatenkammer überfüllt war und der Bestand verringert werden wollte. „Meine Maßnahmen waren immer mit den Chefs abgesprochen und ich bin nie auf eine Unzulässigkeit hingewiesen worden“, sagt Anke S.

Keine eindeutigen Regelungen

Sie habe Räder auch nie einfach an Privatpersonen abgegeben, sich Zuwendungen versprechen lassen oder sich bereichert. Ungewöhnlich war allerdings, dass sie von ihren Käufern auf dem Polizeigelände Bargeld entgegennahm, sammelte und in größeren Beträgen zwischen 400 und 1.000 Euro ihrem Vater brachte, der es für den kleinen Gartenverein mit nur zehn Parzellen einnahm. Sie habe dafür eine Generalvollmacht gehabt, so S.

Ihr ehemaliger Vorgesetzter in der Fahrradstelle der Polizei bestätigte zwar, dass bis 2017 keine eindeutigen Regelungen und Anweisungen für die Fahrradweitergabe bestanden hätten. „Wir wussten nicht, wie damit umzugehen war.“ Dass aber bei der Abgabe Bargeld floss, habe er nicht gewusst – und hätte er auch untersagt.

„In anderen Fällen haben wir Räder nur direkt an Vereine übergeben“, sagte der leitende Beamte, gegen den zwischenzeitlich auch ermittelt worden war. Für den Prozess sind Termine bis Ende Oktober geplant. Richter Rüdiger Harr hat indes angedeutet, der Vorwurf des Diebstahls könne unter Umständen fallen gelassen werden – möglich sei nur eine Geldstrafe.