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Kreis Meißen: Das lange Leiden der Bäume

Trotz Dauerregen: Der Wald leidet. Vor allem die Kiefernbestände im Norden des Landkreises haben mit der Trockenheit der letzten Jahre und dem Borkenkäfer zu kämpfen.

Von Ines Mallek-Klein
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Die Idylle trügt. Trotz Dauerregen geht es dem Wald im Landkreis schlecht. Borkenkäfer und jahrelange Trockenheit haben den Beständen zugesetzt.
Die Idylle trügt. Trotz Dauerregen geht es dem Wald im Landkreis schlecht. Borkenkäfer und jahrelange Trockenheit haben den Beständen zugesetzt. © Norbert Millauer

Coswig. April Anfang Januar. Gerade noch schlug dem Radfahrer der peitschende Regen entgegen. Minuten später blinzelt die Sonne durch die Baumstämme. So durchwachsen wie das Wetter ist auch die Situation des Waldes im Landkreis Meißen. Keine Frage, das vergleichsweise regenreiche Jahr 2023 und die Niederschläge der vergangenen Wochen haben den Bäumen gutgetan. Sie haben geholfen, das Wasserdefizit der vergangenen Jahre zu kompensieren, aufgefüllt ist es noch längst nicht, sagt der für das Forstrevier Meißen zuständige Revierförster Thomas Nikol. Wie auch, fehlt doch seit 2018 eine komplette Jahresniederschlagsmenge. Entsprechend zeigen vor allem die Waldinseln in den landwirtschaftlich geprägten Gebieten hohe Absterbeerscheinungen.

Von einer Trendumkehr will Revierförster Nikol deshalb nicht sprechen. Das Schadniveau bleibe hoch und es gäbe keinen Anlass zur Entwarnung. Allein bei den Eichen und Buchen zeigen mehr als ein Drittel der Bäume Schäden. Und auch, wenn es im zurückliegenden Jahr keine besonderen Auffälligkeiten gegeben habe, so sei der Borkenkäferbefall in den Forstrevieren Großenhain und Strauch besonders hoch. Von dem Käfer trifft man zur gegenwärtigen Jahreszeit nur die Käfer und ihre Eier an. Kälte macht dem Schädling wenig aus. Nässe allerdings schon, vor allem wenn die Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt liegen. "Bei um die fünf Grad und feuchter Luft ist der Kreislauf der Schädlinge noch gedrosselt, da haben Pilze und Bakterien leichtes Spiel", so der Revierleiter. Sie helfen quasi bei der Schädlingsbekämpfung. Durchschlagende Erfolge seien aber nicht zu erwarten, da die Borkenkäferpopulation sehr ausgeprägt sei.

Nässe bringt neue Probleme

Nachhaltiger seien da schon die Wassermengen, die sich in den vergangenen Wochen in den Böden gesammelt hätten. "Bis zu einer Tiefe von 50 Zentimetern stellen wir schon einen deutlichen Zuwachs der Durchfeuchtung fest", so Thomas Nikol. Bis das Defizit auch in den darunterliegenden Schichten kompensiert sei, werde es allerdings noch lange dauern. Und dennoch, der Regen der letzten Wochen hat dem Wald gutgetan. Die Bäume könnten bei ihrem nächsten Austrieb im Frühjahr aus einem deutlich größeren Wasserreservoir schöpfen, was sie auch gegenüber Schädlingen wie dem Borkenkäfer resistenter mache.

Unterdessen bringt die Nässe aber ein neues Problem. Ein nasser schlammiger Boden bietet den Bäumen weit weniger Halt als ein normal durchfeuchteter Untergrund. Kommen dann noch heftiger Winde oder gar Sturmböen dazu, seien Einzelwürfe vorprogrammiert und die gab es in den vergangenen Tagen tatsächlich mehrfach in den Forstrevieren des Landkreises. Wie der Name schon sagt, es sind immer einzelne Bäume betroffen und keine größeren zusammenhängenden Flächen.

Waldbrandbilanz 2023

Ganz anders sieht das bei den Waldbrandflächen aus. 102 Waldbrände wurden im vergangenen Jahr in ganz Sachsen gezählt. Betroffen waren 125 Hektar und auch im Landkreis Meißen hat es wieder gebrannt. Von Großfeuern wie in der Gohrischheide im Sommer 2022 blieb die Region allerdings verschont. Im selben Jahr brannte es über mehre Tage in der Sächsischen Schweiz, sodass man Bäume und Buschwerk bei 215 Bränden auf insgesamt 784 Hektar verlor. Dass sich 2023 als nahezu normales Waldbrandjahr in die Statistik einordnen werde, liege auch an dem vergleichsweise regenreichen Sommer. Besonders trocken sei es nur im Mai und im September gewesen.

Die Waldbrandgefahr erhöht sich immer dann, wenn es längere Phasen von Trockenheit gibt. Dies sei in diesem Jahr im Mai und im September der Fall gewesen. Dagegen sei in den Sommermonaten relativ viel Regen gefallen, was das Waldbrandgeschehen gedämpft habe. Die Anzahl der bislang gemeldeten Brände 2023 liege auf dem Niveau des langjährigen Durchschnitts.

Jeder zehnte Waldbrand vorsätzlich gelegt

Bevor der Wald brennt, braucht es längere Phasen der Trockenheit - und die Unachtsamkeit des Menschen. Denn zwei Drittel der Brände werden nach einer Statistik des Sachsenforstes von Menschen verursacht, sind in aller Regel auf fahrlässiges Verhalten zurückzuführen. Zigarettenkippen werden achtlos weggeworfen, Lagerfeuer entzündet oder Würstchen gegrillt - ohne auf die jeweils herrschende Waldbrandstufe und die damit verbundenen Verbote zu achten. Etwa jeder zehnte Waldbrand, so steht es in der Statistik, sei 2023 vorsätzlich gelegt worden. Bei ungefähr einem Viertel sei die Ursache unbekannt geblieben und in nur zwei Prozent der Fälle gehen die Fachleute von natürlichen Ursachen aus.


Die Bewirtschafter des Waldes stehen also vor vielen Herausforderungen. Klimawandel und Waldumbau ist die eine, Investitionen, trotz sinkender Erlöse aus den Holzverkäufen, die andere und das alles vor dem Hintergrund einer alternden Eigentümerschaft. Der Wald im Landkreis Meißen ist größtenteils in Privatbesitz. Für viele Flächen steht in den kommenden Jahren deshalb die Nachfolgesuche an.