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Dem Wein im Elbland fehlt der Regen

Das kurze Gewitter zum Wochenanfang war nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagen die Winzer. Ihre Trauben sind deutlich kleiner und damit auch der Ertrag.

Von Beate Erler
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Der Radebeuler Winzer Fréderic Fourré und seine Frau Amrei Niessen-Fourré begutachten in der Lage Goldener Wagen die Trauben. Sie sind deutlich kleiner als sonst.
Der Radebeuler Winzer Fréderic Fourré und seine Frau Amrei Niessen-Fourré begutachten in der Lage Goldener Wagen die Trauben. Sie sind deutlich kleiner als sonst. © Norbert Millauer

Der Blick ist der Schönste überhaupt, finden Frédéric Fourré und seine Frau Amrei Niessen-Fourré. Nicht nur, weil man hier oben zwischen Spitzhaus und Bismarckturm hinunter ins Elbtal blickt, sondern auch auf die Weinberge der Radebeuler Lage "Goldener Wagen", die beide bewirtschaften.

Doch in diesem Jahr bereitet der Anblick der Rebstöcke nicht nur Freude. Nach einer Stunde im Weinberg stehen Schweißperlen auf der Stirn. Es ist wieder ein heißer Vormittag und, obwohl beide optimistisch sind, machen sie sich Sorgen um den Jahrgang 2022. Denn der könnte, aufgrund der lange andauernden Hitze und vor allem Trockenheit, sehr viel geringer ausfallen als sonst.

Es braucht langen, gleichmäßigen Regen

Gleich ganz oben im Weinberg steht ein erst drei Jahre alter Rebstock mit Riesling. "Die Beeren sind miniklein", sagt Amrei Niessen-Fourré und nimmt eine Traube in die Hand. "Wenn bis zur Ernte nicht mehr genug Regen kommt, ist der Rebstock ein Totalausfall", sagt sie. Genug Regen wäre ein Tag mit Nieselregen und dann noch drei Tage richtiger Landregen. Das heißt, es regnet lange, gleichmäßig und nicht zu heftig. "Dann würden die Trauben auch noch sehr schnell wachsen", sagt das Winzerpaar.

Im Juli betrug der durchschnittliche Niederschlag in Deutschland nur 35 Liter pro Quadratmeter. Das vieljährige Mittel ist mit 78 Litern mehr als doppelt so hoch. Für einen guten Ertrag und auch für die Qualität der Trauben ist eine Mischung aus Sonne und Regen, Feuchtigkeit und Wärme optimal. In diesem Jahr fällt aber kaum Regen: bisher insgesamt nur 153 Liter. Dafür gibt es eine Kombination aus Hitze und Trockenheit und die macht dem Wein zu schaffen.

Zu erkennen unter anderem am Sonnenbrand der Trauben und am Weinlaub, das sich aufhellt und gelb wird. Das größte Problem, haben die jungen Pflanzen, da deren Wurzeln noch nicht tief genug sind, um an das Grundwasser heranzukommen. So wie der dreijährige Riesling der Fourrés im Weinberg Goldener Wagen. Aber auch andere Stöcke der 2,5 Hektar mit zehn verschiedenen Rebsorten sind betroffen.

Viel Geschmack in der kleinen Traube

Zum Beispiel Gutedel, eine seltene Rebsorte, und Müller-Thurgau. "Die haben sonst eigentlich große Trauben und sind jetzt ungefähr ein Drittel kleiner", sagt Frédéric Fourré, der seit 15 Jahren Winzer ist. Der Geschmack der Trauben leidet nicht. Sie haben eine dicke Haut und dort steckt viel Geschmack drin. Aber sie tragen weniger Saft und das heißt weniger Ertrag. "Wenn es nicht mehr regnet, haben wir pro Traube eine Ausbeute von nur 30 Prozent", sagen die beiden.

Der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Meißen, Lutz Krüger, äußert sich ähnlich. Auch die 135 Hektar Weinbaufläche der 1.500 Winzer der Genossenschaft sind von der Trockenheit betroffen. "Durch das fehlende Wasser sind die Trauben zum Teil deutlich kleiner und die Reife fehlt", sagt Lutz Krüger, "dadurch bedingt rechnen wir mit einer deutlich geringeren Erntemenge."

Die Trauben eines dreijährigen Riesling-Rebstocks im Weinberg der Radebeuler Winzer Fréderic Fourré und Amrei Niessen-Fourré sind viel zu klein. Zudem leiden die Blätter teilweise unter Sonnenbrand.
Die Trauben eines dreijährigen Riesling-Rebstocks im Weinberg der Radebeuler Winzer Fréderic Fourré und Amrei Niessen-Fourré sind viel zu klein. Zudem leiden die Blätter teilweise unter Sonnenbrand. © Norbert Millauer

Auch hier sind es vor allem die Junganlagen, die zum Teil dramatisch durch die Trockenheit gezeichnet sind. Auf einzelnen Parzellen gäbe es Schäden durch Sonnenbrand und teilweise durch Hagelschlag. Der Startschuss zum Erntebeginn wird voraussichtlich in der Woche vom fünften bis elften September fallen, so Lutz Krüger.

Im Vergleich zu den vergangenen auch schon sehr trockenen Sommern, sei es in diesem Jahr für alle massiv sichtbar, so Felix Hößelbarth, Kellermeister der Hoflößnitz in Radebeul und Vorsitzender des Weinbauverbandes Sachsen mit Sitz in Meißen. Im Juli lag das Regendefizit bei 300 Litern pro Quadratmeter. Der Wein leidet unter dem Trockenstress. "Wir sehen, dass die Reben ihr Wachstum zum Teil einstellen und die Beeren sind zu klein", sagt Felix Hößelbarth. Deshalb rechnet er mit zehn bis 20 Prozent weniger Ertrag.

Arbeitserleichterung für die Rebe

Die Fourrés in Radebeul sind Vollerwerbswinzer. Im Schnitt produzieren sie 20.000 Flaschen im Jahr. Vor etwa zwei Wochen haben sie verschiedene Maßnahmen eingeleitet, um ihre Reben der Trockenheit anzupassen. Ein Bewässerungssystem, wie viele Winzer jetzt eines haben, gehört nicht dazu. Die beiden machen fast alles über den Laubschnitt. Sie nehmen der Rebe das obere Blattwerk und auch Trauben weg, damit die Pflanze weniger arbeiten muss.

Beim 2008 angelegten Spätburgunder hat das schon geholfen. Die Trauben sind lilafarben und schön rund. Auch hier wurden Trauben und Blätter herausgenommen. Amrei Niessen-Fourré zückt das Refraktometer und misst den Zuckergehalt des Spätburgunders. "Immerhin schon 67 Öchsle", freut sie sich.

Bei ihnen wird die Ernte dieses Jahr wohl bereits Ende August beginnen. Sie sind zuversichtlich, dass es trotz allem ein gutes Jahr wird. "Wahrscheinlich werden wir weniger ernten, aber die Karten sind noch offen." Denn vielleicht kommt der langersehnte langanhaltende Regen ja doch noch.