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Gibt es eine Busfahrer-Kündigungswelle in Löbau-Zittau?

Immer wieder gibt es Gerüchte, der DB Regio Bus Ost und den Subunternehmen laufe das Fahrpersonal weg. Wie der Stand ist und wo Probleme liegen.

Von Anja Beutler
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Sie machen ihren Job trotz aller Querelen durchaus gern: die Busfahrer zwischen Löbau und Zittau.
Sie machen ihren Job trotz aller Querelen durchaus gern: die Busfahrer zwischen Löbau und Zittau. © Matthias Weber/photoweber.de

Wenn es etwas gibt, was so richtig gut läuft beim Busunternehmen DB Regio Bus Ost, ist die Gerüchteküche: Nach all den Querelen um neue Fahrpläne, verpasste Anschlüsse, nach Aufregung über mangelnde Deutschkenntnisse bei Fahrern, noch nicht funktionierende neue Technik und den ein oder Wutanfall hinterm Lenkrad hieß es rasch: Der DB laufen die Fahrer davon, die drei Busunternehmen - die DB und ihre Subunternehmen Umbrella und To Europe Bus - haben ein massives Personalproblem.

Und als ob es diese Hinweise zu untermauern galt, tauchten in den vergangenen Wochen immer wieder Stellenanzeigen auf, in denen die DB, aber auch ihre Subunternehmen um Fahrpersonal im Landkreis Görlitz warben. Was ist also dran an den Gerüchten? Haben tatsächlich so viele Buslenker das Handtuch geworfen, weil die Arbeitsbedingungen nicht gut genug sind? Die SZ hat sich bei Busfahrern aller drei Unternehmen und auf offizieller Seite umgehört.

Gibt es eine Kündigungswelle?

Die gibt es nicht und gab es nicht. Das bestätigen sowohl Fahrer beziehungsweise die Leitung von To Europe Bus GmbH und Umbrella als auch die DB Regio Bus, die sich in diesem Punkt einig mit dem für die DB neu gegründeten Betriebsrat sieht: "Nein, eine Kündigungswelle gibt es nicht", bestätigt der Betriebsratsvorsitzende Steffen Brückner. Dass sich einige Kollegen ein Arbeitszeugnis ausstellen lassen - für die Gerüchteküche ein Hinweis auf bevorstehende Kündigungen - werde offenbar überinterpretiert, sagt er. Viele täten das pro forma. Mittlerweile gebe es trotz der noch offenen Probleme gerade bei der DB viele Kollegen, "die hochzufrieden sind", schildert er. Dass es zum Start der DB Regio Bus als Auftragnehmer ab Juli auch personell ein bisschen geruckelt hat, ist allerdings Fakt. Aktuell seien aber stabil 78 Fahrer bei der DB Regio Bus - einige in Teilzeit. Gesucht werde aber dauerhaft, um frei werdende Stellen immer rasch nachbesetzen zu können, heißt es von DB Seite. Die Anzeigen hätten nichts mit aktuellen Engpässen zu tun. Und noch etwas betont der DB-Sprecher: "Zwischenzeitlich sind auch drei Kollegen und Kolleginnen zu uns zurückgekehrt."

Bei den Subunternehmen sind inzwischen ebenso feste Teams gewachsen, die zuletzt keine Fluktuation zu verzeichnen hatten. Anfangs aber sei es vorgekommen, dass man sich von ein, zwei Fahrern, die nicht ins Team passten, getrennt habe, heißt es auf SZ-Nachfrage von To Europe Bus. Jetzt aber sei das 20-köpfige Team mit 17 Fahrern, zwei Disponenten/Technikern und einer Reinigungskraft stabil: "Wir haben keinen Personalengpass."

Warum haben einige KVG-Fahrer den Job gewechselt?

Dafür gibt es viele - teilweise sehr persönliche - Gründe, erklären DB-Sprecher Jörg Bönisch, die befragten Fahrer und auch der DB-Betriebsratschef Steffen Brückner unisono. Da mit dem Wechsel das über Jahrzehnte eingeübte KVG-System aufgelöst worden ist, sich Teams und Arbeitsabläufe verändert haben, standen viele Fahrer vor der Herausforderung, sich neu eingewöhnen zu müssen. Manche, so bestätigen Befragte gegenüber der SZ, haben sich dann gleich für einen kompletten Branchen- oder Tätigkeitswechsel entschieden. Auch Verdi-Gewerkschaftssekretärin Daniela Koksch sieht diesen Punkt: "Die Kollegen haben vorher in einem sehr austarierten System gearbeitet", erklärt sie. Das sei weggebrochen. Stattdessen kamen Unstimmigkeiten beim Übergang zur DB Regio Bus und ihren Subunternehmen, der politische Streit und auch die Unzufriedenheit der Fahrgäste auf. Das habe den Frust bei den Fahrern ansteigen lassen.

Problem 1: Betriebshöfe

Bei der KVG war alles geregelt: ordentliche Pausenräume und Parkflächen, eigene Werkstatt und Tankstellen. Dies alles zu übernehmen - dazu hatten sich DB Regio Bus Ost und der hinter der KVG stehende Konzern Transdev nicht einigen können. Deshalb müssen die DB-Fahrer noch immer mit Provisorien leben, auch wenn die DB hier schon einiges nachgerüstet hat. Die Fahrer bei Umbrella und To Europe Bus haben es teilweise besser: Sie haben sich bei den Betriebshöfen der KVG in Bernstadt und Löbau einmieten können und dürfen damit die bekannte und ausgebaute Infrastruktur nutzen. Die noch vorhandenen Missstände bei den Arbeitsbedingungen sind derzeit definitiv ein großer Kritik- und Reibungspunkt bei der DB Regio Bus.

Problem 2: Technik und Kassensysteme

Egal, wo man fragt: Selbsterklärend und bedienerfreundlich sind die neuen Kassen in den Bussen nicht. Vor allem der Verkauf von Fahrscheinen ist ungleich komplizierter und damit langwieriger geworden: Musste man früher einen vierstelligen Zahlencode für eine Gemeinde eingeben, muss man den Namen jetzt langwierig ausschreiben. Und das bei jedem Passagier neu. Auch die Kommunikation unter den Fahrern - wenn es Verspätungen gibt, aber ein Gast umsteigen will - ist umständlicher geworden.

Große Probleme: 3. Schichtsystem und Arbeitsorganisation

Die Arbeit hat sich für die Fahrer deutlich verdichtet: "Früher waren wir vielleicht insgesamt länger im Dienst, hatten dafür zwischendrin aber auch einmal eine längere Pause, was gut war, um runterzukommen", schildert Betriebsrat Steffen Brückner. Jetzt sind oft nur zehn, 15 Minuten Pause zwischendurch, der Stressfaktor ist deutlich höher, die möglichen Lenkzeiten werden stärker ausgereizt. Zehn- oder Zwölf-Stunden-Schichten sind die Regel, was am Ende aber auch mehr freie Tage am Stück bedeuten kann. "Mir persönlich kommt das für mein Familienleben sehr entgegen", sagt ein Busfahrer, der bei einem Subunternehmen beschäftigt ist. Aber es gebe auch Kollegen, die damit nicht klarkämen. "Das ist in der Tat subjektiv sehr unterschiedlich", bestätigt auch Brückner.

Haben die Fahrer finanzielle Nachteile?

Immer wieder gibt es Gerüchte, die Fahrer würden schlechter bezahlt oder hätten auf Privilegien verzichten müssen. Nach SZ-Recherchen ergab sich: Das ist definitiv nicht der Fall, auch die Subunternehmen haben nachgelegt, schlechter als zuvor seien die Fahrer nicht gestellt. Ob allerdings die Fahrer aus Polen und Tschechien andere Verträge haben, bleibt unklar.

Wie hoch ist der Anteil ausländischer Fahrer?

Das schwankt je nach Unternehmen: Bei Umbrella sollen es rund 50 Prozent deutsche und ebenso viele Polen und Tschechen sein. Bei To Europe Bus und der DB ist die Quote deutlich geringer, teilweise haben die Kollegen von jenseits der Grenze auch zuvor schon in Deutschland gearbeitet. Wenn nötig, biete man Schulungen an. Generell bestätigen die deutschen Fahrer, dass die Kollegen aus Polen und Tschechien sehr bemüht seien. Sie hatten es aber - auch wegen der technischen Neuerungen und der Baustellen gerade zum Start - enorm schwer. Ein echtes Teamgefühl wieder aufzubauen, sei jedoch kompliziert, weil man sich - anders als bei der KVG - seltener sehe. Gerade auch, wenn die geeigneten Pausenräume fehlten.