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Die Suche nach neuen Standorten für Windräder im Kreis Meißen hat begonnen

Die Zahl der Windenergieanlagen im Kreis Meißen muss sich vervielfachen, um die Ziele des Gesetzgebers zu erfüllen. Doch die Standortsuche gestaltet sich schwierig.

Von Ines Mallek-Klein
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Zwischen Riesa und Bad Schandau drehen sich derzeit rund 110 Windräder. Ihre Zahl muss deutlich steigen, um die Vorgaben vom Bund zu erfüllen, allein die Suche nach Standorten bleibt auch im Landkreis Meißen schwierig.
Zwischen Riesa und Bad Schandau drehen sich derzeit rund 110 Windräder. Ihre Zahl muss deutlich steigen, um die Vorgaben vom Bund zu erfüllen, allein die Suche nach Standorten bleibt auch im Landkreis Meißen schwierig. © Claudia Hübschmann

Radebeul. Heidemarie Russig hat eine Mission. Die Leiterin der Geschäftsstelle des Regionalen Planungsverbandes Oberes Elbtal/Ostertgebirge muss mit ihren Kollegen neue Flächen für Windräder in der Region finden. Und davon braucht es viele, möglichst zusammenhängende Flächen, um mindestens drei Windräder an einem Standort unterzubringen. Das verhindert einerseits die "Verspargelung" unserer Landschaft und sorgt andererseits dafür, dass die "Lasten" der regenerativen Energiegewinnung verteilt werden.

Rund 110 Windräder zählt der Regionalverband derzeit, die in seinem Verantwortungsbereich, also rund um Dresden, im Kreis Meißen und in der Sächsischen Schweiz/Osterzgebirge stehen. Mehrere Hundert sollen es einmal sein, so wünscht es der Gesetzgeber, der Sachsen vorschreibt, zwei Prozent seiner Fläche für den Windradausbau zur Verfügung zu stellen.

Dass andere, weniger dicht besiedelte Regionen bis zu 2,2 Prozent ihrer Flächen entsprechend ausweisen müssen, tröstet da wenig. Denn, und das räumt Heidemarie Russig ein, gerade das Elbland sei sehr dicht bebaut und es werde schwer werden, immer konsequent den geforderten Mindestabstand von 1.000 Metern bis zur nächsten Wohnbebauung von fünf Gebäuden und mehr einzuhalten.

Wenige Alternativ-Flächen im Landkreis

Die Suche nach Flächen für die "Weißen Riesen", die in der neuesten Generation bis zu 250 Meter hoch sind, läuft schon länger. 16 Teilflächen waren schon gefunden und wurden als Vorranggebiete im Regionalplan 2020 ausgewiesen. Bis zum Mai 2023. Da erklärte das Oberverwaltungsgericht Bautzen diese Gebiete für nichtig, wegen eines simplen Verfahrensfehlers. Bei der Anhörung war nämlich nicht ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass man auch mündlich seine Anliegen bezüglich des Windparks hätte vorbringen können, stattdessen wurde ausdrücklich auf Brief und Mail verwiesen.

Sind die 16 Flächen damit vom Tisch? Keineswegs. Im Gegenteil: Geschäftsstellenleiterin Heidemarie Russig ist sogar fest überzeugt, dass am Ende des jetzigen Planungsprozesses viele der damaligen Flächen wieder auftauchen werden - schon allein deshalb, weil es im Landkreis gar nicht so viele Alternativen gäbe. Die Flächen seien ja nicht ungeeignet, allerdings wurde mit dem Urteil der Vorrang für Windkraftanlagen aufgehoben.

Es könnten also auf den Wiesen theoretisch auch Solarparks errichtet werden. Und die sind, neben den Bedenken von Bürgern, die zweite große Herausforderung für die Planer der Windparks. Dass die Module zur Gewinnung von Sonnenenergie gerade sehr teuer sind, kommt da fast schon gelegen, denn die Investoren gehen in Wartestellung.

Sachsen prescht voran

Der Findungsprozess für neue Flächen steht also wieder am Anfang. Die Kommunen, Behörden, Träger öffentlicher Belange und nicht zuletzt auch die Bürgerinnen und Bürger aus der Region haben bis zum 13. Dezember 2023 Zeit, ihre Stellungnahmen abzugeben. "Auf dieser Basis werden wir bis Ende 2025 einen Entwurf mit Vorrangflächen präsentieren", so Heidemarie Russig. Zu diesem werde dann erneut die Möglichkeit bestehen, sich zu äußern. Nach Abwägung aller Interessen soll es einen Plan geben, der bis Ende 2027 rechtswirksam ist.

Ob auf den ausgewiesenen Flächen allerdings jemals Windräder stehen werden, hängt von der Investitionsbereitschaft ab und von der Zustimmung der jeweiligen Grundstückseigentümer. Der Kampf um die Flächen hat längst begonnen und Pachtzahlungen, teilweise für Jahre im Voraus, sind ein gern genutztes Lockmittel.

Sachsen prescht übrigens im Zeitplan ziemlich voran. Der Bund forciert ein zweistufiges Verfahren, bis 2027 sollten 1,3 Prozent der Flächen und erst bis 2032 dann die Gesamtfläche von zwei Prozent gefunden sein. Das würde aber bedeuten, dass man den Teilregionalplan zweimal erarbeiten müsse, was einen unvergleichlich höheren Aufwand mit sich brächte, so die Argumentation des Freistaates. Also hofft man, alle Flächen in einem Verfahren definieren zu können.

Der Bund gibt den Planern dabei viel Spielraum, denn selbst ausgewiesene Landschaftsschutzgebiete können genutzt werden, um einen Windpark zu errichten und auch die vom Freistaat Sachsen festgelegte Abstandsgrenze von 1.000 Metern zur Wohnbebauung sei nicht in Stein gemeißelt, heißt es aus dem Radebeuler Büro. Am Ende gehe es darum, im Kompromiss Ausbaumöglichkeiten zu finden.

Lässt sich die Liebe zum Windrad erkaufen?

Eine Möglichkeit, die Ausbeute an Windenergie zu erhöhen, sind Repowering-Maßnahmen, wie sie gerade in der Lommatzscher Pflege vorbereitet werden. Alte Windräder werden gegen neue, höhere und leistungsstärkere ausgetauscht. Diese Nachnutzung bestehender Flächen ist sinnvoll, auch weil weniger Windräder benötigt werden, um die gleiche oder mehr Energie zu erzeugen.

Und dennoch, auch das Repowering stößt keineswegs überall auf Gegenliebe. Wie gut, dass es solche Projekte wie in Streumen bei Zeithain gibt. Dort hat der Regionalversorger SachsenEnergie vor wenigen Tagen drei neue Windräder in Betrieb genommen. Mit den von ihnen erzeugten 34 Millionen Kilowattstunden pro Jahr kann der Strombedarf von rund 11.000 Haushalten gedeckt werden. SachsenEnergie hat 25 Millionen Euro investiert und die Zahl der Windräder in Streumen ist von 18 auf 21 angewachsen.

Die Liebe zum Windrad, sie lässt sich vielleicht auch ein stückweit erkaufen mit der Kommunalabgabe von 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde. Die zahlen die Stromerzeuger derzeit noch freiwillig an die Kommunen, die im 2,5-Kilometer-Umkreis der Windparks liegen. Sachsens Umweltminister Wolfram Günther hat allerdings angekündigt, aus der Freiwilligkeit eine Pflicht machen zu wollen. Damit würden die partizipieren, die mit möglichen Einschränkungen durch die Windparks leben müssten.

Der Link zum Beteiligungsportal ist noch bis zum 13. Dezember geschaltet.