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„Köhler hat keine Ahnung“

Nach dem Auftritt des einstigen Riesaer OB im Olympia ist Ex-Kämmerer Markus Mütsch richtig sauer.

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© Archiv/Sebastian Schultz

Riesa. Zeitweise hatte Markus Mütsch selbst Ambitionen auf einen Landtagssitz für die CDU. Heute sitzt der Riesaer Ex-Kämmerer im Kreisvorstand der CDU-Mittelstandsvereinigung. Darüber hinaus wolle er sich kommunalpolitisch nicht engagieren, sagt er zur SZ – meldet sich aber nach dem Auftritt von Ex-OB Wolfram Köhler in der Talkrunde Geert Mackenroths zu Wort.

Herr Mütsch, die Berichterstattung über den Besuch von Ex-OB Wolfram Köhler in der Stadt hat Sie ziemlich aufgeregt. Was hat Sie erzürnt?

Es ist erstaunlich, mit welcher Selbstherrlichkeit die Herren Mackenroth und Köhler politische Sachverhalte aus der Vergangenheit und Gegenwart in Riesa bewerten. Sicher war die Olympiabewerbung, was die öffentliche Wahrnehmung Riesas angeht, eine tolle Sache. Aber der Preis dafür war sehr hoch, aus heutiger Sicht viel zu hoch!

Was meinen Sie damit?

Zum damaligen Zeitpunkt war die Planung der B 169 von der Rostocker Straße bis einschließlich Umfahrung Salbitz mit einem dreistreifigen Ausbau fast fertig und kurz vor Baustart. Durch die Olympiabewerbung wurde das Planungsverfahren beendet und mit der Planung für einen vierstreifigen Ausbau begonnen. Im Ergebnis konnte Jahre später dieser vierstreifige Ausbau von der Rostocker Straße bis Seerhausen verwirklicht werden. Seither ruht der Weiterbau. Aufgrund der inzwischen verschärften Genehmigungsbedingungen wegen des FFH-Gebiets ist es derzeit fraglich, wie und ob überhaupt weiter gebaut werden kann. Ohne die Olympiabewerbung hätten wir seit Langem eine vernünftige Straßenanbindung Richtung Döbeln.

Sauer sind Sie nicht nur auf Wolfram Köhler, sondern auch auf Geert Mackenroth, den Veranstalter der Talkreihe im Olympia. Warum?

Herr Mackenroth sitzt seit 2009 für den Wahlkreis im Landtag und hat bis zum heutigen Tage keinerlei Aktivitäten entwickelt, um den Weiterbau der B 169 zu verwirklichen. Sein Engagement als Ausländerbeauftragter, beim Roten Kreuz oder beim Weißen Ring in Ehren, aber der Wahlkreis hat davon gar nichts! Ganz im Gegenteil: Es nützt wieder nur der Großstadt und seiner direkten Umgebung! Auf Landesebene macht er alles Mögliche, für die Fortentwicklung der Wirtschaft in Riesa und Umgebung hat er nichts übrig! Hierzu passt, dass Herr Mackenroth kürzlich aus der CDU-Mittelstandsvereinigung ausgetreten ist, da ihm offensichtlich ein Frühstück in Großenhain mit dem sächsischen Landwirtschaftsminister vorenthalten wurde. Auf solch einen Wahlkreisabgeordneten kann ich als Unternehmer mit Firmen in Riesa und Döbeln gerne verzichten.

Sie stoßen sich auch an Köhlers Äußerungen zur Arena: Der Ex-OB hält das Betriebskonzept für überholt …

Der Bau der Arena war eine sehr schöne Sache und ist es heute noch. Die für die Kleinstadt Riesa viel zu große Halle war nur finanzierbar, indem auf andere dringend notwendige Investitionen verzichtet wurde. So kann ich mich noch gut daran erinnern, wie ich unter anderem die Sanierung des Heisenberg-Gymnasiums aus dem Haushaltsentwurf entfernt habe, um unter Ausnutzung aller Optimierungsmöglichkeiten des Haushaltsrechts die Finanzierung möglich zu machen. Zum damaligen Zeitpunkt gab es im Schulhausbau Fördersätze von bis zu 75 Prozent. Davon kann die Kämmerin heute nur träumen! Die Folgen dieser Prioritätensetzung haben Auswirkungen bis heute, insbesondere im fehlenden Ausbau der Schulinfrastruktur.

Aber Riesa trägt doch heute auch noch die Folgen Ihrer riskanten Zinsgeschäfte: Bis 2037 muss die Stadt insgesamt elf Millionen Euro an die Landesbank Baden-Württemberg zahlen …

Aus den Geschäften wurden zuvor aber auch rund 8,5 Millionen Euro für die Stadt Riesa eingenommen und in die Infrastruktur investiert. Da die Zahlung sich auf 25 Jahre erstreckt, muss letztendlich eine Barwertermittlung durchgeführt werden. Im Ergebnis kommt dabei eine rote Null heraus, also kein nachhaltiger finanzieller Schaden. Ich habe die Geschäfte aufgrund eines verfassungswidrigen Erlasses der CDU-geführten Staatsregierung durchgeführt. Nachdem die Sache auf die schiefe Bahn kam, hat die Staatsregierung den Derivateerlass aufgehoben und die Kommunen – und damit mich – im Stich gelassen. Da ich nicht feige bin, habe ich die politische Verantwortung für die Geschäfte übernommen. Einer muss ja schließlich schuld sein, wenn etwas schiefgeht. Das gehört sich so in der Politik.

Zurück zum eigentlichen Thema: Den heutigen Betrieb der Arena bewerten Sie völlig anders als Köhler. Warum?

Nach dem Bau der Arena wurde eine Geschäftsleitung installiert, die im Wesentlichen nur das großzügig aus dem Stadthaushalt zur Verfügung gestellte Geld ausgeben musste. Hierzu passt, dass wenige Jahre später mit Herrn Köhler bzw. seiner Firma ein viel zu teurer Beratervertrag abgeschlossen wurde. Erst mit dem Abgang von Herrn Köhler und der damaligen Geschäftsleitung ist es gelungen, eine vernünftige Kostenstruktur in der FVG aufzubauen. Ich bin Reiner Striegler und Kathleen Kießling für ihre Arbeit in der Geschäftsleitung persönlich sehr dankbar. Auf deren Leistung aufbauend, müsste es möglich sein, dass die neue Leitung mit einer vernünftigen Kostenstruktur ein gutes Veranstaltungsangebot für die Region dauerhaft anbieten kann. Es ist geschmacklos, wie Herr Köhler die Arbeit des derzeitigen OB in diesem Zusammenhang kritisiert, Herr Mackenroth ihm dazu die Plattform geboten hat und nun „unschuldig“ danebensteht.

Was ist Ihr Ratschlag?

Ich empfehle, dass wir in Riesa unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen und auf Ratschläge dieser beiden Herren verzichten. Der eine wohnt in Radebeul, hat und hatte von Riesa noch nie eine Ahnung. Der andere wohnt in Amerika und hat nun keine Ahnung mehr. Und beide haben keinen Ansatz, wie wir in Riesa irgendetwas vorwärts bewegen können.

Die Fragen stellte Christoph Scharf.