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Kreis Meißen: Der Baum gegen die Krise

Inflation allerorten, nur nicht in den Baumschulen des Elblandes. Hier werden die Preise für Weihnachtsbäume etwa auf Vorjahresniveau liegen, obwohl ihr Transport viel teurer geworden ist.

Von Ines Mallek-Klein
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Die Bäume, die in diesem Jahr in der Pegenauer Plantage vom Landwirtschaftsbetrieb Joachim Franz geschlagen werden dürfen, sind längst markiert, erzählt Gabriele Zschoche.
Die Bäume, die in diesem Jahr in der Pegenauer Plantage vom Landwirtschaftsbetrieb Joachim Franz geschlagen werden dürfen, sind längst markiert, erzählt Gabriele Zschoche. © Claudia Hübschmann

Landkreis Meißen. Wie heißt es doch in der dritten Strophe des Weihnachtsliedes: "Tannenbaum, o Tannenbaum, dein Kleid will mich was lehren: Die Hoffnung und Beständigkeit gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit". Auf diese Zuversicht vertraut auch Hans Jörg Winkler in seiner Baumschule in Priestewitz. Seine Anbaufläche umfasst insgesamt acht Hektar und auf einem Teil wachsen die Weihnachtsbäume, die in wenigen Tagen geschlagen werden sollen.

Frisch und aus der Region. Wie viele Hans-Jörg Winkler in diesem Jahr verkaufen wird, weiß er nicht. 2021 war ein gutes Weihnachtsbaumjahr, da musste er sogar noch einmal nachordern und die Nordmanntanne, die bei ihm zum Fest im Wohnzimmer stand, war eine der letzten auf dem Hof.

Ob die Geschäfte 2022 genauso gut gehen? Der Baumschulenbesitzer ist skeptisch. "Es kann sein, dass sich einige Familien den Baum sparen angesichts der Preissteigerungen in so vielen anderen Bereichen", sagt der Unternehmer. Er will Blaufichte, Kiefer und Nordmanntanne zu den gleichen Preisen verkaufen wie in den Vorjahren. Sie seien schließlich noch in der Zeit gewachsen, in der von Inflation keine Rede war.

Für ihn wird der Erlös pro Baum damit geringer, denn aktuell sind es vor allem die Transportkosten für die Bäume, die in die Höhe geschnellt sind. Und Winkler verkauft, wie fast alle anderen Händlern auch in Sachsen, nicht ausschließlich eigene Ware. Die Nordmanntannen beispielsweise wachsen vor allem in Dänemark, weil sie mit dem dortigen Klima besser zurechtkommen.

Totalausfall bei den Neuanpflanzungen

Rund 100 Betriebe im Freistaat zählt das Statistische Landesamt, die Weihnachtsbäume anpflanzen und pflegen. Der Sachsenforst sieht sich mit seinen bis zu 20.000 verkauften Bäumen im Jahr aber nur als ein kleiner Akteur, allein im Moritzburger Revier werden rund 500 Bäume verkauft. Der Forstrevierleiter Marko Groß ist dennoch in Sorge. Dem sächsischen Weihnachtsbaum gehe es alles andere als gut. Die Trockenheit der letzten Jahre mache ihm zu schaffen.

Es fehlten die wichtigen Zwischentriebe, die dem Weihnachtsbaum sein ideales Antlitz verleihen. Noch schlechter stehe es um die Anpflanzungen der vergangenen beiden Jahre. "Die sind komplett verbrannt und vertrocknet, weil wir im Wald - anders als in so mancher Gärtnerei - nicht gießen können", so Marko Groß. Er spricht von einem Totalausfall und der Suche nach Alternativen.

Die Blautanne könnte eine sein, sie hat zwar deutlich stachligere Nadeln, kommt aber mit Trockenheit besser zurecht. Das würde auch für die Douglasie gelten, deren Zweige seien aber nicht kräftig genug, um Kugeln oder Kerzen zu halten.

Selbst schlagen kann man seinen Baum auch im Landwirtschaftsbetrieb von Joachim Franz in Pegenau. Seine Frau Gabriele Zschoche steht inmitten der Bäume. Den sommerlichen Stress mit Hitze und Wassermangel sieht man ihnen nicht mehr an. Den Regentagen im September sei Dank. Sie sorgen dafür, dass sich die Bäume noch einmal richtig mit Wasser vollsaugen können. Die letzten beiden Jahre waren gute Jahre, was die Verkaufszahlen betrifft. "Wie es in diesem Jahr werden wird, ist ein bisschen Lesen in der Glaskugel", sagt Gabriele Zschoche.

Wenn schon einen Baum, dann aus heimischer Produktion

Laut dem Verband Natürlicher Weihnachtsbaum wurden zuletzt bundesweit 23 bis 25 Millionen Weihnachtsbäume im Jahr verkauft. Dabei spiele der Online-Handel kaum eine Rolle. Zahlen, die man bei der deutschen Umwelthilfe in Berlin gar nicht gerne hört. "Der übliche Weihnachtsbaum in Deutschland ist leider ein Einwegprodukt, das unter hohem Einsatz von Dünger und auch Pestiziden in eigens angelegten Monokulturen produziert wird.

Der beste Weihnachtsbaum ist daher der, der nie gekauft wird", heißt es in einem Statement. Durchaus bessere Alternativen zu den weit verbreiteten Produkten seien etwa Bäume in Töpfen oder mit Ballen, die mehrfach verwendet werden können. Allerdings, räumt Gartenbauexperte Winkler ein, haben die Bäume mit Ballen nur dann eine Chance, wenn sie nicht allzu lange im Wohnzimmer ausharren mussten. Treiben sie dort erst einmal aus, mache eine Verpflanzung ins Freiland kaum noch Sinn.

Der NABU empfiehlt indes, auf den Kauf von handelsüblichen Weihnachtsbäumen zu verzichten. Ein Großteil der Bäume stammt aus eigens angelegten Weihnachtsbaumkulturen, auf denen in der Regel intensiv gespritzt und gedüngt wird. Wer nicht komplett auf den Weihnachtsbaum verzichten möchte, sollte daher lieber heimische Fichten, Kiefern oder Tannen von regionalen Forstbetrieben beziehen. Dort wachsen die Bäume auf sogenannten Sonderflächen unter Strom- oder auf Leitungstrassen.

Eine gute Alternative seien regionale Weihnachtsbäume aus ökologisch bewirtschafteten Weihnachtsbaumkulturen, erkennbar an dem FSC-, Naturland- oder Bioland-Siegel. Dort wird auf den Einsatz von Herbiziden und Pestiziden verzichtet. Stattdessen dienen zum Beispiel Schafe als natürliche Landschaftsgärtner, indem sie die Gräser zwischen den Bäumen kurzhalten und durch ihre Ausscheidungen für eine natürliche Düngung sorgen. In ganz Sachsen gibt es nur einen Ökobaubetrieb für Weihnachtsbäume und der ist im Klingenberger Ortsteil Pretzschendorf (Landkreis Sächsische-Schweiz-Osterzgebirge) zu Hause.

Es gäbe, so die NABU-Experten, immer mehr Haushalte, die sich bewusst gegen einen Weihnachtsbaum entscheiden und einfach einen schönen Weihnachtsschmuck mit Tannen- oder Fichtenzweigen gestalten – ob mit oder ohne Beleuchtung. Auch das sei eine kostensparende und umweltschonende Möglichkeit.

Der Forstbezirk Dresden veranstaltet am 3. und 10. Dezember die beliebte Wildweihnacht im Forsthaus Kreyern. In der Zeit von 9 bis 15 Uhr werden hier wieder Weihnachtsbäume angeboten und die Wildfleischerei Schempp verkauft portioniertes Wildfleisch aus sächsischen Wäldern. Es gibt außerdem einen kleinen Weihnachtsmarkt mit Winzerglühwein aus dem Elbtal, Holzhandwerkern und Jagdhornbläsern.