Kommt der Vollzeit-Bürgermeister zurück?

Christian Hänel sagt es in aller Deutlichkeit: "Ich höre auf." Der ehrenamtliche Bürgermeister von Schönau-Berzdorf betont dabei in der jüngsten Gemeinderatssitzung jedes Wort einzeln. Am Ende der Wahlperiode im nächsten Jahr ist Schluss. Allerdings wolle er nach dann 32 Jahren im Bürgermeisteramt die Geschicke der Gemeinde ordentlich weitergeben und sei auch bereit, bei Fragen zu helfen. Deshalb macht er einen ungewöhnlichen Vorschlag.
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Seit Langem macht sich der parteilose Hänel Gedanken, wie es gelingen kann, für den Posten eines ehrenamtlichen Bürgermeisters einen fähigen, jungen Menschen aus der Gemeinde zu gewinnen. Denn man brauche schon Zeit, bis man sich eingearbeitet habe. Wer aber will das? "Ich habe mit einigen gesprochen, ob sie nicht kandidieren wollen, die winken aber ab, wenn es um die Höhe der Aufwandsentschädigung geht, denn sie haben gute Jobs", schildert er. Und so wirft er einen kühnen Vorschlag in den Raum: "Wie wäre es, wenn wir wieder einen hauptamtlichen Bürgermeister hätten?"
Sächsischen Gemeindeordnung wird erneuert
Diese Möglichkeit wird es wohl mit der neuen Wahlperiode geben, denn aktuell wird die geltende Sächsische Gemeindeordnung überarbeitet. So soll die bislang geltende Regel, dass Gemeinden unter 5.000 Einwohner, noch dazu ohne eigene Verwaltung lediglich einen sogenannten ehrenamtlichen Bürgermeister haben dürfen - nicht mehr enthalten sein. Kann und will es sich eine kleinere Gemeinde leisten, könne sie wieder einen Vollzeit-Bürgermeister bestellen.
Aber kann Schönau-Berzdorf mit seinen knapp 1.500 Einwohnern wirklich? Bisher liefen solche Diskussionen im Kreis immer eher andersherum: So bot Seifhennersdorfs Bürgermeisterin vor vier Jahren an, auf den hauptamtlichen Status zu verzichten, um Geld zu sparen. Die wichtigste Frage also: Was kostet das? Roland Höhne - ebenfalls ehrenamtlicher - Bürgermeister von Rosenbach und Sprecher des Sächsischen Städte- und Gemeindebundes (SSG) im Landkreis rechnet mit dem Vier- bis Fünffachen an Kosten, die bei einem Wechsel zum hauptamtlichen Bürgermeister anfallen würden. Die Möglichkeit, dergleichen überhaupt wieder selbst zu entscheiden und eben nicht von Einwohnerzahlen abhängig zu sein, sei dem SSG wichtig gewesen. Den Vorschlag für die neue Gemeindeordnung habe man deshalb selbst eingebracht. Christdemokrat Höhne sagt aber auch: "Der Gemeinderat muss sich damit natürlich befassen."
Und viel Zeit bleibt nicht mehr. Auch wenn der Entwurf der Gemeindeordnung noch nicht beschlossen ist, die Zeit drängt, denn die Bürgermeisterwahlen stehen in vielen Gemeinden im kommenden Juni an, die ersten Fristen beginnen bald, deshalb müssen sich die Gemeinden schnell entscheiden, wenn sie eine Änderung anstreben.
Hauptamt muss nicht verlockender sein
Auch Großschweidnitz' Bürgermeister Jons Anders (parteilos) hat das Thema bei seinen Räten bereits angesprochen. Er sieht allerdings nicht zwingend, dass ein Wechsel zu einer hauptamtlichen Stelle unbedingt verlockender sein muss: "Das ist echt eine Gretchenfrage! Es kann ja auch sein, den Bewerbern ist es lieber, sie können ihren Beruf oder ihre Firma nach wie vor weiterführen, denn dann sind sie abgesichert, wenn sie nach sieben Jahren nicht mehr gewählt werden", erklärt Anders. Er selbst lebt dieses Modell, arbeitet weiter als Vermögensberater. "Ich habe meinen Räten klargemacht, dass sie bei ihrer Entscheidung auf mich keine Rücksicht nehmen sollen", fügt er hinzu. Denn, wenn er noch einmal gewählt werden würde, könne er mit beidem leben: "Es wäre dann meine letzte Wahlperiode vor dem Ruhestand." An Zukunft und Job müsse er nicht mehr denken. Bedenken muss seine Gemeinde aber einiges: Ob sie es sich leisten kann und will, einen hauptamtlichen Bürgermeister zu beschäftigen.