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Leipziger "Fahrradgate": Angeklagte Polizistin legt Geständnis ab

Polizeihauptmeisterin Anke S. soll Hunderte Fahrräder aus der Leipziger Asservatenkammer weitergegeben haben. Aus ihrer Sicht war das zulässig.

Von Sven Heitkamp
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Die frühere Leiterin der Asservatenkammer der Polizeidirektion Leipzig sitzt im Verhandlungssaal des Landgerichts Leipzig neben ihrem Verteidiger Thomas Morguet (l).
Die frühere Leiterin der Asservatenkammer der Polizeidirektion Leipzig sitzt im Verhandlungssaal des Landgerichts Leipzig neben ihrem Verteidiger Thomas Morguet (l). © Hendrik Schmidt/dpa

Am zweiten Prozesstag um den Fahrradskandal bei der Leipziger Polizei ergreift Polizeihauptmeisterin Anke S. selbst das Wort. Die einstige Verantwortliche der Fahrradasservate sitzt dabei als Hauptbeschuldigte auf der Anklagebank des Landgerichts.

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihr vor, zwischen 2014 und Ende 2018 unerlaubt mindestens 265 sichergestellte Fahrräder unerlaubt an Kollegen, Freunde, Bekannte und die Familie herausgegeben zu haben. Oftmals habe sie eine Spende von bis zu 50 Euro verlangt, manchmal auch nur eine Gefälligkeit erwiesen. Angeklagt ist die heute 47-jährige, suspendierte Polizeihauptmeisterin wegen Diebstahls, Bestechlichkeit und Urkundenfälschung.

In einer Erklärung, die sie von ihrem Anwalt Thomas Morguet verlesen lässt, gesteht sie zwar die Taten, betont aber zugleich ihre Unschuld: Sie sei immer davon ausgegangen, dass sie die gestohlenen und wieder aufgefundenen Räder herausgeben durfte. Diese seien von Versicherungen freigegeben worden und durften ihrer Kenntnis nach an Vereine übergeben oder vernichtet werden. Sie sei mit ihrem Vorgehen immer offen umgegangen und habe nichts verheimlicht.

Vorgehen stets mit den Vorgesetzten abgesprochen

Die Idee der Herausgabe sei sogar bei einer Dienstberatung entstanden und besprochen worden. Viele Kollegen hätten sie später auf die Möglichkeit angesprochen. Allerdings sei sie in der völlig überfüllten und personell unterbesetzten Asservatenkammer nicht eingearbeitet worden und habe keinerlei Unterstützung bekommen, berichtete Anke S. „Ich bin allein gelassen worden.“

Gelder, die sie als Spende eingenommen habe, habe sie samt Übergabeprotokoll an den Gartenverein ihres Vaters Andreas E. als Spende abgeführt und sich nie persönlich bereichert, betonte sie in ihrer Erklärung. Der Mini-Gartenverein „Freundschaft“ in Pegau besteht allerdings nur aus zehn Parzellen. Was der Verein mit Tausenden Euro Spenden machte, wisse sie nicht: „Da bin ich raus.“

Richter Rüdiger Harr kann sich statt einer Verurteilung wegen Diebstahls nun eine Strafe wegen Untreue vorstellen, da sie „herrenlose“ Räder abgegeben habe. Denkbar sei, dass sie nur zu einer Geldstrafe verurteilt werde, so Harr am Dienstag. Die Staatsanwaltschaft hält indes an ihrer Anklage fest und will eine Haftstrafe auf Bewährung erreichen.

Der Fall hatte vor vier Jahren bundesweit Schlagzeilen gemacht und den damaligen Innenminister Roland Wöller (CDU) unter Druck gebracht.